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Das Büro

Das Büro

Titel: Das Büro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.J. Voskuil
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Meinung dieses Professors manche Steine noch die Spuren der religiösen Auffassungen unserer Urahnen trügen und es höchste Zeit sei, dass die Altertumsforscher dem mehr systematische Aufmerksamkeit widmeten. Ihm zufolge gab es dafür viele Beispiele, doch zur Illustration führte er eigentlich nur eines an: dieRillen in der Mauer der St.-Plechelmus-Kirche in Oldenzaal. Er sah darin Versuche der alten Oldenzaaler, in den Stein einzudringen, um ihm so seine Kraft zu entreißen, auch wenn er diese Interpretation gern gegen eine andere eintauschen würde.
    Man höre sich bloß diesen Unsinn an, dachte Maarten verärgert, und als am Schluss ein warmer Applaus aus dem Saal erklang, beteiligte er sich nicht daran. „Das ist doch Unsinn, was der Mann behauptet?“, sagte er zu Beerta, der, im Gegensatz zu Maarten, applaudierte, den Kopf zum Redner erhoben.
    „Natürlich ist es Unsinn“, antwortete Beerta in dem Krach um ihn herum und ohne das Klatschen zu unterbrechen. „Was Zandstra sagt, ist fast immer Unsinn, aber so eine Konferenz organisiert er doch mal eben.“
    Die Antwort stellte Maarten nicht zufrieden. „Es gibt viel bessere Erklärungen dafür“, sagte er, als der Applaus verebbt war.
    „Dann sag es!“
    Maarten schwieg. Ihm wurde klar, dass dies die Konsequenz seiner Kritik war, und das brachte ihn in Verwirrung.
    Buitenrust Hettema stand auf. „Mein Name ist Buitenrust Hettema“, sagte er mit einer etwas affektierten Stimme. „Ich habe Ihren Vortrag gehört und frage mich, ob Sie den Artikel von van Deinse kennen.“
    „Den kenne ich nicht“, antwortete Zandstra. „Was steht da drin?“
    „Das weiß ich nicht so genau, aber er könnte für Sie interessant sein. Sie können ihn bei uns im Museum einsehen.“ Er setzte sich wieder hin.
    In ihrer Art war diese Intervention vernichtend. Maarten wusste, was in dem Artikel stand. Es war einer der Aufsätze, die eine viel plausiblere Erklärung lieferten als die, die Zandstra gerade präsentiert hatte. Der Gedanke versetzte ihn derart in Erregung, dass er kaum auf die anderen Reaktionen aus dem Saal hörte. Fieberhaft suchte er nach einer vernichtenden Formulierung, mit der er diesen Aufschneider in die Schranken weisen konnte, verhedderte sich in seinen Gedanken und spürte, wie er unter dem Druck der Forderung nach Konsequenz immer unglücklicher wurde. Abwesend lauschte er den Worten einesweiteren Zuhörers, ohne dass deren Bedeutung zu ihm durchdrang. „Niemand?“, hörte er Zandstra in der Ferne sagen. Ohne weiter nachzudenken, stand er auf. „Es gibt sehr viel bessere Erklärungen!“, sagte er laut. Es klang unerhört aggressiv.
    „Dann lade ich Sie nun zum Mittagessen im Restaurant ein“, sagte Zandstra, ohne Maartens Worten Beachtung zu schenken.
    Um ihn herum erhoben sich die Leute lärmend und setzten sich in Bewegung, um die Reihen zu verlassen. Maarten wollte noch etwas sagen, doch da Zandstra sich ebenfalls abwandte und von der Bühne stieg, schwieg er. Er sah Beerta an und lachte hilflos.
    „Beim nächsten Mal musst du es etwas besser t-timen“, sagte Beerta.
    „Skandalös, so schlecht, wie das vorbereitet war“, sagte Buitenrust Hettema. Er war rot vor Wut und wackelte mit dem Kopf, so dass seine Wangen zitterten.
    „Er hätte sich besser vorbereiten müssen“, pflichtete ihm Beerta bei.
    „Es ist auf jeden Fall unverschämt“, sagte Buitenrust Hettema mit unterdrückter Wut.
     
    Als Maarten das Restaurant betrat, war es bereits voll mit Leuten, die sich unterhielten und ihre Plätze suchten. An dem Tisch, an dem Beerta und Buitenrust Hettema saßen, war kein Platz mehr. Mit etwas Mühe fand er einen leeren Stuhl an einem der hinteren Tische, bei einer fensterlosen Wand. „Ist dieser Stuhl frei?“, fragte er verlegen.
    Nur der Mann am Kopf des Tisches blickte auf. Er nickte. Maarten zögerte. Er wusste nicht, ob er sich vorstellen musste, aber da niemand auf ihn achtete, nickte er nur und setzte sich. Die fünf anderen waren damit beschäftigt, sich mit Brot und Belag zu versorgen, wobei sie kurze Bitten austauschten. Nachdem er einen Moment zugeschaut hatte, reihte er sich ein und legte ein dunkles Brot auf seinen Teller. „Darf ich Sie um die Butter bitten?“, fragte der Mann neben ihm, als Maarten gerade dabei war, mit einer kleinen Gabel eine Scheibe Leberwurst auf seinen Teller zu heben. Maarten reichte ihm die Schale mit den Butterstückchen, nahm selbst auch eines und öffnete das Papier. Befangen schmierte er

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