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Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Spaltung, keine Aufteilung, verstanden?«
    »Ich bin kein Meuterer, Herr Vizepräsident«, sagte Augustine.
    »Wir sprechen uns bald wieder, Mark«, erwiderte der Vizepräsident.
    Dann war Kennealy wieder in der Leitung. Er klang missmutig.
    »Die Soldaten steigen jetzt in die Truppentransporter, Mark. Bleiben Sie einen Augenblick dran.« Er deckte den Hörer mit der Hand ab. »Der Vizepräsident ist aus dem Zimmer. Du lieber Gott, Mark, was haben Sie gemacht? Haben Sie ihn angemeckert?«
    »Ich habe gesagt, der Präsident soll mich anrufen«, erwiderte Augustine.
    »Na, das ist ja wirklich ein feiner Ratschlag«, bemerkte Kennealy trocken.
    »Könnte mir bitte jemand mitteilen, wenn wir von einem weiteren Baby außerhalb des Landes erfahren?«, schimpfte Augustine.
    »Oder innerhalb? Könnte das Außenministerium sich bitte täglich mit meinem Büro abstimmen? Ich hoffe, ich kämpfe hier nicht gegen Windmühlenflügel, Tom.«
    »Bitte sprechen Sie nie wieder in dieser Weise mit dem Vizepräsidenten«, erwiderte Kennealy und legte auf.
    Augustine drückte die Ruftaste. »Florence, ich muss einen Brief und eine Aktennotiz schreiben. Ist Dicken in der Nähe? Und wo ist Lang?«
    »Dr. Dicken ist in Atlanta, Kaye Lang befindet sich auf dem Gelände. Ich nehme an, in der Klinik. Sie haben in zehn Minuten eine Besprechung mit ihr.«
    Augustine öffnete seine Schreibtischschublade und nahm einen Notizblock heraus. Er hatte darauf die einunddreißig Befehlsebenen über sich skizziert, dreißig zwischen ihm und dem Präsidenten – es war bei ihm so etwas wie eine Besessenheit. Er strich fünf davon energisch durch, dann sechs, arbeitete sich bis zu zehn Namen und Diensträngen vor und zerriss das Blatt schließlich. Wenn es hart auf hart kommt, dachte er, kann ich mit ein wenig sorgfältiger Planung vermutlich zehn Befehlsebenen übergehen, vielleicht auch zwanzig.
    Aber erst einmal musste er sich aus dem Fenster hängen, ihnen seinen Bericht und die zugehörige Aktennotiz schicken und dafür sorgen, dass alle die Unterlagen auf dem Schreibtisch hatten, ehe der Mist sich überall verbreitete.
    Sehr weit würde er sich allerdings nicht vorwagen. Noch ehe irgendein Schleimer aus dem Weißen Haus – vielleicht Kennealy, der scharf auf eine Beförderung war – dem Präsidenten flüstern konnte, Augustine habe keinen Teamgeist, würde ganz sicher ein weiteres Ereignis die Aufmerksamkeit auf sich lenken.
    Ein sehr schlimmes Ereignis.

48
    National Institutes of Health, Bethesda
    Sich in Arbeit vergraben – das war das Einzige, woran Kaye jetzt denken konnte. Alle anderen Möglichkeiten waren ihr durch das Chaos von Gedanken und Gefühlen versperrt. Während sie die Klinik verließ und draußen hastig an den Tapeziertischen vorüberging, auf denen vietnamesische und koreanische Händler Toilettenartikel und Modeschmuck feilboten, überflog sie die Termine in ihrem Kalender. Sie hakte die Besprechungen und Anrufe ab – zuerst Augustine, dann zehn Minuten im Gebäude 15, wo sie Robert Jackson nach den RibozymBindungsstellen fragen wollte, anschließend in den Gebäuden 5 und 6 eine Gegenkontrolle bei zwei Wissenschaftlern der NIH, die ihr bei der Suche nach weiteren, SHEVA-ähnlichen HERVs halfen; und schließlich Besprechungen mit einem halben Dutzend weiterer Forscher, erfasst auf der Liste derjenigen, deren Meinungen sie sicherheitshalber einholen wollte.
    Auf halbem Weg zwischen der Klinik und dem TaskforceZentrum summte ihr Handy. Sie holte es aus der Handtasche.
    »Kaye, hier ist Christopher.«
    »Ich habe jetzt überhaupt keine Zeit, und außerdem fühle ich mich beschissen«, blaffte sie ihn an. »Erzählen Sie mir etwas, das mir angenehmere Gefühle bereitet.«
    »Wenn es Sie tröstet, ich fühle mich auch beschissen. Gestern Abend war ich betrunken, und draußen vor dem Haus stehen Demonstranten.«
    »Die sind hier auch.«
    »Aber hören Sie mal zu, Kaye. Wir haben den Säugling C jetzt in der Pathologie. Es wurde mindestens einen Monat zu früh geboren.«
    »Es? Das Es hatte doch ein Geschlecht, oder?«
    »Er. Er ist innen und außen voller Herpesläsionen. Er war im Mutterleib nicht gegen Herpes geschützt – SHEVA erzeugt in der Plazentaschranke eine Art Öffnung für opportunistische Herpesviren.«
    »Dann stecken also beide unter einer Decke – alles dient nur dazu, Tod und Zerstörung zu verbreiten. Na wunderbar.«
    »Nein«, sagte Dicken, »aber darüber möchte ich nicht am Telefon sprechen. Ich komme morgen

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