Das Büro
dass in seinem Block neunundzwanzig leben! Neunundzwanzig! Und gerade die pflanzen sich fort!“
„Schwachsinnige pflanzen sich sehr langsam fort“, meinte Beerta.
„Schwachsinnige schon, aber geistig Behinderte nicht!“
Sie waren vor dem Gebäude angekommen und traten, während sie sich unterhielten, in einen Flur, der zur Garderobe führte. Dort waren noch mehr Menschen, und es hing ein Geruch von nassen Kleidern in der Luft. Beerta und Overzee waren zu sehr in ihr Gespräch vertieft, um auf ihre Umgebung zu achten. Maarten sah gerade noch, wie Balk durch die offene Tür den Konferenzsaal betrat.
„Und was würdest du dann gegen die Kinderschwemme tun?“, fragte Beerta.
„Dafür gibt es gewisse Mittel.“
„Was für Mittel denn?“
„Mittel eben“, wiederholte Overzee geheimnisvoll.
Sie hängten ihre Mäntel zwischen die anderen Mäntel, jeden an einen eigenen Haken.
„Und woher weiß man, dass dann weniger Schwachsinnige geboren werden?“, wollte Beerta noch wissen.
„Wenn weniger Menschen geboren werden, werden auch weniger Schwachsinnige geboren.“
„Da bin ich mir nicht so sicher.“
„Doch“, prophezeite Overzee, „aber ich muss noch mal kurz da hin“, sagte er und verschwand in Richtung der Toiletten.
„Mit dem Mann möchte ich niemals in einer Kommission sitzen“, sagte Beerta, als Overzee sich entfernt hatte.
„Hat er etwa was mit den Malthusianern zu tun?“, fragte Maarten. Sie verließen die Garderobe und gingen in den Saal.
„Das weiß ich nicht“, antwortete Beerta. „Ich bin dort nicht Mitglied, und ich bin gegen Geburtenregelung.“
Der Saal war bereits gut gefüllt. In einer der mittleren Reihen stand zwischen denen, die bereits saßen, ein auffallend großer Mann in einem grauen Anzug, mit erhobenem Kinn und vorgeschobener Unterlippe, der den Eingang des Saales fixierte. Er hob den Finger, als Beerta in seine Richtung sah.
„Da ist Buitenrust Hettema“, sagte Beerta und zwängte sich, mit Maarten im Gefolge, durch die Reihe. „Tag, Buitenrust Hettema“, er gab ihm die Hand, „das ist Herr Koning.“
„Ich habe schon nach euch Ausschau gehalten“, sagte er und gab Maarten die Hand. „Buitenrust Hettema.“ Er nickte ernst, wobei seine Wangen zitterten.
„Ich habe dein Gestaltungskonzept mit viel Beifall gelesen“, sagte Beerta, sobald sie sich hingesetzt hatten.
Maarten hörte nicht hin. Er sah sich im Saal um, der nun fast voll war, und lauschte dem Stimmengewirr. Angesichts der Tatsache, dasser niemanden kannte, fühlte er sich ziemlich verloren. Um sein Gesicht zu wahren, holte er das Programm aus seiner Innentasche und sah es durch. Das eigentliche Thema der Konferenz war
Altertumskunde und Religionsgeschichte
, doch bei der Einladung der Redner waren die Organisatoren nicht wählerisch gewesen, so dass sich der ursprüngliche Ansatz in den Titeln der meisten Vorträge nicht wiederfinden ließ. Eine Ausnahme bildete der Beitrag des Professors, der die Konferenz einberufen hatte. Der Titel seines Vortrags lautete schlicht:
Altertumskunde und Religionsgeschichte
. Pünktlich um halb elf betrat er mit einem Packen Papier das Podium, sagte noch etwas zu einem jungen Mann in einem dunklen Anzug, der ihn bis zum Treppchen begleitet hatte, und stellte sich hinter dem Rednerpult auf, worauf es rasch still wurde. Er ordnete die Papiere vor sich auf der Ablage, beugte sich zur Seite, um ein Lämpchen anzuknipsen, und blickte in den Saal. „Meine Damen und Herren.“ Die Konferenz hatte begonnen.
Der Redner war ein großer, stämmiger Mann in einem schwarzen Anzug, schwarzer Krawatte und mit einem leichten nördlichen Akzent. Er entschuldigte sich für seine geringen Kenntnisse des Themas und lud den Saal ein, seine Ausführungen zu ergänzen, wo sie ergänzungsbedürftig seien. Danach holte er eine große, schwarze Brille aus seiner Innentasche, setzte sie auf und hielt sie mit einer Hand in ihrer Position, während er von seinem Papier abzulesen begann, nahm die Brille wieder ab, um in den Saal zu blicken, schwenkte beim Beenden seines Satzes die Brille von sich weg, setzte sie wieder auf die Nase und beugte sich erneut über sein Papier. Der Nachdruck, mit dem er sprach, war der eines Mannes, der keinen Widerspruch duldet, auch, wenn er wenig oder gar nichts von seinem Thema versteht. Das weckte zunehmend Maartens Widerstand, so dass er schließlich kaum noch in der Lage war, den Ausführungen zu folgen. Was er davon mitbekam, war, dass nach
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