Das Comeback
ihm zwischen den Zehen. Eleanor hatte ihm eine rote Badehose gekauft, und er war sicher, daß er darin eine komische Figur abgab. Er kam sich wie eine Zielscheibe vor. Wenigstens hatte sie ihm nicht einen dieser Minislips gekauft, die einige Männer am Strand trugen.
Er stützte sich auf den Ellbogen auf. Hawaii war unglaublich. Traumhaft schön. Und die Frauen ebenfalls. Besonders Eleanor. Sie lag neben ihm in einem anderen Liegestuhl. Ihre Augen waren geschlossen, und ein fast unmerkliches Lächeln lag auf ihrem Gesicht. Sie trug einen schwarzen Badeanzug, der an den Seiten nur bis an die Taille reichte und ihre gebräunten und muskulösen Beine zur Schau stellte.
»Wohin schaust du?« fragte sie, ohne ihre Augen zu öffnen.
»Nirgendwohin. Ich kann mich einfach nicht entspannen. Ich glaube, ich werde aufstehen und etwas rumlaufen.«
»Warum kaufst du dir nicht ein Buch, Harry. Du mußt dich entspannen. Das ist der Sinn von Flitterwochen. Sex, Entspannung, gutes Essen und gute Gesellschaft.«
»Immerhin hab ich zwei von vier Sachen.«
»Was hast du gegen das Essen?«
»Das Essen ist wunderbar.«
»Sehr witzig.«
Sie schlug ihm auf den Arm. Dann stützte sie sich auch auf und schaute auf das glitzernde blaue Wasser hinaus. Sie konnten die Küste von Molokini in der Ferne aufragen sehen.
»Es ist wunderschön hier, Harry.«
»Ja, wunderschön.«
Sie beobachteten schweigend die Leute, die am Rand des Ozeans spazierten. Bosch zog seine Beine an und legte seine Ellbogen auf die Knie. Er fühlte, wie ihm die Sonne auf die Schultern brannte und er sich wohl zu fühlen begann.
Er bemerkte eine Frau, die lässig am Wasser entlang schlenderte. Die Augen aller Männer am Strand waren auf sie gerichtet. Sie war groß und geschmeidig und hatte langes dunkelblondes Haar, das noch vom Ozean feucht war. Ihre Haut glänzte wie Kupfer, und sie trug einen Mini-Bikini, nur ein paar Bänder und kleine, schwarze Dreiecke aus Textil.
Als sie an ihnen vorbeiging, verdeckte sie die Sonne, und Bosch konnte ihr Gesicht sehen. Sie hatte die bekannten Züge und die geschwungene Linie des Unterkiefers. Er kannte sie.
»Harry«, flüsterte Eleanor. »Ist das … sie sieht aus wie die Stripperin. Das Mädchen auf dem Foto, das du hattest. Die ich mit Tony zusammen gesehen habe.«
»Layla«, sagte Bosch. Er wollte nur den Namen aussprechen, es war keine Antwort.
»Es ist sie, nicht wahr?«
»Ich habe früher nicht an Zufälle geglaubt«, sagte er.
»Wirst du das FBI anrufen. Sie hat das Geld wahrscheinlich hier auf der Insel.«
Bosch schaute der Frau nach. Sie hatte ihm den Rücken zugewandt und aus dieser Perspektive sah es aus, als wäre sie nackt. Die Sonne blendete ihn wieder, und er konnte nicht mehr gut sehen. Sie verschwand im Flimmern und Dunst der Gischt.
»Nein, ich werde niemanden anrufen«, sagte er schließlich.
»Warum nicht?«
»Sie hat nichts getan«, sagte er. »Sie hat sich von einem Typen Geld geben lassen. Das ist nicht verboten. Vielleicht hat sie ihn sogar geliebt.«
Er schaute ihr noch einen Moment nach und dachte an Veronica Alisos letzte Worte.
»Und überhaupt, wer wird das Geld vermissen? Das FBI oder das LAPD? Irgendein fetter, alter Gangster in einem Vorort von Chicago, umgeben von einem Haufen Gorillas? Vergiß es. Ich werde niemanden anrufen.«
Er schaute ihr ein letztes Mal nach. Sie war jetzt weit weg und schaute beim Gehen aufs Meer hinaus. Die Sonne schien auf ihr Gesicht. Bosch nickte ihr zu, aber natürlich konnte sie es nicht sehen. Dann streckte er sich auf dem Liegestuhl aus und schloß die Augen. Er spürte, wie die Sonne durch seine Haut drang und ihn zu heilen begann. Dann fühlte er Eleanors Hand auf seiner. Er lächelte. Er fühlte sich sicher. Als könne ihm nie wieder etwas angetan werden.
Weitere Kostenlose Bücher