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Das Comeback

Das Comeback

Titel: Das Comeback Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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sprechen, Ma’am.«
    Sie trat zurück und öffnete ihm weit die Tür. Sie sah fünf oder zehn Jahre jünger als ihr Mann aus. Vielleicht war sie vierzig. Sie war attraktiv, hatte glattes dunkles Haar, eine schlanke Figur und trug viel Make-up. Bosch schätzte, ihr Gesicht war vom Schönheitschirurgen geformt worden. Trotzdem sah sie durch die Schminke hindurch müde und abgekämpft aus. Ihr Gesicht war gerötet, als hätte sie getrunken. Sie trug ein hellblaues Kleid, das ihre Beine zur Schau stellte. Sie waren braun und die Muskeln straff. Bosch konnte sehen, daß sie einmal sehr schön gewesen war, aber jetzt in das Stadium rutschte, wo eine Frau glaubte, daß sie ihre Schönheit verliert – auch wenn das nicht der Fall ist. Vielleicht trug sie deshalb so viel Make-up. Oder vielleicht erwartete sie immer noch ihren Mann.
    Bosch schloß die Tür, nachdem sie eingetreten waren, und folgte ihr in ein großes Wohnzimmer mit einer einzigartigen Mischung von modernen Drucken an den Wänden und französischen Antiquitäten auf einem dicken, weißen Teppich. Das Telefon läutete immer noch. Sie bat Bosch und Rider sich zu setzen und ging durchs Wohnzimmer über einen anderen Flur in eine Art Fernsehzimmer. Bosch hörte, wie sie sich meldete, Nash versicherte, daß die verspätete Meldung in Ordnung gehe, und auflegte.
    Sie kam zurück ins Wohnzimmer und setzte sich auf eine Couch mit einem dezenten Blumenmuster. Bosch und Rider setzten sich auf Sessel mit dem gleichen Muster. Bosch schaute sich um und sah keinerlei gerahmte Fotos. Nur die Drucke. Es war eines der ersten Sachen, auf die er achtete, wenn er schnell eine Beziehung einschätzen mußte.
    »Entschuldigung«, sagte er. »Ich habe Ihren Namen nicht mitgekriegt.«
    »Veronica Aliso. Was ist mit einem Mann, Detective. Ist er verletzt?«
    Bosch lehnte sich im Sessel vor. Es spielte keine Rolle, wie oft er es getan hatte. Er gewöhnte sich nie daran. Er war sich nie sicher, ob er es richtig machte.
    »Mrs. Aliso … Es tut mir leid, aber Ihr Mann ist tot. Er wurde das Opfer eines Mordes. Es tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen.«
    Er beobachtete sie aufmerksam. Zuerst sagte sie nichts. Sie kreuzte instinktiv die Arme über der Brust und senkte ihren Kopf. Ihr Gesicht war zu einer schmerzerfüllten Maske erstarrt. Keine Tränen. Noch nicht. Seiner Erfahrung nach kamen sie entweder sofort – sobald jemand die Tür öffnete und ihn sah und wußte – oder viel später, wenn man begriff, daß der Alptraum Wirklichkeit war.
    »Ich ver… Wie ist es passiert?« fragte sie. Ihre Augen starrten auf den Fußboden.
    »Man fand ihn in seinem Wagen. Er wurde erschossen.«
    »In Las Vegas?«
    »Nein, hier. Nicht weit. Es sieht aus, als wäre er auf dem Nachhauseweg vom Flughafen, als … als er von jemandem gestoppt wurde. Wir sind uns nicht sicher. Sein Wagen wurde unterhalb vom Mulholland Drive gefunden. Gegenüber von der Bowl.«
    Er beobachtete sie genauer. Sie sah immer noch nicht auf. Bosch bekam Gewissensbisse. Gewissensbisse, weil er die Frau nicht mit Mitleid betrachtete. Dafür war er zu oft in dieser Lage gewesen. Statt dessen achtete er auf gekünsteltes Verhalten. In dieser Situation wogen seine Zweifel mehr als sein Mitleid. Es ging nicht anders.
    »Kann ich Ihnen etwas bringen, Mrs. Aliso?« fragte Rider. »Wasser? Haben Sie Kaffee? Oder wollen Sie etwas Stärkeres?«
    »Nein, danke. Es geht. Es ist nur ein fürchterlicher Schock.«
    »Sind Kinder im Haus?« fragte Rider.
    »Nein, wir … haben keine Kinder. Wissen Sie, was passiert ist. Wurde er ausgeraubt?«
    »Das wollen wir herausfinden«, sagte Bosch.
    »Natürlich … Können Sie mir sagen, ob er gelitten hat?«
    »Nein, es gab keinen Schmerz«, sagte Bosch.
    Er dachte an die ausgetrockneten Tränen in Tony Alisos Augen. Er beschloß, ihr nichts davon zu erzählen.
    »Ihr Job muß schwer sein«, sagte sie. »Leuten so was mitzuteilen.«
    Er nickte und schaute weg. Einen Moment lang dachte er an den alten Witz unter Polizisten: »Was ist die leichteste Methode eine Todesnachricht zu überbringen? Wenn Mrs. Brown die Tür öffnet, fragt man einfach: ›Sind Sie Witwe Brown?‹«
    Er schaute wieder zur Witwe Aliso.
    »Warum haben Sie gefragt, ob es in Las Vegas passiert ist?«
    »Weil er da war.«
    »Wie lange wollte er dort bleiben?«
    »Ich weiß nicht. Er buchte nie einen Rückflug. Er ließ das immer offen auf dem Ticket, damit er zurückkommen konnte, wann er wollte. Er sagte immer, er kommt zurück,

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