Das Dekameron
gleicherweise in seine Wohnung heim.
Als man aber am ändern Morgen das Grab des Scannadio öffnete und seine Leiche nicht mehr fand, weil Alessandro sie in die untere Gruft gewälzt hatte, füllte sich ganz Pistoja mit verschiedenartigen Gerüchten, und die Toren meinten, die Teufel hätten ihn davongetragen. Dessenungeachtet benachrichtigte jeder der beiden Liebhaber die Witwe, was er getan habe und was dazwischengekommen sei und ihn ohne seine Schuld gehindert habe, den Auftrag vollständig auszuführen, weshalb denn jeder zum Lohn ihre Gunst und ihre Liebe begehrte. Sie stellte sich beiden gegenüber so, als könne sie dies nicht glauben, und antwortete ihnen entschieden, daß sie nichts für sie tun wolle, da sie ihren Auftrag nicht ausgeführt hätten. Solcherart schaffte sie sich denn beide vom Halse.
Zweite Geschichte
Eine Äbtissin steht eilig im Finstern auf, um eine ihrer Nonnen, die bei ihr verklagt worden ist, mit ihrem Liebhaber im Bett zu überraschen. Da sie aber selbst einen Priester bei sich hat, nimmt sie statt des Schleiers dessen Hosen um. Als die Angeklagte diese erblickt und die Äbtissin darauf aufmerksam macht, wird sie freigelassen und darf ungestört mit ihrem Geliebten verweilen.
Filomena schwieg, und die List der Dame, diese Liebhaber loszuwerden, die sie nicht lieben mochte, wurde von allen gelobt, die Verwegenheit der jungen Männer hingegen nicht für Liebe, sondern für Torheit erklärt. Danach wandte sich die Königin freundlich zu Elisa und sagte: »Fahre nun du fort.« Diese begann rasch:
Geliebte Mädchen, sehr geschickt wußte Madonna Francesca, wie uns erzählt worden ist, sich von ihrer Last zu befreien. Allein auch eine junge Nonne verstand es, sich unter dem Beistand des Glücks von einer drohenden Gefahr durch scherzende Rede zu befreien. Wie ihr wißt, sind diejenigen nicht selten, welche, obwohl selber töricht, sich zu Lehrmeistern und Strafpredigern anderer erheben. Eben diese züchtigt aber, wie ihr aus meiner Geschichte lernen könnt, das Schicksal bisweilen auf die verdiente Art, wie dies der Äbtissin geschah, unter deren Aufsicht die junge Nonne stand, von der ich euch erzählen will.
Ihr müßt also wissen, daß in der Lombardei ein durch Frömmigkeit und Sittenstrenge sehr berühmtes Kloster ist, in dem unter den ändern Nonnen auch ein junges Mädchen von edlem Blut und wunderbarer Schönheit weilte, welches Isabetta hieß. Als diese eines Tages zu einem ihrer Verwandten an das Sprechgitter herabgekommen war, verliebte sie sich in einen jungen Mann, welcher diesen begleitete. Da er ihre große Schönheit wahrnahm und ihr Verlangen in ihren Augen gelesen hatte, entflammte er auf gleiche Weise für sie.
Nicht ohne große Schmerzen für beide ertrugen sie diese Liebe eine Zeit hindurch ohne alle Furcht. Zuletzt jedoch, da beide gleichmäßig danach verlangten, fand der junge Mann ein Mittel, heimlich zu seiner Nonne zu gelangen. Auch sie war damit zufrieden, und so besuchte er sie nicht einmal, sondern viele Male zur großen Freude beider.
Als dies jedoch so weiterging, geschah es, von ihm und von ihr unbemerkt, daß er in einer Nacht, als er von Isabetta Abschied nahm und fortging, von einer der Nonnen des Klosters gesehen wurde. Diese teilte es mehreren ändern mit. Anfangs gedachten sie Isabetta bei der Äbtissin, welche Madonna Usimbalda hieß und nach der Meinung der übrigen Nonnen und aller, die sie kannten, eine sehr fromme und treffliche Frau war, förmlich anzuklagen. Zuletzt aber zogen sie es vor, sie, damit kein Leugnen möglich sei, mit dem jungen Mann von der Äbtissin auf frischer Tat überraschen zu lassen. So schwiegen sie denn und teilten unter sich die Nachtstunden und die Wache ein, um jene zu ertappen.
Isabetta, die sich vor all dem nicht hüten konnte, ja von all dem nichts wußte, ließ ihren Liebhaber in einer Nacht wiederkommen, was die sogleichwieder erfuhren, die hierauf achtgaben. Diese verteilten sich nun, als es ihnen an der Zeit schien und ein gutes Stück der Nacht schon verstrichen war, in zwei Gruppen, von denen die eine die Tür von Isabettas Zelle bewachte, während die andere in aller Eile zum Schlafzimmer der Äbtissin lief, dort anklopfte und, nachdem sie Antwort erhalten hatte, ihr zurief: »Auf, Madonna, steht schnell auf. Wir haben die Isabetta mit einem jungen Mann in ihrer Zelle ertappt.«
Eben in dieser Nacht hatte die Äbtissin Gesellschaft von einem Priester, den sie oft in einer Truhe zu sich
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