Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
Vom Netzwerk:
besaß und edelgesinnte Männer schätzte, dieses vernahm, sagte er, das wolle er gern tun, wenn Ghino dessen so würdig sei, wie der Abt es sage. Dieser möge ihn also unter sicherem Geleit nach Rom kommen lassen. Vertrauensvoll erschien Ghino nun auf Wunsch des Abtes bei Hofe, und nicht lange war er in der Nähe des Papstes, als dieser ihn für einen wackeren Ritter erkannte, sich mit ihm aussöhnte und ihm eines der Großpriorate des Hospitaliterordens, zu dessen Ritter er ihn gemacht hatte, verlieh. Und diese Würde behielt er, als ein Freund und Diener der heiligen Kirche und des Abtes von Clugny, solange er lebte.
     

Dritte Geschichte
     
     
    Mithridanes, neidisch auf die Freigebigkeit des Nathan, bricht auf, um ihn zu töten, und begegnet ihm, ohne ihn zu kennen. Von ihm selbst über die Mittel unterrichtet, findet er ihn, wie ihm gesagt war, in einem Haine. Er erkennt ihn tief beschämt und wird sein Freund.
     
    Eine solche Geschichte schien allen fürwahr, als hätten sie ein Wunder gehört, daß nämlich ein Priester einmal großmütig gehandelt haben sollte. Doch als das Gespräch der Damen hierüber ein Ende genommen hatte, befahl der König dem Filostrato fortzufahren, und dieser begann sogleich:
    Edle Damen, groß war unstreitig der Edelmut des Königs von Spanien und beinahe unerhört der des Abtes von Clugny. Doch vielleicht wird es euch nicht minder wunderbar erscheinen, wenn ihr hört, daß einer, um gegen einen ändern, der nach seinem Blut oder vielmehr nach seinem Leben trachtete, Freigebigkeit zu üben, sinnreich bemüht war, ihm beides zu geben, und es ihm gegeben hätte, wenn der andere es zugelassen hätte, wie ich euch in meiner kleinen Erzählung zu zeigen gedenke.
    Wenn wir den Berichten einiger Genuesen und anderer Leute trauen können, welche in jenen Gegenden waren, lebte im Lande Catai einst ein Mann von edlem Stamme, der so reich war, daß niemand sich ihm vergleichen konnte, und Nathan hieß. Dieser besaß ein Landgut nahe an einer Heerstraße, auf der fast notwendig jeder vorüberziehen mußte, der von Westen nach Osten oder von Osten nach Westen reisen wollte. Da er nun von hochherziger und freigebiger Gemütsart war und da es ihn danach verlangte, dies durch die Tat zu beweisen, ließ er hier in kurzer Zeit von vielen Meistern, die in seinem Dienste standen, einen der schönsten, größten und reichsten Paläste, welche jemals zu sehen gewesen waren, herrichten und diesen mit allen Dingen, welche zur Aufnahme und Bewirtung edler Männer notwendig waren, aufs beste ausstatten. Im Besitz einer zahlreichen und ansehnlichen Dienerschaft, ließ er einen jeden, der hin und her wanderte, hier freundlich bewillkommnen und bewirten. Und so lange hielt er an diesem löblichen Brauche fest, daß nicht nur der Osten, sondern auch fast der ganze Westen ihn dem Rufe nach kannte.
    Als er nun schon hoch in den Jahren, doch seiner gastlichen Freigebigkeit immer noch nicht überdrüssig war, begab es sich, daß sein Ruf auch zu den Ohren eines jungen Mannes gelangte, der Mithridanes hieß und in einem nicht weit entfernten Lande lebte. Dieser, der sich bewußt war, nicht weniger reich als Nathan zu sein, und der auf dessen Ruf wie auf dessen Tugend neidisch geworden war, beschloß bei sich, durch noch größere Freigebigkeit die des Nathan zu vernichten oder zu verdunkeln. Nachdem er einen Palast, dem des Nathan ähnlich, hatte erbauen lassen, fing er an, jedem, der dort vorüberging oder -kam, über alle Maßen gefällig zu sein, und ohne Zweifel wurde er auch in kurzer Zeit berühmt genug.
    Nun geschah es aber eines Tages, während der Jüngling ganz allein in dem Hofe seines Schlosses weilte, daß ein armes Weib, welches durch eine der Hoftüren eingetreten war, ihn um ein Almosen bat und dieses erhielt, dann, durch eine zweite Tür zu ihm zurückgekehrt, dies noch einmal empfing, und so fort bis zum zwölftenmal. Als sie jedoch zum dreizehntenmal wiederkehrte, sagte Mithridanes zu ihr: »Gute Frau, du bist gar eifrig in diesem deinem Bitten.« Nichtsdestoweniger gab er ihr ein Almosen.
    Als die Alte diese Worte hörte, rief sie: »O Freigebigkeit Nathans, wie bist du aller Bewunderung wert! Denn durch zweiunddreißig Tore, die sein Palast hat gleich diesem, trat ich ein und bat ihn um Almosen, und nie wurde ich von ihm, so daß er es hätte merken lassen, erkannt, und immer erhielt ich die Gabe. Und hier, wo ich nur zum dreizehnten Male erscheine, werde ich erkannt und verspottet.« Und so

Weitere Kostenlose Bücher