Das Büro
meinem Vergnügen.“
„Dann sag es auch“, sagte sie etwas milder. „Und denk beim nächsten Mal besser nach, bevor du so etwas machst!“
Er reagierte nicht darauf. Er erinnerte sich, dass er Ad Muller mehr oder weniger eine Stelle in Aussicht gestellt hatte, doch es schien ihm nicht der geeignete Moment, damit nun auch noch anzufangen.
1965
Anfang Januar wurde die Baracke im Garten aufgestellt und zwei Wochen später vom Volksmusikarchiv in Betrieb genommen. Fräulein Veldhoven bezog mit ihrer Bibliothek, bestehend aus Liederbüchern, hauptsächlich aus dem siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert, das hintere Zimmer, von dem aus sie Aussicht auf den Garten des Hauptbüros hatte. Den angrenzenden Raum, der durch eine Tür mit dem ihren verbunden war, bekamen ihre Mitarbeiter, zwei schon etwas ältere Herren, beide mit einer leichten Behinderung, wegen der sie beim Sozialamt gelandet waren. Ihre Aufgabe bestand darin, Bücher aus der Bibliothek abzuschreiben, in dreifacher Ausfertigung, und die Abschriften in Kästen abzulegen. In einem kleinen Zimmer ihnen gegenüber, mit Aussicht auf einen durch eine Mauer begrenzten Innenhof, saß ihre studentische Hilfskraft, ein Musikstudent namens Freek Matser. Obwohl Maarten jetzt faktisch sein Chef war, war er ihm noch nicht begegnet. Die beiden übrigen Räume in der Baracke lagen nahe der Eingangstür, die sich in einem Durchbruch in der Außenmauer des Büros befand, und blieben vorläufig ungenutzt. Durch diese Eingangstür betrat Maarten die Baracke einige Tage nach dem Umzug. Er öffnete die Türen der beiden noch leeren Zimmer rechts und links, sah kurz hinein, schloss sie wieder und ging bis zum Ende des schmalen Flurs, in den durch die kleinen Fenster oberhalb derTüren ein fahles Licht fiel. Bevor er die letzte Tür öffnete, zögerte er kurz, fand es aber dann doch zu verrückt, anzuklopfen. Es war niemand da. An einem Haken hinter Fräulein Veldhovens kleinem Schreibtisch hing ein leerer Kleiderbügel. Er setzte einen Schritt über die Schwelle und sah sich um. Hinter dem Schreibtisch und an der Seitenwand standen zwei halbhohe, dunkel gebeizte Bücherregale aus Eichenholz mit alten, zum Teil braunledernen Bänden. An den Wänden hingen, hinter Glas, das Plakat einer Ausstellung über religiöse Kunst mit einer Abbildung von Engeln, die auf verschiedenen Saiteninstrumenten spielten, sowie eine viel kleinere, in Rot- und Blautönen gehaltene Reproduktion der Miniatur eines singenden Minnesängers. In dem Raum hing ein leichter Duft von Parfüm, sehr dezent, wie alles an Fräulein Veldhoven dezent war, was den Eindruck eines Mädchenzimmers noch verstärkte. Als er dort stand, öffnete sich sehr langsam die Zwischentür rechts von ihm, und ein pausbäckiger, grauhaariger Mann mit einer dicken Brille sah vorsichtig um die Ecke.
„Tag, Herr Sartorius“, sagte Maarten.
„Oh, Tag, Herr Koning“, sagte der Mann. „Ich wusste nicht, dass Sie es sind.“ Es überraschte Maarten, dass er erkannt wurde, weil er Sartorius erst einmal zuvor, bei einem flüchtigen Besuch des Archivs von Fräulein Veldhoven in der Frans van Mierisstraat, gesehen hatte. Er gab ihm die Hand.
„Tag, Herr Koning“, murmelte der Mann, als fände die Begrüßung erst jetzt statt.
„Ist Herr Serlé auch da?“, fragte Maarten, um Haltung bemüht.
„Ja, natürlich“, sagte Sartorius, „treten Sie ein.“
In dem Raum von Sartorius und Serlé, stand nur ein großer Tisch mit zwei Stühlen, die beide Aussicht auf den Garten boten. Auf einem der Stühle saß Serlé, ein kümmerliches Männlein mit einem Buckel und einem eingefallenen, mageren Gesicht, das nur an den Wangenknochen etwas gerötet war.
„Tag, Herr Serlé“, sagte Maarten und gab ihm die Hand.
„Tag, mein Herr“, sagte Serlé scheu, er erhob sich ein wenig, setzte sich jedoch gleich wieder hin.
„Mein Name ist Koning“, erklärte Maarten.
„Ja, ja“, sagte Serlé rasch, als wüsste er dies schon. Serlé war der am wenigsten Begabte beziehungsweise der Schwächste von den beiden.
Maarten sah auf den Tisch, der bedeckt war mit beschriebenem Papier, Büchern, aufgestapelten Kartons, danach durch das Fenster in den Garten. „Gefällt es Ihnen hier?“, fragte er.
„Na ja, man muss sich erst dran gewöhnen“, sagte Sartorius, „verglichen mit der van Mierisstraat.“
„Ja, ja, sehr gut“, sagte Serlé schnell, ohne zur Seite zu sehen und ohne auf die Worte von Sartorius zu achten.
„War es in der Frans
Weitere Kostenlose Bücher