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Das Büro

Das Büro

Titel: Das Büro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.J. Voskuil
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mich selbst übertroffen, aber da muss ich dazu sagen, dass wir den Wind im Rücken hatten, ehrlich ist ehrlich. Wir hatten also den Wind im Rücken, ich war Mittelstürmer, und ich krieg den Ball am Rand des Strafraums, und ich warte nicht und schieß ihn gleich weiter, Mensch, im selben Augenblick hör ich die Bretter, so hart war der Schuss. Damals hatte man noch Bretter hinten im Tor, das gibt es heute nicht mehr.“ Er schwieg und schwelgte in seinen Erinnerungen, während Maarten wartete. „Strafstoß war auch immer drin, nicht wahr?“ Er sah Maarten wieder an. „Einmal waren wir im Endspiel eines Pokalturniers, so ein großer Silberpokal“, er richtete sich kurz auf und hielt die Hand anderthalb Meter über den Boden. „Stand: drei-drei. Und kurz vor dem Ende, ich denk schon: Das gibt ’ne Verlängerung, nehm ich den Ball und ab durch die Mitte, und direkt im Strafraum foult mich der Verteidiger, und ich überschlag mich vier-, fünfmal, und dann – Pfiff! Ich denk: Ha! Das gibt einen Elfmeter! Der Torwart fragt: Wer schießt ihn? Ich sag: Ich willdas wohl eben machen. Und er zieht seine Hose hoch, und ich stell mich mit dem Rücken zum Tor, der Schiedsrichter nimmt die Pfeife in den Mund, und der Ball liegt hinter dem Torwart. Er hatte ihn nicht mal gesehen! Vier – drei!“ Er nickte langsam. „Ich sag dir, Koning, wenn ich jetzt wieder anfangen würde zu trainieren, würden sie mich sofort wieder aufstellen.“
    „Dir würde die Luft ausgehen.“
    „Ach, dafür benutzt man wieder andere Muskeln, nicht wahr?“
    „Hast du eigentlich nie in einem großen Verein gespielt?“
    „Genug Angebote gehabt, aber nie drauf eingegangen. Ajax hatte damals diese Spione, haben sie übrigens immer noch, und DWS und Blauweiß auch. Und wenn sie mich dann beim Spielen gesehen haben, war es nach dem Spiel wieder soweit. Denn ich war sauschnell, nicht wahr? Wenn man dem Ball hinterherlaufen musste, hatte ich ihn neun von zehn Mal. Das sage ich nicht aus Angeberei, das war so.“
    „Natürlich.“
    „Ich habe auch viel als Außenstürmer gespielt, aber trotzdem hab ich Tore gemacht, nicht wahr? Das war eine andere Zeit, damals schossen die Außenstürmer noch keine Tore, das machten die Mittelstürmer und die Mittelfeldspieler, aber trotzdem war ich die Nummer drei, als sie mal gezählt haben.“
    Maarten nickte.
    De Bruin lächelte. „Einmal, da spielten meine Brüder auch noch mit. Mein ältester Bruder stand im Tor, der andere links- und ich rechtsaußen. Und mein ältester Bruder kriegt den Ball und schießt ihn sofort zu meinem anderen Bruder. Der an der Linie vorbei“, er machte mit dem Arm eine Schlingerbewegung, „und plötzlich vor dem Tor! Und ich war schon ins Mittelfeld gelaufen, denn ich dachte: Wenn ich ein Tor machen kann, dann schnapp ich mir den Ball. Und stell dir vor, schießt er daneben! Und ich auch fast! Aber ich mach einen Fallrückzieher, und da muss ich ehrlich sagen, es war nicht meine Absicht, ein Tor zu schießen, aber ich mach einen Fallrückzieher, und ich treff den Ball so genau, dass er direkt in den Kasten geht. Tor! Na, die Leute haben applaudiert, nicht wahr? Und ich sag: Jungs, das war ein schönes Tor, aber ich wollte es gar nicht schießen.“
    „Hast du immer rechts außen gespielt?“, fragte Maarten, als de Bruin schwieg. „Außer Mittelstürmer natürlich.“
    „Ich habe alles gemacht“, sagte de Bruin achtlos. „Vom Torwart bis zum Mittelstürmer.“ Die Antwort weckte neue Erinnerungen. „Als Torwart hab ich mir sogar mal die Schulter gebrochen. Hier!“ Er richtete sich auf, strich am Schlüsselbein entlang und ließ sich wieder fallen. „Das war so. Ich krieg so einen gemeinen niedrigen Ball in die Ecke …“
    In diesem Augenblick betrat Beerta wieder das Zimmer. De Bruin schwieg abrupt, richtete sich auf, nahm den Fuß vom Treppchen und ging zu der Pflanze auf der Ecke von Beertas Schreibtisch. Er drückte seine Finger in die Erde, während Beerta sich auf seinen Stuhl setzte. „Ich glaube, dass wir das Pflänzchen schon durchkriegen werden, Herr Beerta“, sagte er.
    *
    Maarten saß am Schreibtisch. Das Fenster war einen Spalt geöffnet. Aus der Ferne drang gedämpft Verkehrslärm herein. Viertelstündlich spielten die Glocken der Zuiderkerk den Anfang einer Melodie. Aus dem angrenzenden Raum kam manchmal die Stimme Fräulein Haans, die mit van Ieperen eine Karte kontrollierte, eine endlose Reihe von Buchstaben und Ziffern. Er nahm einen neuen Fragebogen

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