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Das Büro

Das Büro

Titel: Das Büro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.J. Voskuil
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getan, an der sich manch einer ein Beispiel nehmen kann. Ichdanke Ihnen recht herzlich dafür und möchte zugleich den Wunsch äußern, dass noch viele Fragebogen folgen mögen.“ Nach diesen Worten begann Fräulein Haan mit halb ausgestreckten Händen zu applaudieren, ein Beispiel, dem der Saal zunächst zögernd, dann zunehmend beherzter, folgte. Van Laar kam mit Hilfe seiner Tochter mühsam hoch, drehte sich zum Publikum um, verbeugte sich, und danach noch einmal zum Podium hin, wo Beerta, Balk und Maarten jetzt auch applaudierten. Beerta wartete, bis er sich wieder hingesetzt hatte. „Und jetzt stelle ich Ihnen zunächst die Mitarbeiter des Büros vor“, sagte er. „Zu meiner Rechten sitzt Doktor Haan. Die meisten von Ihnen werden sie wohl schon kennen, denn sie arbeitet schon länger bei uns. Dabei hat sie auf ihrem Gebiet, der Volkssprache, großen Sachverstand erworben. Wenn Sie gleich Fragen haben, kann sie sie wie kein anderer beantworten. Das lässt sich noch nicht von den Herren Balk und Koning sagen, die zu meiner Linken sitzen. Sie haben erst in diesem Jahr den Dienst bei uns angetreten, Herr Balk ist für die Volksnamen, Herr Koning für den Atlas für Volkskultur zuständig, doch auch im Hinblick auf ihre Fähigkeiten haben wir das größte Vertrauen. Mein Name schließlich ist Beerta. Dann gebe ich nun das Wort an Doktor Haan.“ Es wurde erneut applaudiert, während Fräulein Haan sich mit ein paar Blatt Papier zum Katheder begab. Bevor sie zu sprechen begann, blickte sie mit einem starren Lächeln in den Saal. Die linke Seite ihres Gesichts zuckte einen Moment nervös. „Liebe Leute. Ich darf doch wohl ‚Liebe Leute‘ sagen, oder? Denn die meisten von Ihnen kenne ich schon so lange, und mit denen, die ich noch nicht kenne, hoffe ich heute Bekanntschaft zu schließen.“ Aus dem Saal ertönte zustimmendes Gemurmel. Von dem, was sie dann sagte, drangen nur Bruchstücke zu Maarten. Er war viel zu sehr davon in Beschlag genommen, was er gleich sagen würde, und blickte auf die Texte vor sich, ohne etwas davon aufzunehmen. Auch die Worte Balks, die dieser dem Publikum mit viel Rhetorik und schallender Stimme vortrug, als wäre er in einem Saal mit Fachkollegen oder Studenten, entgingen ihm größtenteils. „Und schließlich bitte ich um Ihre Aufmerksamkeit für Herrn Koning“, hörte er Beerta in der Ferne sagen, als der Applaus für Balk verstummt war. Er griff zu seinerMappe und ging zum Katheder, öffnete die Mappe und schaute in den Saal. „Meine Damen und Herren“, sagte er. Im selben Moment, beim Anblick all der Köpfe, die zu ihm aufsahen, legte sich eine große Ruhe über ihn, so wie früher in der Theatergruppe seiner Schule. Daran, was er anschließend genau sagte, konnte er sich später nicht mehr erinnern, so sehr er sich auch bemühte. Jedenfalls hatte er über das Fohlen mit dem Breitopf um den Hals geredet, das früher in Friesland herumspukte, über Geisterhasen, die manchmal verzauberte Hexen waren, über Mittel und Wege, um Warzen zum Verschwinden zu bringen, über die Nachgeburt des Pferdes, die in manchen Gegenden unseres Landes in einen Baum gehängt wurde, sowie über die Bräuche beim Zahnwechsel, die ihren Ursprung in Totenopfern haben sollten. „Doch worum es uns immer geht, sind die Bräuche an
Ihrem
Wohnort und in
Ihrer
Region, so wie es sie bei
Ihnen
gegeben hat, um so die Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen festzuhalten und die Geschichte unseres Landes bis weit zurück vor unsere Zeit schreiben zu können. Ich danke Ihnen.“ Während er sich hinsetzte und der Applaus verstummte, wandte Beerta sich erneut dem Saal zu. „Und jetzt möchte ich Sie einladen, auf unsere Kosten eine Tasse Tee zu trinken“, sagte er. „Sie haben dann auch die Gelegenheit, sich unsere Ausstellung anzuschauen. Nach der Pause können Sie dann Ihrerseits Fragen an uns stellen.“ Er stand auf, Fräulein Haan ging sofort wieder in den Saal, während Balk und Maarten noch einen Moment stehenblieben. „Das war sehr gut“, sagte Beerta zu Maarten. „Du wirst es schon lernen. Obwohl ich schon das Schlimmste befürchtet habe, als du mit der N-nachgeburt anfingst.“
    Noch im Bann seines Auftritts ging Maarten in den Saal. Die Leute scharten sich um die Tafeln und die Karten. Hinten aus dem Saal kamen zwei Kellner mit Tabletts, auf denen Tassen mit Tee standen. Die Ventilatoren hoch oben an der Wand fingen an zu brummen. Es war stickig. Er blieb stehen, weil es kein Durchkommen

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