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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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und von seinem Mönche begleitet zu der Frau, bei der er bis zum Morgen unter Scherz und Freuden verweilte, bevor er zu seiner Abtei zurückkehrte. Oft genug machte er denselben Weg in gleicher Absicht und wurde von einigen, die ihm beim Kommen oder Gehen begegneten, für den Geist des Ferondo gehalten, der, um Buße zu tun, in der Gegend umgehen müßte. Darüber erzählten denn die abergläubischen Leute in dem Dörfchen viele Geschichten, die auch zu den Ohren der Frau kamen, welche indes wohl wußte, was für eine Bewandtnis es damit hatte.
    Als Ferondo in dem dunklen Gefängnis erwachte, ohne zu wissen, wo er sich befand, trat der Bologneser Mönch mit einer fürchterlichen Stimme zu ihm hinein und gab ihm mit einigen Ruten, die er in der Hand hielt, eine derbe Tracht Schläge. Ferondo fragte unter Weinen und Schreien in einem fort: »Wo bin ich?« »Du bist im Fegefeuer«, antwortete der Mönch. »Wie«, sagte Ferondo, »so bin ich denn tot?« »Jawohl«, erwiderte der Mönch. Darauf begann Ferondo sich selbst, seine Frau und sein Söhnlein bitterlich zu beweinen und sagte dabei die tollsten Albernheiten. Indessen brachte der Mönch ihm etwas zu essen und zu trinken. Als Ferondo das sah, rief er aus: »Mein Himmel, essen denn die Toten?« »Ja«, sagte der Mönch, »und was ich dir jetzt bringe, ist dasselbe Essen, welches die Frau, die einstmals die deine war, heute morgen der Kirche geschickt hat, um für deine Seele eine Messe lesen zu lassen. Das kommt dir nun, auf unseres Herrgotts Befehl, hier zugute.« Darauf sagte Ferondo: »Ach du meine Güte! Na, Gott gebe ihr ein vergnügtes Jahr. Ich bin ihr freilich immer vor meinem Tode gar gut gewesen und hab sie immer die ganze Nacht im Arm gehabt und nichts anderes getan als sie geküßt und habe auch etwas anderes getan, wenn ich Lust dazu bekam.« Dann fing er, hungrig und durstig wie er war, zu essen und zu trinken an. Da ihm aber der Wein nicht allzugut vorkam, sagte er wieder: »Herrgott, gib ihr Unglück, sie hat dem Priester doch nicht von dem Fasse an der Wand geschickt.«
    Als er nun gegessen und getrunken hatte, nahm ihn der Mönch wieder vor und schlug ihn mit denselben Ruten aufs neue ganz mürbe. Nachdem Ferondo lange genug gejammert hatte, sagte er zu ihm: »Mein Gott, warum tatest du denn das?« Der Mönch sagte: »Weil unser Herrgott befohlen hat, daß dies alle Tage zweimal so geschehe.« »Aus was für einer Ursache denn?« sagte Ferondo. Der Mönch erwiderte: »Weil du eifersüchtig warst, obgleich du das beste Weib zur Frau hattest, das weit und breit zu finden war.« »Ach Gott, ja«, sagte Ferondo, »und das honigsüßeste dazu, köstlicher als Marzipan. Aber ich wußte nicht, daß unser Herrgott es übelnimmt, wenn ein Mann eifersüchtig ist, sonst wäre ich's nicht gewesen.« Der Mönch antwortete: »Das hättest du bedenken und dich bessern sollen, während du noch in jener Welt warst. Und sollte sich's treffen, daß du wieder hinkämst, so gib nur acht, daß du in Gedanken behältst, was ich dir jetzt antue, und daß du nie wieder eifersüchtig bist.« »Ei«, sagte Ferondo, »kommt denn jemals einer zurück, der gestorben ist?« »Freilich«, entgegnete der Mönch, »wen Gott wieder hinbringen will!« »Ach Gott«, sagte Ferondo, »wenn ich jemals zurückkäme, so wollte ich der beste Mann von der Welt sein. Ich wollte sie niemals schlagen, niemals schelten, außer wegen des Weines, den sie heute morgen geschickt hat. Sie hat aber auch kein bißchen Licht gegeben, und ich habe im Dunkeln essen müssen.« Der Mönch antwortete: »Wohl hat sie Kerzen geschickt, aber man hat sie zu den Seelenmessen verbrannt.« »Ja«, sagte Ferondo, »da wirst du recht haben. Und gewiß, wenn ich wieder hinkomme, da will ich sie tun lassen, wozu sie Lust hat. Aber sag einmal, wer bist denn du, der du so mit mir umgehst?« Der Mönch erwiderte: »Ich bin auch tot und war aus Sardinien, und weil ich im Leben meinen Herrn wegen seiner Eifersucht häufig gelobt habe, bin ich von Gott zu der Strafe verurteilt, daß ich dir so lange zu essen und zu trinken gebe und dich in solcher Weise schlagen muß, bis Gott über dich und mich anders beschließen wird.« Ferondo sagte: »Ist denn niemand hier als nur wir beide?« »Jawohl«, sagte der Mönch, »zu Tausenden, aber du kannst sie so wenig sehen und hören wie ich auch.« Darauf sagte Ferondo: »Wie weit sind wir denn wohl von uns zu Hause?« »Oho«, antwortete der Mönch, »du bist hier noch etliche Meilen

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