Das Dampfhaus
Vorrathskammern und unser Munitionsmagazin. Wir besaßen jetzt kaum noch ein Dutzend Patronen, doch war nicht anzunehmen, daß wir deren vor der Ankunft in Jubbulpore bedürfen könnten.
Sie schwanden bereits in der Entfernung weniger Faden aus dem Gesichte. (S. 367.)
Bezüglich der schwer zu ersetzenden Nahrungsmittel lag die Sache freilich anders. Die Vorräthe der Speisekammer waren vollständig verloren gegangen. Selbst wenn wir am nächsten Abend bei der noch gegen siebzig Kilometer entfernten Station eintrafen, mußten wir doch etwa vierundzwanzig Stunden lang fasten.
Nun, man lernt sich ja in Alles fügen!
Natürlich erschien Monsieur Parazard unter diesen Verhältnissen der Unglücklichste von Allen. Der Verlust seiner Speisekammer, die Zerstörung seines »Laboratoriums« und die Verstreuung seiner Vorräthe gingen ihm gar sehr zu Herzen. Er machte auch kein Hehl aus seiner Verzweiflung, erwähnte der Gefahr, der wir Alle wie durch ein Wunder entgangen, kaum mit einem Worte, sondern jammerte nur über das Mißgeschick, das ihn persönlich getroffen hatte. Eben als wir im Salon zusammenkamen, um zu überlegen, was unter den jetzigen Umständen zu thun sei, betrat Monsieur Parazard mit gewohnter Feierlichkeit die Schwelle desselben und meldete sich, »um uns eine Mittheilung von höchster Bedeutung« zu machen.
»Sprechen Sie, Monsieur Parazard, sagte Oberst Munro, indem er jenem einzutreten winkte.
– Meine Herren, begann unser Koch sehr ernst, es wird Ihnen nicht unbekannt sein, daß der ganze Inhalt des zweiten Wagens vom Steam-House bei jener Katastrophe verloren gegangen ist. Aber selbst wenn wir noch einige Vorräthe besäßen, wäre ich, in Ermanglung einer Küche, in der größten Verlegenheit, Ihnen auch nur die bescheidenste Mahlzeit zu bereiten.
– Wir kennen das, Monsieur Parazard, erwiderte Oberst Munro. Es ist bedauernswerth, doch wir müssen uns wohl in das Unvermeidliche fügen, und wenn wir fasten müssen, so thun wir es eben.
– Ja, meine Herren, fuhr der Koch fort, es ist um so bedauernswerther, als ich gegenüber jener großen Anzahl Elephanten, von denen mehr als einer unter ihren mörderischen Kugeln geendet hat…
– Ein herrlicher Satz, Monsieur Parazard, fiel Kapitän Hod ein. Bei einiger Uebung würden Sie bald dahin gelangen, sich nicht weniger elegant auszudrücken wie unser Freund Mathias Van Guitt.«
Monsieur Parazard verneigte sich höflich und fuhr nach einem Seufzer also fort:
»Ja, ich wollte eben sagen, meine Herren, daß mir da eine Gelegenheit geboten wäre, Ihnen meine Geschicklichkeit im vollen Glanze zu zeigen. Das Fleisch des Elephanten ist, wie sich leicht denken läßt, nicht in allen Stücken brauchbar, denn es ist zum Theile abscheulich hart und zähe; es scheint jedoch, als habe der Schöpfer aller Dinge unter dieser Fleischmasse doch zwei Stücke besonders bevorzugt, zwei Stücke, welche werth sind, auf der Tafel des Vicekönigs von Indien zu erscheinen. Ich habe hierbei im Sinne erstens die Zunge dieses Thieres, ein ungemein wohlschmeckender Leckerbissen, wenn dieselbe nach einem mir allein bekannten Recept zugerichtet wird, und zweitens die Füße der Pachyderme…
– Pachyderme?… Sehr schön, obwohl der Proboscidie eleganter klingt, sagte Kapitän Hod.
–… die Füße also, fuhr Monsieur Parazard fort, aus denen man die besten Suppen bereitet, welche die Küchenkunst, deren Vertreter ich im Steam-House bin, jemals gekannt hat.
– Sie machen mir den Mund wässrig, Monsieur Parazard, antwortete Banks. Unglücklicher Weise einerseits und glücklicher Weise andererseits sind uns die Elephanten auf den See nicht nachgefolgt, und ich fürchte, wir werden wenigstens zur Zeit auf eine Klauensuppe und ein schmackhaftes Ragout von der Zunge jener Thiere verzichten müssen.
– Wäre es nicht möglich, begann der Koch noch einmal, an’s Land zurückzukehren und sich damit zu versorgen…
– Nein, das geht nicht, Monsieur Parazard. So vortrefflich Ihre Zubereitungen auch sein möchten, so dürfen wir uns deshalb einer augenscheinlichen Gefahr nicht auf’s Neue aussetzen.
– Nun denn, meine Herren, sagte der Koch, so genehmigen Sie den Ausdruck des aufrichtigen Bedauerns, das ich über diesen beklagenswerthen Zwischenfall empfinde.
– Wir nehmen das für geschehen an, Monsieur Parazard, sagte Oberst Munro. Was das Mittagessen und das Frühstück betrifft, so machen Sie sich darüber, bevor wir nach Jubbulpore kommen, keine weitere
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