Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
Vom Netzwerk:
der Hotelhalle aus konnte er den West Harbor Drive überblicken. Er sah, wie kleine Gitterwagen der Polizei die Menge umkreisten und sich langsam auf sie zu bewegten. Mit gepressten, wütenden Stimmen schrien die Frauen im Chor, es klang, als breche sich eine Welle. Auf dem Dach eines Fahrzeugs drehten sich Wasserwerfer wie Antennen am Kopf eines Käfers.
    Die Glastüren der Lobby öffneten und schlossen sich, weil immer wieder Gäste dem Personal ihre Schlüssel zeigten und eingelassen wurden. Mitch ging zu dem Innenhof in der Mitte der Halle und spürte frische Luft vorüberstreichen. Ein scharfer Gestank fiel ihm auf: der Geruch von Angst und Wut, aber auch noch etwas anderes, Stechendes, wie Hundepisse auf einem heißen Bürgersteig.
    Es ließ ihm die Haare zu Berge stehen. Der Gestank des Pöbels.

    Dicken und Kaye trafen sich in der Penthouseetage. Ein Mann im dunkelblauen Anzug hielt ihnen die Tür auf und prüfte ihre Namensschilder. In seinem Ohrhörer schnatterten dünne Stimmen.
    »Sie sind schon unten in der Lobby«, sagte Dicken zu ihr. »Die spielen völlig verrückt.«
    »Aber warum?«, fragte Kaye verstört.
    »Mexico City.«
    »Aber wieso die Krawalle?«
    Ein Mann rief: »Wo ist Kaye Lang?«
    »Hier!« Kaye streckte die Hand in die Höhe.
    Sie drängten sich durch eine Reihe verwirrter, plappernder Männer und Frauen. Kaye sah eine Frau im Badeanzug, die lachte und ein großes weißes Frotteehandtuch festhielt. Ein Mann im Hotelbademantel saß mit angezogenen Beinen auf einem Sessel und blickte sich nervös um. Hinter ihnen rief der Wachmann: »Ist sie die Letzte?«
    »Alles klar!«, antwortete ein anderer. Kaye hatte keine Ahnung gehabt, dass Marge Cross so viele Sicherheitsleute im Hotel hatte – nach ihrer Schätzung waren es zwanzig. Einige hatten Waffen umgehängt.
    Dann hörte sie Cross mit schriller Stimme brüllen.
    »Um Himmels willen, es ist nur eine Horde Frauen! Nur eine Horde ängstlicher Frauen.«
    Dicken griff nach Kayes Arm. Cross’ Privatsekretär Bob Cavanaugh, ein schlanker Mann von fünfunddreißig oder vierzig Jahren mit schütteren blonden Haaren, hielt sie beide fest und dirigierte sie durch die letzte Sicherheitskette in Cross’ Zimmer. Sie lag, noch im Seidenpyjama, auf dem Bett und verfolgte das hauseigene Fernsehprogramm. Cavanaugh legte ihr einen Baumwollschal mit Fransen um die Schultern. Der Ausschnitt auf dem Bildschirm schwankte hin und her. Nach Kayes Schätzung musste sich die Kamera im dritten oder vierten Stock befinden.
    Die Polizeifahrzeuge setzten die Wasserwerfer ein und drängten die Masse der Frauen die Straße entlang vom Eingang des Kongresszentrums weg. »Die mähen sie um!«, rief Cross verärgert.
    »Sie haben die Tagungsräume verwüstet«, sagte der Sekretär.
    »Mit einer solchen Reaktion haben wir wirklich nicht gerechnet«, erklärte Stan Thorne, die dicken Arme über seinem ansehnlichen Bauch verschränkt.
    »Nein«, sagte Cross mit leise flötender Stimme. »Und warum nicht, verdammt noch mal? Ich habe immer gesagt, die Sache geht an die Nieren. Na, und das ist die Antwort aus dem Bauch! Es ist eine gottverdammte Katastrophe!«
    »Sie haben nicht einmal Forderungen gestellt«, bemerkte eine schlanke Frau im grünen Kostüm.
    »Was wollen sie denn um Himmels Willen erreichen?«, fragte ein anderer, den Kaye nicht sehen konnte.
    »Wir sollen einen dicken Schuss vor den Bug bekommen«, schimpfte Cross. »Es hat die Gesellschaft kalt erwischt. Sie wollen, dass schnell, ganz schnell etwas geschieht, und scheißen auf das Verfahren .«
    »Möglicherweise brauchen wir jetzt genau das«, warf ein kleiner, schmaler Mann ein. Kaye kannte ihn: Lewis Jansen, Marketingleiter der Pharmaabteilung von Americol.
    »Was Sie nicht sagen!«, schrie Cross. »Kaye Lang, ich brauche Sie.«
    »Hier«, sagte Kaye und trat vor.
    »Gut! Frank, Sandra, Sie bringen Kaye auf den Bildschirm, sobald sie die Straße frei gemacht haben. Wer ist dafür zuständig?«
    Eine ältere Frau im Bademantel, die einen AluminiumAktenkoffer bei sich hatte, zählte aus dem Gedächtnis die Namen der örtlichen Fernsehmoderatoren und ihrer Mitarbeiter auf.
    »Lewis, lassen Sie Ihre Leute ein paar Punkte ausarbeiten, über die sie reden kann.«
    »Meine Leute sind in einem anderen Hotel.«
    »Dann rufen Sie sie an! Sagen Sie den Leuten, wir arbeiten so schnell wir können, aber wir dürfen uns mit dem Impfstoff nicht zu sehr beeilen, sonst schaden wir der Bevölkerung – ach Mist, sagt ihnen

Weitere Kostenlose Bücher