Das Daemonenschiff
Hilfe anbieten, aber ich kann euch nicht einmal
versprechen, dass wir diesen Kampf gewinnen.«
»Du bist ein ehrlicher Mann, Andrej Delãny«, erwiderte Osrik.
»Ich weiß das zu schätzen.« Er setzte den Becher mit einem
harten Ruck wieder ab, ohne daraus getrunken zu haben. »Und
wir sind Zeuge deiner Tapferkeit geworden. Aber es ist eine
Sache, einen Dauger zu besiegen, und eine andere, einem
leibhaftigen Gott gegenüberzutreten – oder doch zumindest
einem Wesen, das über die Macht eines Gottes verfügt. Sag,
Andrej, bist du einem Gott gewachsen?«
Ich habe mehr als einen getötet, dachte Andrej. Laut sagte er
nichts. Aber Thure stand plötzlich auf, kam mit langsamen
Schritten um den Tisch herum und blieb dann neben ihm stehen.
»Du zweifelst an meinem Wort, Osrik?«, fragte er. So schnell,
als wäre er aus dem Nichts erschienen, tauchte ein Dolch
zwischen seinen Fingern auf. »Dann nimm diesen Dolch, Osrik.
Ich sage es hier, laut und vor aller Ohren, dass ich mich nicht
wehren werde, wenn du ihn mir ins Herz stößt, sollte sich
herausstellen, dass ich die Unwahrheit gesagt habe. Ist dir mein
Leben Pfand genug?«
»Für das von dreihundert meiner Krieger?« Osrik schüttelte
den Kopf. »Kaum.«
Thure presste die Kiefer aufeinander. Das Messer blieb in
seiner Hand, doch er zog nun mit der anderen das Schwert aus
dem Gürtel und legte es mit einem Knall auf den Tisch. »Niemand kann dich zwingen, an unserer Seite zu kämpfen, König
Osrik. Aber ich und meine Männer werden unsere Schwerter
gegen den falschen Gott erheben. Wenn wir untergehen, so wird
es der Wille der richtigen Götter sein.«
Zwei oder drei Augenblicke lang war es still. Dann zog einer
der anderen Könige sein Schwert und legte es auf die gleiche
Weise wie Thure auf den Tisch. Einen Moment später folgte ein
zweiter seinem Beispiel.
»Ein wirklich dramatischer Auftritt, Thure«, sagte Osrik
lächelnd. »Und was soll er beweisen?«
»Nichts«, sagte Thure. »Aber vielleicht das hier.«
Es war zu spät, um sich auf den Angriff vorzubereiten. Andrej
begriff zu spät, was Thure vorhatte, doch nicht einmal seine
Reflexe waren schnell genug, der Dolchklinge auszuweichen,
mit der dieser plötzlich nach seinem Gesicht stieß. Er schrie auf
vor Schmerz und Wut, als der geschliffene Stahl eine dünne,
brennende Linie über seine linke Wange zog, sprang auf,
entrang Thure die Waffe und setzte ihm die Spitze seines
eigenen Dolches an die Kehle, während er ihn mit der anderen
Hand und ohne die geringste Anstrengung in die Knie zwang.
Ringsum wurden erschrockene Ausrufe laut. Stühle polterten,
als auch andere Männer aufsprangen und nach ihren Waffen
griffen … und dann wurde es wieder still. Unheimlich still.
»Seht ihr?«, fragte Thure, krächzte es vielmehr, denn Andrej
drückte ihm das Messer so fest gegen die Kehle, dass er den
Kopf weit in den Nacken legen musste und kaum noch Luft
bekam. »Ich habe euch gesagt, was er ist! Überzeugt euch
selbst!«
Andrej verstand im allerersten Moment nicht einmal, wovon
Thure sprach – so wenig, wie er den Grund dieses plötzlichen
und so unerhört sinnlosen Angriffes erkannte. Er las keine
Furcht in Thures Augen, nur einen Ausdruck von Triumph und
grimmiger Entschlossenheit.
Und erst dann, nach einem schier endlosen Moment, verstand
er.
»Du hast mich reingelegt, Schmied«, flüsterte er so leise, dass
nur Thure die Worte verstehen konnte.
»Ja«, antwortete Thure ebenso leise. In seinen Augen lag
Triumph. »Und wenn du mich dafür töten willst, dann tu es.
Aber erst, wenn alles vorbei ist.«
Andrej ließ ihn los. Thure stolperte zurück und presste die
Hand gegen den Hals, an dem ein dünnes Rinnsal aus hellrotem
Blut hinablief, und auch Andrej hob die Finger ans Gesicht und
fuhr sich über die Wange. Auch auf seiner Haut klebte Blut.
Doch noch bevor er es fortwischen konnte, wurde ihm klar,
warum nicht nur Osrik, sondern auch alle anderen ihn aus
großen Augen anstarrten, Augen, in denen blankes Entsetzen
und Unglauben geschrieben stand, aber auch eine wilde, ganz
allmählich aufkeimende Hoffnung.
Seine Wange war unverletzt. Von dem Schnitt, den Thure ihm
zugefügt hatte, war nichts mehr zu sehen.
Es war, als hielte die Zeit den Atem an. Niemand sagte etwas.
Niemand atmete. Eine einzige falsche Bewegung, ein falscher
Wimpernschlag, eine falsche Miene, und diese Männer würden
sich auf ihn stürzen und ihn in Stücke reißen.
Aber schließlich erhob sich
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