Das Dekameron
Freude so groß, daß ihm nicht anders zumute war, als sei er aus der Hölle ins Paradies gesprungen; und er versicherte beiden, wenn sie es nur zufrieden wären, bedeutete es für ihn das größte Glück.
Ebenso schickte man zu Violante, um ihren Willen zu erfahren. Als diese, die in beispielloser Traurigkeit nichts als den Tod vor Augen sah, vernahm, was sich mit Theodor zugetragen hatte und was ferner noch in Erfüllung gehen sollte, maß sie den Worten erst nach geraumer Zeit einigen Glauben bei und konnte sich doch nur halb freuen. Dann aber sagte sie, wenn ihre Wünsche wahr werden sollten, könne sie freilich nichts glücklicher machen, als Theodors Frau zu sein. In jedem Falle aber werde sie tun, was ihr Vater von ihr verlange.
So wurde denn mit allgemeiner Zustimmung die Verlobung des Mädchens gefeiert und dabei zu großer Freude der Einwohner von Trapani eine glänzende Festlichkeit angerichtet. Violante ward ihres Lebens wieder froh und ließ ihren Knaben von einer Amme stillen, und so dauerte es auch nicht lange, daß sie wieder schön und schöner wurde denn je zuvor.
Als die Zeit ihrer Wochen vorüber und auch Phineus wieder von Rom zurückgekehrt war, bezeigte sie ihm alle Ehrfurcht, die einem Vater gebührt.
Er aber feierte, hocherfreut über eine so schöne Schwiegertochter, unter Jubel und Festlichkeiten ihre Hochzeit und nahm sie für jetzt und alle Zukunft gleich einer eigenen Tochter an. Wenige Tage darauf bestieg er mit dem Sohne, mit ihr und dem kleinen Enkel eine Galeere, auf der sie glücklich insgesamt in Lajazzo anlangten, wo die beiden Liebenden sich, solange sie am Leben blieben, ruhig und friedlich aneinander erfreuten.
Achte Geschichte
Nastagio degli Onesti bewirbt sich um die Liebe einer Dame aus dem Hause Traversari und bringt, ohne Gegenliebe zu finden, dabei sein ganzes Vermögen durch. Auf die Bitten der Seinigen geht er eines Tages nach Chiassi und sieht dort, wie ein junges Mädchen von einem Ritter gejagt, getötet und dann von zwei Hunden gefressen wird. Darauf lädt er seine Familie, die Dame und ihre Angehörigen zu einem Mittagessen dorthin, und der Anblick des zerfleischten Mädchens und die Furcht vor einem ähnlichen Schicksal erschrecken die Spröde so sehr, daß sie Nastagio zum Manne nimmt.
Als Lauretta schwieg, hub Filomena auf der Königin Geheiß also zu reden an:
So wie mitleidige Gesinnung an uns gelobt wird, ihr holden Damen, ahndet die göttliche Gerechtigkeit eine grausame auf das strengste, wo sie dergleichen unter uns antrifft. Um euch davon ein Beispiel zu geben und euch dadurch zu bewegen, daß ihr der Hartherzigkeit völlig entsagt, bin ich gesonnen, euch eine Geschichte zu erzählen, die nicht weniger euer Mitgefühl erwecken als euch ergötzen wird.
In Ravenna, einer uralten Stadt der Romagna, lebte einst eine Menge adeliger und vornehmer Leute, und unter diesen befand sich ein junger Mann namens Nastagio degli Onesti, der durch den Tod seines Vaters und eines Onkels über die Maßen reich geworden war. Dieser nun verliebte sich, wie es nichtverheirateten jungen Leuten zu geschehen pflegt, in die Tochter des Messer Paolo Traversari. Obwohl ihre Familie von viel älterem und besserem Geschlecht war als die seinige, hoffte er doch, durch seine Bemühungen, ihr zu dienen, allmählich ihre Gunst zu gewinnen. So unermüdlich, löblich und großartig aber auch die letzteren waren, brachten sie ihm doch keinerlei Nutzen, sondern es schien vielmehr, als ob sie ihm schadeten, so hart, unerfreulich und widerwillig erwies sich ihm das geliebte Mädchen, welches vielleicht um der eigenen vorzüglichen Schönheit und um des eigenen Adels willen so hochmütig und ungefüge geworden war, daß es weder ihn, noch was ihm irgend lieb war, leiden mochte.
Diese Gesinnung der Geliebten wußte Nastagio so wenig zu ertragen, daß er nach vielen Klagen mehr als einmal im Begriff war, sich aus Schmerz das Leben zu nehmen. Wenn er sich aber dennoch einer solchen Tat enthielt, nahm er sich oft vor, jene Spröde völlig aufzugeben oder sie, wo möglich, ebenso zu hassen, wie sie ihn haßte. Alle diese Vorsätze blieben indes eitel; denn es war nicht anders, als ob seine Liebe im selben Maße wüchse, in dem seine Hoffnung abnahm.
Wie nun der junge Mann auf solche Weise beharrlich seine Liebe verfolgte und in seiner maßlosen Verschwendung fortfuhr, meinten einige seiner Angehörigen und Freunde, daß er dabei bald sich selbst und sein Vermögen
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