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Das Crusenriff

Das Crusenriff

Titel: Das Crusenriff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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und seine Gefährten triumphieren.«
    Xyrana schluckte schwer.
    Zwanzig Schritte noch trieben Carlumen und ihr Ebenbild voneinander entfernt, als unvermittelt ein riesiger, geschuppter Körper sichtbar wurde, der sich in unzähligen Windungen durch das Riff schlängelte. Ein bösartiges Zischen ertönte, das die beiden Rohnen entsetzt zusammenzucken ließ.
    »Was ist das?«
    »Ich weiß nicht, aber ich habe gehört, daß Mythor eine Schlange der Finsternis überwältigt haben soll. Jercel und Proscul haben sich miteinander…« Hermon schwieg entsetzt, weil die Kollision unvermeidlich war. Dem anderen Carlumen fehlte der halbe Widderkopf, und von den beiden Hörnern waren bloß zersplitterte Fragmente vorhanden. Aber gerade darin lag eine furchtbare Drohung verborgen.
    Seltsamerweise empfand Xyrana in diesem Augenblick keine Furcht vor dem Tod. Können Menschen überhaupt lenkend in den Lauf des Schicksals eingreifen? fragte sie sich. Bedeutete ihre Rettung aus den Trümmern der Nomadenstadt Yirzahoo lediglich einen unbedeutenden Aufschub im Lauf der Ewigkeit, und vollendete sich nunmehr, was an den schroffen Steilhängen am Rande der Düsterzone begonnen hatte?
    Zwei Herzschläge noch…
    Der mächtige, nur als Schatten erkennbare Schlangenleib bäumte sich auf. Aber der erwartete Zusammenprall blieb aus; das andere Carlumen durchdrang einer Nebelwolke gleich selbst feste Mauern und Palisaden. Schwerer, heißer Dunst war plötzlich überall wie der trockene Wüstenwind, der die Yarls auf ihrer Reise gen Norden oft tagelang begleitet und die Rohnen unsagbaren Qualen ausgesetzt hatte.
    Xyrana wollte schreien, doch die Hitze schnürte ihr die Kehle zu. Wallende Schleier vor Augen, rang sie nach Atem, und Hermons zitternde Hände ließen sie wissen, daß es dem jungen Mann nicht anders erging.
    Carlumen sackte ab. Nicht von einer heftigen Strömung getrieben, sondern durch die Windungen des Schlangenkörpers gelenkt, stürzte die Fliegende Stadt in eine der vielen Schluchten hinab, bis endlich Schwere Luft dem unheimlichen Vorgang Einhalt gebot.
    Niemand schien wirklich begriffen zu haben, was geschehen war. Einander widersprechende Befehle, die aufgeregt umherlaufenden Krieger und Amazonen sich gaben, zeugten davon.
    Aber da war noch etwas – etwas, das aus dem Dunkel heraus nach Carlumen griff.
    Xyrana erstarrte, als ein glitschiger, kalter Tentakel über ihren Rücken tastete. Einen gellenden Schrei ausstoßend, ließ sie sich fallen.
    Dicht über ihr verharrte ein mannsdicker, rüsselartiger Schlauch. Zuckende, pulsierende Adern verrieten, daß dieses Ding lebte, und eine erneute Berührung ließ die Rohnin schier erstarren.
    Hermon schlug mit seinem Steinbeil zu, aber die scharf geschliffene Kante vermochte den Rüssel lediglich zu ritzen. Eine übelriechende Flüssigkeit spritzte aus der Wunde.
    Im Nu zuckte das seltsame Etwas herum. Hermon wurde in der Leibesmitte gepackt und von den Beinen gerissen. Der schmerzhafte Druck trieb ihm nicht nur die Luft aus den Lungen, er ließ ihn auch seine einzige Waffe verlieren.
    Mit schwindenden Sinnen nahm er wahr, daß Xyrana das Steinbeil aufhob, dann zerrte der Rüssel ihn mit sich, über die hölzerne Wehr hinweg und hinab in eine Düsternis, deren Geheimnisse eine wohltuende Ohnmacht vor ihm verbarg.
    Er nahm nicht mehr wahr, daß Xyrana kurz entschlossen über Bord sprang. Die Zone Schwerer Luft ließ sie sanft in die Tiefe gleiten.
*
    Mit allen Anzeichen beginnenden Entsetzens deutete Gerrek nach draußen.
    »Das ist bestimmt eine neue Schweinerei dieser gräßlichen Schlange«, fauchte er. »Ich könnte das Biest erwürgen.«
    »Hoffentlich beißt sie dich dabei nicht in deinen Rattenschwanz«, bemerkte Lankohr trocken.
    Gerreks Katerbart zitterte heftig, als er sich abrupt umwandte und das Steuerpendel anstarrte, dessen Ausschläge zunehmend heftiger wurden.
    »Am besten nicht darum kümmern«, sagte er. Dabei blieb offen, ob er den Aasen meinte, oder das andere Carlumen, dessen Verwüstungen allmählich offenbar wurden.
    »Das, dürft ihr nicht zulassen«, ächzte die Wand mit den Lebenskristallen. »Beschützt meinen Körper, oder vieles wird vergehen.«
    »Was meint er?« fragte Fronja, die Tochter des Kometen, die unverwandt am rechten Auge des Widderkopfs stand und in die Düsternis hinausblickte.
    Mythor zuckte mit den Schultern. Er wußte keine Antwort darauf, die ihm auch nur halbwegs brauchbar erschienen wäre.
    »Vielleicht«, sagte Robbin zögernd,

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