Das Chamäleon-Korps
„Kommen Sie zurück, Sie machen mich nervös. Wenn ich mich korrekt an meine Medikamentierung halte, Jolson, dann werde ich wohl nie so aussehen wie ein Gabney.“
Jolsons Körper zitterte einen Augenblick, dann war er wieder er selbst. „Vielleicht könnten Sie sich ja vom Chamäleonkorps behandeln lassen, damit die Ihnen beibringen, sich jung zu machen.“
„Niemand, der nicht Mitglied des Chamäleonkorps ist, kommt an die Behandlung heran. Das wissen Sie genau, Jolson. Aber vielleicht, eines Tages …“ Mickens seufzte und fuhr in schärferem Ton fort. „Zur Sache!“
„Soll ich bei Nepenthe, Inc. nur herumhorchen?“
„Nein, wir wollen, daß Sie sich so bald wie möglich an Botschafter Kimbrough heranmachen und ihm eine ganze Batterie von Wahrheitsdrogen verabreichen. Stellen Sie fest, was er weiß, mit wem er zu tun hat und welche Motive sie haben.“
Jolson schaukelte in seinem Stuhl. „Okay, ich schätze, daß ich den Auftrag wohl durchführen muß.“
„Sie bekommen die normierte, tragbare Wahrheitsausrüstung. Verstecken Sie sie in Ihrem Gepäck, bis Sie bei Nepenthe drin sind, dann tragen Sie sie am Arm versteckt. Sie kennen ja die übliche Prozedur.“
„Wer ist meine APS-Kontaktperson auf Esperanza?“
Chef Mickens sagte: „Das kann ich Ihnen jetzt noch nicht sagen, weil wir gerade ein paar neue Sicherheitsmaßnahmen ausprobieren. Man wird Sie kontaktieren.“
„Wie?“
Chef Mickens tastete auf seiner Schreibtischplatte herum. „Irgendwo hatte ich doch noch einen Identifizierungsspruch.“ Er entdeckte eine blaue Merkkarte. „Ja, das hier. 15-6-1-24-26-9-6. Haben Sie es? 15-6-1-24-26-9-6.“ Er warf die Merkkarte in das Müll-Ex-Loch. „Auf Esperanza wird Ihnen jemand diese Zahlenfolge sagen, beziehungsweise wohl eher zuflüstern.“
„Warum Zahlen? Was ist aus den Gedichtzitaten geworden?“
Mickens sagte: „Die Sicherheitsabteilung war der Meinung, daß sie sehr umstritten wären. Außerdem ist es nicht besonders männlich, wenn Agenten in der Gegend herumlaufen und sagen: ‚Mit welch traur’gen Schritten, erklimmst, o Mond, denn du den Himmel!’ oder ‚Ein Veilchen an einem moos’gen Stein, vorm Auge halb verborgen’ und ähnliche Sprüche.“
„Wie lange werde ich bei Nepenthe bleiben müssen?“
„Wir haben für Sie als Leonard F. Gabney eine Woche dort gebucht“, sagte Chef Mickens. „Aber natürlich hätten wir Ihre Ergebnisse gerne so schnell wie nur möglich.“ Er entdeckte eine grüne Merkkarte. „Das kostet uns zehntausend Dollar in der Woche, Jolson. Wir mußten etwas Geld aus dem Freizeitfond des Amts für Politische Spionage abzapfen, um Ihren Auftrag finanzieren zu können.“
„Tja, das war’s ja dann wohl mit dem warmen Mittagessen!“
„Ganz zu schweigen von dem Handballplatz für Computerprogrammierer“, sagte der Chef. „Aber wir können es nicht billiger machen. Das hier ist eine Krise. Aber was hier ist eigentlich keine Krise? Sie sollen sich als nächstes im Instruktionskomplex des Chamäleonkorps melden, Jolson. Ach, helfen Sie mir doch bitte erst bei der Suche nach einer Pistole mit einer himbeerfarbenen Flüssigkeit. Ich hätte vor einer halben Stunde einen Löffel voll davon nehmen sollen.“
Sie gingen beide auf die Knie und Hände.
2
Der gelbe Hof mit seinen Fliesen wurde von der späten Morgensonne erwärmt. Die Palisaden neigten sich wie schieferfarbene Laubsägepuzzles zum tiefgrünen Ozean hinab. Jolson entspannte sich in seinem tropischen Liegestuhl und legte sein Kinn auf den Rand seines Maté-Bechers. „Die haben ja neue Musiksequenzen in die mechanischen Vögel eingebaut“, sagte er.
MacRae, ein großer, schwer gebauter Hauptmann des
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