Das Dekameron
Wünschen bereit.«
»Und was ist das, Madonna?« sagte die gute Frau. »Was ich begehre«, antwortete die Dame, »ist dies: ich verlange im kommenden Monat Januar nächst dieser Stadt einen Garten voll grüner Kräuter, Blumen und belaubter Bäume, nicht anders, als wäre es Mai. Schafft er mir den aber nicht, so soll er weder dich noch eine andere je wieder zu mir schicken; denn wenn er mich dann noch belästigte, so beschwerte ich, wie ich bisher alles vor meinem Gatten und meinen Verwandten geheimgehalten habe, mich deshalb bei ihnen und wüßte ihn mir dadurch vom Halse zu schaffen.«
Als der Ritter Begehren und Verheißung seiner Dame vernahm, beschloß er bei sich - wiewohl ihm die Sache schwer und beinahe unmöglich zu sein schien und er wohl einsah, daß die Dame dies aus keinem ändern Grunde verlangt habe, als um ihm jede Hoffnung zu nehmen -, dennoch zu versuchen, wieviel davon vielleicht zu bewerkstelligen sei. So schickte er denn in viele Länder der Erde umher, ob sich jemand fände, der ihm Rat und Beistand dazu liehe. Endlich traf er in der Tat auf einen, der versprach, es bei guter Bezahlung durch Zauberkunst ins Werk zu setzen. Mit diesem wurde Herr Ansaldo für eine übergroße Summe Goldes einig und erwartete nun froh die Zeit, die ihm bestimmt war.
Als diese erschienen und die Kälte sehr groß, auch alles rings mit Eis und Schnee bedeckt war, brachte der kundige Mann in der Nacht, auf welche der erste Januar folgte, es mit seinen Künsten dahin, daß - wie die bezeugten, die es mit ansahen - am Morgen auf einer schönen Wiese nahe bei der Stadt einer der schönsten Gärten, die je gesehen wurden, mit Kräutern, Blumen und Früchten aller Art erschien. Kaum hatte Herr Ansaldo diesen mit Freuden erblickt, so ließ er von den schönsten Früchten und den prächtigsten Blumen, die darin waren, pflücken und diese heimlich seiner Dame überreichen. Zugleich lud er sie ein, den von ihr verlangten Garten anzusehen, damit sie daran erkennen möge, wie sehr er sie liebe. Dann aber möge sie sich auch ihres gegebenen und mit einem Schwur bekräftigten Versprechens erinnern und Sorge tragen, es demnächst als eine Frau, die zu ihrem Worte steht, zu erfüllen.
Als die Dame die Blumen und die Früchte erblickte und schon viele von dem wunderbaren Garten erzählen hörte, fing ihr Versprechen an, sie zu reuen. Allein, trotz aller Reue begab sie sich doch begierig, so Außerordentliches zu sehen, mit vielen ändern Damen der Stadt hinaus, den Garten zu beschauen, und nachdem sie ihn nicht ohne Erstaunen gesehen und sehr gelobt hatte, kehrte sie, trauriger als je ein Weib war, nach Hause zurück, indem sie bedachte, wozu sie hierdurch verpflichtet sei. Und so groß war ihr Schmerz, daß sie ihn nicht zur Genüge in sich verbergen konnte. Die Folge war, daß ihr Gatte ihren Schmerz bemerkte und den Grund auf das bestimmteste von ihr zu hören begehrte. Lange verschwieg ihn die Dame aus Scham; zuletzt sah sie sich jedoch gezwungen, ihm alles, wie es sich zugetragen hatte, zu bekennen.
Als Gilberto dies hörte, geriet er anfangs in großen Zorn; dann aber erkannte er die lautere Absicht der Frau, weshalb er seinen Zorn verbannte und mit reiferem Entschlüsse zu ihr sprach: »Dianora, irgendeine Botschaft solcher Art anzuhören oder unter irgendeiner Bedingung über die eigene Keuschheit mit einem dritten Verträge zu schließen, heißt keineswegs als eine verständige und sittsame Frau handeln. Denn die Worte, welche durch das Ohr vom Herzen aufgenommen werden, üben eine größere Gewalt aus, als viele glauben, und den Liebenden wird fast alles möglich. Übel also tatest du, zuerst, als du Gehör gabst, und dann, als du einen Vertrag schlossest. Weil ich aber die Reinheit deiner Absicht erkenne, so will ich dir, um dich von dem Bande des Versprechens zu lösen, das bewilligen, was vielleicht kein anderer bewilligte. Auch bestimmt die Furcht vor dem Zauberer meinen Entschluß, durch welchen Herr Ansaldo, wolltest du ihn betrügen, uns vielleicht ein Leid antun lassen könnte. Ich will also, daß du zu ihm gehst und dich bemühst, wenn du es irgendwie vermagst, unbeschadet deiner weiblichen Ehre aus deinem Versprechen entlassen zu werden. Wäre es jedoch nicht anders möglich, nun, so bewillige ihm für diesmal deinen Leib, nicht aber die Seele.«
Als die Dame ihren Gatten so sprechen hörte, weinte sie und sagte, eine solche Gunst verlange sie nicht von ihm. Gilberto aber wollte, wie sehr auch seine Frau
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