Das Dampfhaus
Menagerie noch fehlenden Raubthiere in die Hand lieferte.
Das ging folgendermaßen zu.
Mathias Van Guitt, Kapitän Hod und ich in Begleitung Fox’, des Maschinisten Storr und Kâlagani’s durchsuchten seit der Morgendämmerung ein Cactus-und Mastixdickicht, als wir plötzlich ein halbersticktes Brüllen vernahmen.
Sofort machten wir die Gewehre zum Feuern fertig, schlossen uns alle Sechs dicht aneinander, um nicht einzeln überfallen werden zu können, und gingen nach der verdächtigen Stelle langsam vor.
Nach fünfzig Schritten ließ der Händler Halt machen. Aus der Art des Gebrülls schien er zu erkennen, um was es sich hier handle, und so bat er – womit er sich vor Allem an Kapitän Hod wandte – darum, ja nicht unnöthig zu schießen.
Dann ging er allein noch einige Schritte vorwärts, während wir zurückblieben.
»Richtig, ein Löwe!« rief er.
An dem Ende eines festen, an der Gabelung zweier starken Zweige angebrachten Strickes hing in der That ein gewaltiges Thier.
Es war ein Löwe, zwar ein Löwe ohne Mähne – wodurch die hiesigen sich von ihren Stammverwandten in Afrika unterscheiden – aber doch ein wirklicher Löwe, wie ihn Mathias Van Guitt brauchte und längst suchte.
Das wilde Thier, das mit einer Vordertatze durch den Laufknoten des Strickes gehalten war, riß an diesem zwar heftig herum, konnte sich aber nicht davon befreien.
Kapitän Hod wollte doch schon, trotz der Ermahnung des Händlers, Feuer geben.
»Schießen Sie nicht, Kapitän! rief Mathias Van Guitt, ich beschwöre Sie, schießen Sie nicht!
– Aber…
– Nein, nein, sage ich Ihnen! Dieser Löwe hat sich in einer meiner Schlingen gefangen, er gehört mir!«
Wir hatten freilich eine Schlinge – eine Hängeschlinge, möchte ich sagen, – von sehr einfacher und doch sinnreicher Construction vor uns.
Ein tüchtiger Strick wird an einem starken, aber biegsamen Baumzweige befestigt. Dieser Zweig wird so zur Erde herabgebogen, daß der untere Theil des Strickes, dessen Ende einen Laufknoten bildet, in den Einschnitt eines fest in den Boden eingerammten Pfahles geklemmt werden kann. An dem Pfahle selbst bringt man einen Köder in der Weise an, daß ein Thier, wenn es diesen herabholen will, entweder den Kopf oder doch eine Tatze durch die Schlinge stecken muß. Wenn es nun aber nur ganz wenig an der Lockspeise zerrt, zieht es auch den Strick aus dem Einschnitte, der Zweig schnellt empor, das Thier wird mit in die Höhe gehoben und gleichzeitig gleitet ein schwerer Holzcylinder an dem Stricke herab, schließt dadurch die Schlinge fester und verhindert, daß diese sich durch die Anstrengung des hängenden Thieres wieder öffnet.
Diese Sorten Fallen trifft man in den Wäldern Indiens sehr häufig an, und Raubthiere fangen sich darin leichter, als man auf den ersten Blick glauben sollte. Meist wird das Thier dabei freilich am Halse eingeschnürt, wodurch es schnell erstickt, während das schwere Holzstück ihm auch den Schädel halb zerschmettert. Der Löwe aber, der sich vor unseren Augen wand, hatte sich nur mit einer Tatze gefangen. Er war also lebend und werth, unter den vierbeinigen Gästen des Kraals zu figuriren.
Erfreut über diesen Fang, sendete Mathias Van Guitt Kâlagani nach dem Kraal, um den fahrbaren Käfig und einen Wagenführer herbeizuholen. Inzwischen konnten wir das Thier, dessen Wuth unsere Anwesenheit verdoppelte, mit aller Muße beobachten.
Der Händler wendete kein Auge von demselben ab. Er umkreiste den Baum von allen Seiten, natürlich mit der Vorsicht, sich außer Schuß- oder eigentlich Hiebweite zu halten, da der Löwe mit den Tatzen gewaltig ausschlug.
Nach einer halben Stunde kam der von zwei Büffeln gezogene Käfig an. Man ließ den Gehängten hineinsinken, was kein so leichtes Stück Arbeit war, und wir schlugen wieder den Weg nach dem Kraal ein.
»Ich fing wirklich schon an zu verzweifeln, äußerte Mathias Van Guitt; die Löwen sind nicht in zu großer Anzahl unter den Nemoralen Indiens vorhanden…
– Was? Unter den Nemoralen? fragte Kapitän Hod.
– Ja, das heißt unter den Thieren, welche durch die Wälder schweifen, und ich gratulire mir, diesen Kerl, der meiner Menagerie Ehre machen wird, gefangen zu haben.«
Mathias Van Guitt hatte sich von diesem Tage ab überhaupt nicht mehr über den früheren Unstern zu beklagen.
Am 11. August wurden zwei Leoparden zusammen in der nämlichen Falle gefangen, aus der wir den Händler befreit hatten.
Es waren das zwei Tchitas, ähnlich
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