Das Dekameron
gebahnt, um seinen sehnlichsten Wunsch zu erlangen. »Meine Tochter«, antwortete er, »wohl glaube ich, daß es einer so schönen und feinfühligen Frau, wie Ihr es seid, lästig sein mag, einen Blödsinnigen zum Manne zu haben; noch beschwerlicher aber muß ein Eifersüchtiger fallen. Da Ihr nun zugleich den einen und den ändern habt, so glaube ich Euch gern, was Ihr von Euren Leiden erzählt. Für diese aber weiß ich, gerade herausgesagt, nur einen Rat und nur ein Mittel: nämlich ihn von seiner Eifersucht zu heilen. Die Arznei, die ihn zu heilen vermag, weiß ich recht wohl herzustellen, wenn Ihr Euch nur getraut, alles, was ich Euch sagen werde, gewiß geheimzuhalten.«
Die Frau erwiderte: »Zweifelt nicht, ehrwürdiger Vater; eher will ich mein Leben lassen, als jemand das wiederzusagen, was zu sagen Ihr mir verboten habt. Wie sollte aber das vor sich gehen?« »Wollen wir, daß er geheilt werde«, antwortete der Abt, »so muß er notwendig ins Fegefeuer.« »Wie kann er denn bei lebendigem Leib dahin kommen?« sprach die Frau. Der Abt sagte: »Er muß sterben und so hinkommen. Wird er dann so viele Qualen erlitten haben, daß er von dieser seiner Eifersucht geheilt ist, so werden wir in gewissen Gebeten den lieben Gott bitten, daß er ihn wieder lebendig macht, und das wird dann auch geschehen.« »Soll ich denn eine Witwe werden?« entgegnete die Frau. »Ja«, sagte der Abt, »auf einige Zeit, während welcher Ihr Euch aber wohl hüten müßt, Euch an jemand verheiraten zu lassen. Gott nähme es Euch sehr übel, und Ferondo, wenn er wiederkäme und Ihr dann zu ihm zurück müßtet, wäre eifersüchtiger denn je zuvor.« Die Frau antwortete: »Wird er nur von diesem Übel befreit und brauche ich dann nicht immer wie im Gefängnis zu sitzen, so bin ich mit allem zufrieden. Tut nach Eurem Gefallen.«
»So will ich es denn übernehmen«, sagte der Abt. »Wodurch wollt Ihr mich aber für einen solchen Dienst belohnen?« »Hochwürdiger Herr«, erwiderte die Frau, »fordert, was Ihr wollt, wenn ich es zu leisten vermag. Was kann aber ein armes Weib, wie ich es bin, einem so vornehmen Herrn anbieten, das seiner würdig wäre?« Darauf sagte der Abt: »Madonna, Ihr könnt für mich nichts Geringeres tun, als was ich für Euch zu unternehmen im Begriff stehe. Denn so wie ich zu Eurem Glück und zu Eurer Zufriedenheit zu wirken gedenke, so seid Ihr imstande, mir mein Leben und meine Ruhe wiederzugeben.« »Ist das der Fall«, entgegnete die Frau, »so bin ich bereit.«
»Wohl denn«, sagte der Abt, »so schenkt mir Eure Liebe und gewährt mir Euren Leib, denn nur für Euch glühe ich und verzehre mich im Feuer.«
Als die Frau diese Worte vernahm, sagte sie voller Schrecken: »Um Gottes willen, ehrwürdiger Vater, was begehrt Ihr da von mir! Ich dachte, Ihr wäret ein Heiliger. Ziemt es sich denn für heilige Männer, daß sie die Frauen, die sich bei ihnen Rat holen wollen, um dergleichen Dinge ansprechen?« Der Abt antwortete ihr: »Mein süßes Herz, verwundert Euch nicht darüber. Die Heiligkeit wird darum nicht geringer, denn sie wohnt in der Seele, und das Verlangen, das ich Euch entdeckt habe, ist eine Sünde des Körpers. Wie dem aber auch sei, Eure holde Schönheit übt solche Gewalt über mich aus, daß die Liebe mich zwingt, so zu tun, wie ich getan habe. Dabei könnt Ihr Euch mehr als andere Weiber Eurer Schönheit rühmen, wenn Ihr bedenken wollt, daß sie den Heiligen wohlgefällt, die doch gewohnt sind, die Schönheiten des Himmels zu betrachten. Übrigens bin ich ein Mensch, wie sehr ich auch Abt bin, und wie Ihr seht, noch nicht alt. Und so soll es Euch nicht leid sein, zu tun, wie ich Euch gesagt habe, vielmehr sollt Ihr es selber wünschen, denn während Ferondo im Fegefeuer ist, werde ich Euch nachts Gesellschaft leisten und Euch die Unterhaltung gewähren, die er Euch zu bieten hätte. Auch wird es niemals jemand gewahr werden; denn ein jeder denkt von mir so gut und vielleicht noch besser, als Ihr es vorhin getan habt. Verschmäht nicht die Gnade, die Euch von Gott geboten wird, denn viele sind, die sehnlich begehren, was Ihr haben könnt und haben werdet, wenn Ihr vernünftig genug seid, meinem Rate zu trauen. Überdies habe ich manchen schönen und kostbaren Schmuck, der meinem Willen nach niemand anders als Euch gehören soll. So tut denn, süße Hoffnung meines Herzens, für mich, was ich gern für Euch tue.«
Die Frau schlug die Augen nieder und wußte nicht, wie sie dem Abt diese Bitte
Weitere Kostenlose Bücher