Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Dämonentor

Das Dämonentor

Titel: Das Dämonentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
Vom Netzwerk:
Kometen, bis seine Freunde zupackten und den Kadaver zur Seite zerrten. Zwei Pfeile staken im Nacken der Raubkatze.
    Aus dem Hintergrund des Saales erklang wütendes Zetern. Während Mythor sich aufrichtete, sah er, daß Taremus stehengeblieben war. Der Prinz zögerte. Vielleicht hatte ihn der Mut verlassen, vielleicht wurde ihm nun aber erst wirklich bewußt, daß all seine Erwartungen enttäuscht werden mußten. Sein Vater war nicht mehr der, an den er sich erinnerte. Er mußte ihm wie ein Fremder erscheinen – eine uralte, körperliche Hülle, die nur noch von dem ihr innewohnenden Dämon am Leben erhalten wurde.
    »Was habt ihr getan? Wer seid ihr?«
    Öllichter brannten in eisernen Ampeln. Schwere Teppiche lagen auf dem Mosaik des Bodens und dämpften das Geräusch der Schritte.
    Der von einem schweren Baldachin überspannte Thron stand auf einer Erhebung, zu der mehrere Stufen hinaufführten. Vor dem ersten Absatz blieb Taremus stehen und starrte hinauf zu dem mumienhaft wirkenden Greis, der inmitten weicher Kissen kauerte.
    »Wer von euch hat meinen Freund getötet?« König Urus vollführte eine drohende Gebärde.
    Taremus wollte antworten, aber nur ein trockenes Husten wurde daraus.
    »Verflucht sollt ihr sein«, kreischte der Dämonisierte. »Ihr nahmt mir die einzige Freude meines Lebens.«
    »Eine reißende Bestie?«
    König Urus richtete sich halb auf.
    »Zerberus war mein bester Freund. Hüte deine Zunge, Fremder, oder ich werde sie dir herausschneiden lassen. Wer bist du überhaupt, daß du es wagst, so vor mich hinzutreten?«
    »Aber Vater…«
    Urus spie aus und begann schallend zu lachen. Heftig schüttelte er den Kopf. Sein Gesicht, das verhärtet war wie Obsidian, verzog sich zur höhnischen Grimasse.
    »Wie viele Sommer magst du zählen? Neunzehn? Höchstens zwanzig, wenn ich dich so sehe.«
    »Ich bin Taremus.«
    Zögernd wiederholte der Dämonisierte den Namen, als müsse er sich erst dessen Klang einprägen. Seine Augen verengten sich, als er den Prinz anstarrte.
    »Ich erinnere mich: Ich hatte einen Sohn, der so hieß. Doch das ist lange her. Taremus ist tot.«
    »Das ist Lüge, Vater. Sieh her!«
    König Urus’ Hände zitterten, als er die Lehnen des Throns umklammerte. Der Prinz stellte entsetzt fest, daß an manchen Gliedern nicht einmal mehr Haut seine Knochen überzog.
    »Corta«, rief der König mit schriller Stimme. »Zertia, Morrih, befreit mich endlich von diesem Pack.«
    Taremus stand wie erstarrt, unfähig, sich zu bewegen. Daß Mythor und Fronja hinter ihn traten, bemerkte er nicht.
    »Wo bleibt ihr?« kreischte der König. »Verdammte, Weiber, helft mir.«
    »Deine Konkubinen werden nicht kommen«, sagte Fronja.
    »Wer bist du?«
    »Namen sind Schall und Rauch. Du würdest den meinen schnell wieder vergessen.«
    »Ich verlange, daß meine Untertanen gehorchen.«
    »Du hast keine Untertanen mehr«, ließ Taremus sich endlich wieder vernehmen. »Dein Reich ist verloren. Du selbst hast es den Mächten der Finsternis verschachert, Vater.«
    »Kein Reich? Keine Macht? Ich gehe oft unter das Volk…«
    »Um für Catrox Sklaven auszuwählen. Oder sucht dich noch jemand in deinem Palast auf? Du bist allein, und ich klage dich des Verrats an deinem Land, deinem Volk und an deinem Sohn an.«
    Bedrückende Stille breitete sich aus, nur unterbrochen von den rasselnden Atemzügen des Dämonisierten. Dann beugte Urus sich nach vorne.
    »Du bist wirklich Taremus?« fragte er. »Du solltest selbst ein alter Mann sein.«
    »Ich habe 48 Sommer und Winter geschlafen, um nun, im Letzten Jahr, mein Erbe anzutreten.«
    »Ja«, murmelte der König gedankenverloren. »Du trägst den Königsreif um die Stirn, der dich ausweist. Sieh mich an, mein Sohn, sieh, was aus meinen Hoffnungen geworden ist… Ich habe vom Schicksal nichts mehr zu erwarten, du aber bist wie das blühende Leben, du besitzt noch die Kraft, dich gegen die fremde Herrschaft aufzulehnen. Komm näher, laß mich deine Augen sehen, ehe Catrox wieder von mir Besitz ergreift.«
    »Du bist frei?«
    »Nur manchmal. Der Dämon weiß, daß ich nicht mehr den Mut habe, mich aufzulehnen. So kann er mir wenigstens nicht die Hoffnung nehmen, die ich nun empfinde.«
    Taremus schritt die Stufen hinauf, während der König vergeblich versuchte, sich aus dem Thron aufzurichten. Zitternd streckte Urus beide Arme aus.
    »Hilf mir, Prinz. Ich bin sogar zum Sterben zu schwach, sonst hätte ich diesem unwürdigen Dasein längst ein Ende

Weitere Kostenlose Bücher