Das Dampfhaus
dabei seinen Tod, so daß man dieses barbarische Mittel fast allgemein aufgegeben hat.
Endlich kommt in Bengalen wie in Nepal auch noch der Lasso zur Verwendung. Eine solche Jagd bietet dann die interessantesten Momente. Man benutzt dazu gut abgerichtete Elephanten, welche drei Mann tragen. Auf ihrem Hals sitzt ein Mahout, der sie führt, auf dem Rücken ein Hindu, der den mit einem Laufknoten versehenen Lasso zu werfen hat, und noch weiter rückwärts ein Treiber, der sie mit einem Schlägel oder scharfen Haken anspornt. So ausgerüstet verfolgen diese Pachydermen den wilden Elephanten, oft mehrere Stunden lang, weit hin über Ebenen, quer durch dichte Wälder, wobei die Leute auf dem Thiere nicht immer ohne Schaden davon kommen, endlich aber stürzt das einmal, »lassirte« Thier in schwerem Fall zusammen.
Mittelst dieser verschiedenen Methoden fängt man in Indien jährlich eine große Anzahl Elephanten. Es ist das auch kein schlechtes Geschäft. Ein Weibchen wird mit siebentausend, ein Männchen mit zwanzigtausend, und wenn es von »reinem Blute« ist, bis mit fünfzigtausend Francs bezahlt.
Wenn man für diese Thiere so hohe Summen anlegt, so müssen dieselben doch sehr nützlich sein. Das ist auch wirklich der Fall, wenn man sie genügend nährt, das heißt ihnen im Laufe eines Tages etwa sechzig bis siebenzig Kilo grünes Futter verabreicht;
Die einen zusammengekauert, andere stehend. (S. 331)
sie dienen dann zum Transport von Soldaten, Proviant, von Artilleriematerial in bergigen Gegenden oder durch Dschungeln, welche für Pferde unzugänglich sind, oder werden auch von Einzelnen, welche
Die beiden Elephanten traten zur Seite. (S. 338.)
sie als Zugthiere gebrauchen, zu besonders schweren Arbeiten benutzt. Diese mächtigen und gelehrigen, in Folge eines eigenthümlichen Instincts, der sie zum Gehorsam zu nöthigen scheint, leicht zähmbaren und lenksamen Riesen werden in ganz Hindostan allgemein verwendet. Da sie sich in gezähmtem Zustande nicht vermehren (ganz neuerdings hat doch ein Elephantenweibchen in einer amerikanischen Menagerie ein Junges geworfen), so jagt man sie ohne Unterlaß, um den Bedarf der Halbinsel wie des Auslandes zu decken. Man verfolgt sie, stellt ihnen nach und fängt sie fortwährend auf die oben angegebene Weise.
Trotzdem scheint ihre Zahl nicht abzunehmen, denn sie streifen noch immer in vielköpfigen Heerden in verschiedenen Theilen Indiens umher. Ja, ich möchte fast sagen, in gar zu zahlreichen Heerden, wie man bald erkennen wird.
Die beiden Elephanten traten, wie erwähnt, so zur Seite, daß unser Zug bequem vorüber passiren konnte, und trotteten dann ruhig weiter. Da wurden hinter uns plötzlich noch andere Elephanten sichtbar, welche sich offenbar beeilten, das Pärchen, an dem wir eben vorüber gekommen, einzuholen. Eine Viertelstunde später zählten wir schon ein ganzes Dutzend. Sie beobachteten das Steam-House und folgten uns in einer Entfernung von höchstens fünfzig Metern. Sie schienen eben nicht gewillt, uns zu überfallen, aber noch weniger, uns zu verlassen. Es wäre ihnen jenes um so leichter geworden, als der Stahlriese auf den bergigsten der Vindhya-Kämme kaum schneller fortzutreiben gewesen wäre.
Ein Elephant dagegen läuft schneller, als man glauben sollte, und legt, nach Sanderson, der in dieser Beziehung vielfache Erfahrung besitzt, sogar bis fünfundzwanzig Kilometer in der Stunde zurück. Es konnte also für die Thiere, welche hinter uns hertrabten, keine Schwierigkeiten haben, uns einzuholen oder sogar zuvorzukommen.
Das schien aber – wenigstens für den Augenblick – ihre Absicht nicht zu sein. Wahrscheinlich warteten sie nur, bis noch mehr dazu gekommen waren. Jetzt bildeten sie schon eine ganze Gesellschaft, die sich ebensogut noch weiter vergrößern konnte. Eine solche Heerde von Pachydermen besteht gewöhnlich aus dreißig bis vierzig Individuen, welche eine Familie mehr oder weniger verwandter Glieder bilden; es kommt aber nicht selten vor, daß man Haufen von über hundert solcher Dickhäuter begegnet, was für die Reisenden, die ihnen in den Weg kommen, immer ziemlich mißlich, wenn nicht gar gefährlich wird.
Oberst Munro, Banks, Hod, der Sergeant, Kâlagani und ich hatten auf der Veranda des zweiten Wagens Platz genommen und beobachteten, was hinter uns vorging.
»Ihre Anzahl wächst noch immer, sagte Banks, und wird sich wahrscheinlich durch alle in der Umgegend zerstreuten Elephanten weiter vermehren.
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