Das Chamäleon-Korps
größer, flackerte und war verschwunden.
Das Licht in dem pfirsichfarbenen Büro ging wieder an, der Projektionsapparat wurde still, und der Chef klimperte mit den Lidern und blickte mit seinen großen, runden Augen in die Runde. „Ich werde Ihnen sagen, wer das war“, sagte er. Er schnippte eine gelbe Scheibe aus einer Filigranpillendose und legte sie auf seine Zunge.
Ben Jolson, der krumm auf der Besucherseite des niedrigen schwarzen Schreibtischs saß, sagte: „Der Mann, den ich nachahmen soll.“
„Das ist richtig“, sagte Chef Mickens, schluckte die Pille und begann zu strahlen. Er legte eine Fingerspitze in die Höhlung unter seinem linken Arm. „Der Druck, den diese Sache mittlerweile erzeugt, wird in letzter Zeit immer stärker, Jolson. Ein Grund dafür ist der ganze Ärger mit dem Kriegsministerium.“
„Sie meinen das Verschwinden von Personen?“
„Genau“, sagte Chef Mickens und löste die Halsnaht seines gedämpft blauen Kittels. „Erst war es General Moosman, dann folgte Admiral Rockisle. Eine Woche später ist Bascom Lamar Taffler, der Vater des Nervengases Nr. 414, spurlos verschwunden. Und heute morgen, gegen Morgengrauen, schließlich Dean Swift höchstpersönlich.“
Jolson setzte sich auf. „Der Chef des Kriegsministeriums wird vermißt?“
„Bisher haben die Nachrichtenmedien noch keinen Wind davon bekommen. Ich erzähle es Ihnen als erstem, Jolson. Swift wurde zuletzt in der Nordecke seines Rosengartens gesehen. Er ist ein großer Rosenliebhaber.“
„Ich habe eine Dokumentation darüber gesehen“, sagte Jolson.
„Also. Ihr vom Amt für Politische Spionage habt das Chamäleonkorps eingeschaltet, weil diese Personen verschwunden sind?“
„Ja“, sagte Chef Mickens nickend. Er wickelte eine blaugoldene Schnappsei aus und warf die Folie in das Müll-Ex-Loch neben seinem Schreibtisch. „Da haben wir wieder einmal eine hochexplosive Lage. Es muß ja wohl nicht erst erwähnt werden, daß unser Barnum-Planetensystem sich nicht noch eine Friedenspanik leisten kann.“
„Sie verdächtigen Pazifisten?“
Der Chef steckte einen Daumen ins Ohr und machte eine halbe Drehung mit seiner Handfläche. „Was das nackte Tatsachenmaterial angeht, haben wir verdammt wenig, worauf wir uns stützen können. Ich will ja zugeben, daß das Amt für Politische Spionage dazu tendiert, überall Pazifisten zu wittern. Wie Sie bereits wissen, gibt es eine wachsende Unzufriedenheit wegen der Art und Weise, wie das Kriegsministerium bei der Annexion der terranischen Planeten vorgegangen ist.“
„Besonders, als man North Dakota vernichtet hat.“
„Ach, ein einziger winziger Staat!“ Der Chef steckte die Schnappsei in den Mund. „Jedenfalls müssen Sie eines zugeben, Jolson: Wenn Leute in Schlüsselpositionen im Kriegsministerium und seinen Außenstellen verschwinden, liegt der Verdacht nahe, daß Pazifisten dahinterstecken.“
Jolson fragte: „Wer war denn der alte Mann in den Filmen?“
„Leonard F. Gabney“, sagte der Chef. Er klopfte mit gespreizten Fingern auf die Schreibtischplatte. „Eigentlich müßte ich noch was anderes einnehmen – gegen die Nebenwirkungen.“
Jolson beugte sich vor und hob eine Pillenrolle von dem pfirsichfarbenen Teppich auf. „Diese hier?“ fragte er und warf sie dem Chef zu.
„Hoffen wir’s. Also, was Gabney angeht, Jolson. Er selbst ist nicht weiter wichtig, nur ein alter Herr, den Sie für uns nachahmen werden. Er spielt eine große Rolle in der Telekineseindustrie hier auf Barnum, und während Sie seine Identität benutzen, wird er außer Sichtweite bleiben. Aber Sie werden sowieso
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