Das Dämonentor

schulterlange Haupthaar schlohweiß, verstärkte den Eindruck, es mit einem Greis zu tun zu haben. An die sechzig Winter mochte Mnekarim erlebt haben.
    »Sie sind ausgezogen, Catrox zu töten«, rief jemand. »Und es hat den Anschein, als würden sie die Wahrheit sagen. Ihnen haftet nichts Dämonisches an.«
    »Dann führt sie herein. Jeder aufrechte Freund ist uns willkommen.«
*
    Der Innenhof wurde von Rankenpflanzen förmlich überwuchert.
    Trotzdem waren die Spuren der Zerstörung und eines fortschreitenden Verfalls schwerlich zu übersehen.
    »Ihr seid Fremde«, begann Mnekarim. »Was hat Catrox euch getan?«
    Aeda schüttelte den Kopf.
    »Verstehe, wenn wir nicht darüber reden wollen.«
    Erst blickte der Anführer der etwa drei Dutzend Widerstandskämpfer grimmig drein, als er feststellte, daß die Nykerier keine Waffen bei sich trugen sondern lediglich einige Handvoll Messer, begann er schallend zu lachen.
    »Damit wollt ihr den Dämon besiegen? Ihr seid entweder verrückt oder lebensmüde, vermutlich sogar beides. Catrox wird euch zwischen seinen Fingern zermalmen.«
    Weiter kam er nicht. Mit einer einzigen fließenden Bewegung hatte Sadagar mehrere Messer aus seinem Gürtel gezogen und schleuderte sie blitzschnell hintereinander. Mnekarim blieb nicht einmal die Zeit, auch nur mit den Wimpern zu zucken. Keine Fingerbreit zischten die Klingen an seinen Schläfen vorbei und bohrten sich hinter ihm in einen Balken.
    »Nicht!« rief er, als seine Leute sich auf den Steinmann stürzen wollten. »Er hätte mich töten können, aber er hat es nicht getan. Ich glaube ihm.«
    »Danke«, sagte Sadagar, was eine abwürfige Handbewegung Mnekarims herausforderte.
    »Deine Vorstellung war nicht uninteressant, doch einem Dämon wie Catrox wirst du damit nicht erschrecken können. Vielleicht sollte ich euch gleich davonjagen, denn mit solchen Spielereien werdet ihr nur seinen Zorn auf uns lenken. Aber ich muß verrückt sein, daß ich euch in Korung Zuflucht gewähre. Habt ihr Hunger?«
    »…und Durst«, nickte Aeda.
    Man setzte ihnen Brotfladen und Dörrfleisch vor und ein vergorenes Bier, das abscheulich schmeckte. Ruckartig stellte Sadagar seinen Becher zurück.
    »Nicht einmal Fahrna hat mir solch ein Gesöff zugemutet. Was ist das?«
    »Ein Sud aus Wurzeln, Getreide und Zuckerrüben«, wurde ihm erklärt. »Er holt sogar Tote ins Leben zurück.«
    »…und tötet Lebende«, murrte Sadagar. Dennoch sprach er dem Gebräu recht ausgiebig zu. Daß das Fleisch, das sie aßen von Truks stammte, interessierte ihn weit weniger.
    Necron übernahm es, auf die vielen Fragen zu antworten. Obwohl er dabei Mythor und Carlumen nur am Rande erwähnte, rief er einige Erregung hervor.
    »Dann erfüllt sich zum Ende des Letzten Jahres, worauf unser Volk seit langem wartet.«
    »Ob dein Bruder wirklich als Lebender zurückkehrt?« wurde der Anführer gefragt.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Mnekarim schroff.
    »Bruder?« machte Tobar überrascht und sprang auf. »Bist du…?«
    »Ein illegitimer Sohn von König Urus«, nickte der alte Mann. »Ich werde alles daransetzen, Prinz Taremus zur Königswürde zu verhelfen, denn es heißt, daß er aus dem Reich der Toten wiederkehrt, sobald unser dämonisierter Vater geläutert und der Dämonenkult auf Tata zerschlagen wurde.«
*
    Waffenklirren weckte ihn aus tiefem Schlaf. Sadagar benötigte eine Weile, um sich zurechtzufinden, dann stürmte er aus der kleinen Kammer, die Mnekarim ihm für die Nachtruhe zugewiesen hatte. Auf dem Flur traf er mit Aeda und Necron zusammen. Unnötig zu fragen, was geschehen war. Die beiden wußten es ebensowenig.
    Aeda wies nach rechts, wo eine geschwungene Treppe in den ehemaligen Schloßpark hinabführte. Vom Schein weniger Fackeln nur spärlich erhellt, lag der Hof vor den Nykeriern. Sie sahen etliche Männer gegen einen unheimlichen, schattenhaften Gegner kämpfen.
    Dieses Wesen durchdrang Bäume und Sträucher ebenso wie feste Steinmauern, und selbst die schärfsten Klingen vermochten ihm nicht viel anzuhaben.
    Scheinbar aus dem Nichts heraus schlug ein mächtiger Arm nach zwei Tatasen und wirbelte sie weit durch die Luft. Verhalten stöhnte Aeda auf.
    »Es hat Ähnlichkeit mit der Statue, die uns in der Höhle fast zum Verhängnis geworden wäre. Meinetwegen haltet mich für verrückt, aber das ist ein Abbild von Catrox.«
    Sechs mächtige Pranken wirbelten die Tatasen durcheinander. Flüchtig wurde ein langgezogener, gesichtsloser Schädel sichtbar, aus