Das Comeback
von Zweifeln und quälenden Fragen verdrängt. Warum hatte sie nicht angerufen? Hatten die Gefühle und Stunden, die sie miteinander geteilt hatten, keinerlei Bedeutung für sie?
»Hallo?«
Die Stimme eines Mannes kam von vorne aus der Wohnung. Bosch nahm an, daß es jemand war, der gehört hatte, wie er die Tür aufgebrochen hatte. Er stand auf und verließ das Schlafzimmer.
»Ja«, sagte er. »Ich bin hier hinten. Ich bin von der Polizei.«
Er betrat das Wohnzimmer und sah einen tadellos gekleideten Mann in einem schwarzen Anzug, mit weißem Hemd und schwarzer Krawatte.
»Detective Bosch?«
Boschs Muskeln spannten sich, er antwortete nicht.
»Draußen ist jemand, der gern mit Ihnen sprechen würde.«
»Wer?«
»Er wird Ihnen sagen, wer er ist und was er will.«
Der Mann ging zur Wohnungstür und überließ Bosch die Entscheidung, ob er ihm folgen wollte. Er zögerte einen Moment und ging ihm nach.
Auf dem Parkplatz stand ein überlanger Straßenkreuzer mit laufendem Motor. Der Mann im schwarzen Anzug ging um den Wagen herum und setzte sich auf den Fahrersitz. Bosch betrachtete die Szene einen Moment und ging dann ebenfalls zum Wagen. Instinktiv hob er seinen Arm, strich über seine Jacke und fühlte darunter die beruhigende Form seiner Waffe. Während er dies tat, öffnete sich die Rücksitztür, die ihm am nächsten war, und ein Mann mit einem groben, dunklen Gesicht winkte ihn heran. Bosch zögerte nicht. Es war bereits zu spät.
Bosch stieg in den großen Wagen und setzte sich auf die Sitzbank mit dem Rücken zum Fahrer. Ihm gegenüber, auf dem weich gepolsterten Rücksitz, saßen zwei Männer. Der eine war der Typ mit dem groben Gesicht. Es war sportlich gekleidet und lümmelte sich auf den luxuriösen Polstern herum. Der andere Mann war älter und trug einen teuren, dreiteiligen Anzug. Auf der gepolsterten Armlehne zwischen den beiden Männern lag ein kleines, schwarzes Kästchen, auf dem ein grünes Licht leuchtete. Bosch hatte so ein Kästchen schon einmal gesehen. Es nahm elektronische Funksignale wahr, die von Abhörgeräten gesendet wurden. Solange das grüne Licht leuchtete, konnte man mit einiger Sicherheit annehmen, daß Gespräche nicht abgehört und aufgenommen wurden.
»Detective Bosch«, sagte der Mann mit dem groben Gesicht.
»Joey Marks, habe ich recht?«
»Ich heiße Joseph Marconi.«
»Was kann ich für Sie tun, Mr. Marconi?«
»Ich dachte, wir könnten uns etwas unterhalten. Das ist alles. Sie und ich und mein Anwalt hier.«
»Mr. Torrino?«
Der andere Mann nickte.
»Ich habe gehört, Sie haben heute einen Klienten verloren.«
»Darüber wollen wir mit Ihnen sprechen«, sagte Marconi. »Wir haben ein Problem. Wir …«
»Woher haben Sie gewußt, wo ich war?«
»Ich hab die Wohnung überwachen lassen. Wir dachten uns, daß Sie zurückkommen werden, nachdem Sie den Zettel hier gelassen haben.«
Sie waren ihm offensichtlich gefolgt, und er fragte sich, seit wann. Dann sprangen seine Gedanken zu einer anderen Frage, und er wußte auf einmal, worum es bei diesem Gespräch ging.
»Wo ist Eleanor Wish?«
»Eleanor Wish?« Marconi schaute erst zu Torrino und dann zu Bosch hin. »Ich kenne sie nicht. Aber ich schätze, sie wird wieder auftauchen.«
»Was wollen Sie, Marconi?«
»Ich wollte nur mit Ihnen sprechen. Das ist alles. Wir haben ein Problem, und vielleicht können wir etwas aushandeln. Ich möchte mit Ihnen zusammenarbeiten, Detective Bosch.«
»Ich hab Sie schon mal gefragt, was wollen Sie?«
»Ich möchte diese ganze Angelegenheit wieder grade biegen, bevor sie eskaliert. Ich glaube, Sie sind dabei, einen Fehler zu machen. Sie sind ein guter Mensch, Detective. Ich habe mich informiert. Sie haben moralische Grundsätze, und ich weiß das zu schätzen. Man kann nicht ohne Grundsätze leben, egal was man tut. Aber Sie sind auf dem Holzweg. Ich hatte nichts mit Tony Aliso zu tun.«
Bosch lächelte unwillig und schüttelte den Kopf.
»Hören Sie, Marconi, Ihr Alibi interessiert mich nicht. Ich bin sicher, es ist wasserdicht. Aber Sie können selbst aus dreihundertfünfzig Meilen Entfernung den Abzugshebel betätigen. Ist alles schon da gewesen. Verstehen Sie mich?«
»Detective Bosch, die Sache stinkt. Was immer Ihnen diese Ratte erzählt, es ist gelogen. Ich habe nichts mit Tonys Mord zu tun, meine Leute haben nichts damit zu tun. Und ich gebe Ihnen bloß die Chance, Ihren Fehler zu korrigieren.«
»Ja, und wie soll ich das tun? Soll ich etwa Lucky laufen
Weitere Kostenlose Bücher