Das Chamäleon-Korps
Pamphlet. „Ach ja, und diese hier ist über göttliche Tarnung. Nur daß die Farbtafeln alle falsch sind. Die Perspektive ist auch nicht eben berauschend.“
Korporal Willis sagte zu Jolson: „Ich wette, daß Sie wochenlang keine schöne, warme Mahlzeit mehr gehabt haben.“
„Die letzte hatte ich heute morgen“, sagte Jolson, schnallte seine Gitarre ab und strich mit einem Daumen über die Saiten. „Sie ist nicht mehr gestimmt.“
„Das ist einer der Nebeneffekte, wenn man in einen Hinterhalt gerät“, sagte der große Korporal.
Jolson begann damit, seine Gitarre wieder zu stimmen. „Warum seid ihr eigentlich so aggressiv?“
„Müssen wir“, erwiderte Korporal Willis. „Nicht deswegen, weil wir am Rande eines heruntergekommenen und degenerierten Jugendlichenslums unsere barmherzige Arbeit tun, sondern weil wir zum Teil von der Provisorischen Regierung Unterstützung bekommen. Die setzt uns Quoten fest. Wir müssen die Hungrigen speisen und die Nackten kleiden und die Gestrauchelten wieder aufrichten, aber alles nach Maßgabe und Richtlinien der Regierung.“
„Und wie viele von jeder Sorte?“
„Die PR besteht darauf, daß wir pro Mahlzeit vierundzwanzig Penner und Asoziale speisen“, sagte der Erlösungssoldat. „Der eigentliche Scheiß dabei ist, daß es niemals zweimal der gleiche Haufen an einem Tag sein darf. Also müssen wir täglich zweiundsiebzig Mitglieder des Abschaums der Gesellschaft hierherschleppen. Beim Abendessen werden immer fünf oder sechs von ihnen ohnmächtig, so daß wir sie am nächsten Tag wiederverwenden können. Den größten Teil unserer Pennerquote müssen wir aber jeden Tag aufs neue zusammentreiben. Zum Glück ist die Nacktenquote niedriger, nur sechs in der Woche. Manchmal haben wir mehr nackte Penner als wir brauchen, dann sind wir in der beneidenswerten Lage, ein paar von ihnen rauszuschmeißen oder sie der Mission innerhalb der Zone zu übergeben.“
„Ich will Ihnen was sagen“, sagte Jolson, „ich bin schon umhergestreift, als ich noch nicht größer war als ein Heuhaufen, und …“
„Ich habe noch nie einen Heuhaufen gesehen. Ist wohl nicht sehr groß, wie?“
„Nicht viel größer als ein Holzstapel, der einen harten Winter durchgemacht hat.“
„Wenn Sie Stadtanspielungen verwenden würden, dann würde ich Sie bestimmt schneller verstehen. Ich habe den größten Teil meines Lebens in städtischen Gemeinden verbracht“, sagte der Korporal.
„Was ich sagen will“, sagte Jolson, „ist, daß ich es gewohnt bin, frei herumzulaufen, wie eine Schreieule, die Mäuse jagt. Ich brauche keine Mahlzeit, und ganz besonders brauche ich auch keine Predigten.“
Der Korporal wackelte verneinend mit seinem großen Kopf. „Tut mir leid, daß Sie das so sehen, Mister. Ich würde Sie wirklich nicht gerne an der Bank dort festketten. Ganz zu schweigen davon, daß es mir in der Seele weh täte, wenn ich zusehen müßte, wie Brigadier Choate Ihnen eins mit seinem echten Gummiknüppel über die Rübe haute. Was wiederum alles passieren würde, wenn Sie versuchen sollten zu gehen.“
Jolson sagte: „Schätze, ich werde noch ein bißchen bleiben.“
„Machst du viele Miezen damit?“ fragte der bärtige Mann Jolson und rückte näher an ihn heran.
Der Korporal und der Brigadier waren inzwischen zur Tür gegangen und sprachen mit zwei großen Erlösungssoldaten, die dort Wache standen. „Womit?“ fragte Jolson.
Der bärtige Mann klopfte auf die Metallgitarre. „Damit. Habe früher Mundharmonika gespielt, und die Punzen kamen dauernd durchs Fenster gekrochen und grapschten an meinen Ständer.“
„Das ist wesentlich schwieriger, wenn jemand Gitarre spielt“, erwiderte
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