Das Dekameron
darüber, wie nur je eine andere es über ihren Geliebten sein konnte, und von stärkerer Hoffnung unterstützt, genas sie in wenigen Tagen und ward schöner, als sie je gewesen war.
Als sie nun wieder gesund war, stieg der König, nachdem er mit seiner Gemahlin darüber beraten hatte, welcher Lohn einer solchen Liebe zu gewähren sei, eines Tages mit vielen seiner Großen zu Pferde und begab sich wieder zum Hause des Gewürzhändlers, den er, nachdem er in seinen Garten eingetreten war, nebst seiner Tochter rufen ließ. Indessen kam auch die Königin mit vielen Damen, welche die Jungfrau in ihre Mitte nahmen und mit Freundlichkeiten überschütteten.
Einige Augenblicke darauf rief der König mit der Königin die Lisa herbei, und der König sprach zu ihr: »Wackeres Mädchen, die große Liebe, die Ihr zu uns getragen habt, hat Euch große Ehre von uns erwirkt, und wir wollen, daß Euch diese um unsertwillen genehm sei. Die Euch bestimmte Ehre aber besteht darin, daß, da Ihr bereits mannbar seid, Ihr denjenigen zu Eurem Gemahl nehmt, den wir Euch geben wollen. Dessenungeachtet beabsichtigen wir jedoch, uns immerdar Euren Ritter zu nennen, ohne für solche Liebe mehr von Euch zu begehren als einen einzigen Kuß.«
Die Jungfrau war vor Scham im Gesicht purpurrot geworden, doch machte sie den Wunsch des Königs zu dem ihrigen und erwiderte mit leiser Stimme: »Mein gnädiger Herr, ich bin fest überzeugt, erführe man es, daß ich Euch liebe, so hielte der größte Teil der Welt mich für wahnsinnig und glaubte vermutlich, ich hätte vergessen, wer ich sei, und weder meinen Stand noch den Euren begriffen. Aber wie Gott weiß, der allein die Herzen der Sterblichen durchschaut, so erkannte ich Euch in der Stunde, als Ihr zuerst mir wohlgefielet, für meinen König und mich für die Tochter des Gewürzhändlers Bernardo, und ich sah ein, wie übel es sich für mich schicke, das Verlangen meiner Seele nach einem so hohen Ziele zu richten. Allein, wie Ihr viel besser wißt als ich, niemand verliebt sich nach Pflicht und Schuldigkeit, sondern nach Antrieb und Gefallen. Diesem Gesetze haben meine Kräfte sich mehrfach widersetzt; als sie das aber nicht mehr vermochten, liebte ich Euch, liebe Euch und werde Euch ewig lieben. Nun entschloß ich mich, sobald ich von der Liebe zu Euch mich gefesselt fühlte, aus Eurem Willen immer den meinen zu machen, und deshalb nehme ich denn nicht nur den gern zum Manne und will ihn werthalten, den es Euch gefällt, mir zu geben, und der mir Ehre und Stellung verleihen soll, sondern wenn Ihr sagtet, daß ich im Feuer weilen solle, so gereichte es mir zur Lust, wenn ich glaubte, daß ich Euch dadurch gefallen könne. Wie wenig es mir zukommt, Euch, den König, zum Ritter zu haben, wißt Ihr selbst, und darum antworte ich hierauf nicht weiter. Auch wird Euch der Kuß, den allein Ihr von meiner Liebe begehrt, ohne Erlaubnis der Frau Königin nicht bewilligt werden. Nichtsdestoweniger gebe Euch Gott für solche Huld gegen mich, wie Ihr und die Frau Königin hier sie mir erweist, statt meiner den Dank und den Lohn, welchen zu geben ich nicht vermag.« Und mit diesen Worten schwieg sie.
Der Königin gefiel die Antwort der Jungfrau ungemein, und sie schien ihr ganz so verständig zu sein, wie der König gesagt hatte. Der König aber ließden Vater der Jungfrau und ihre Mutter rufen, und da sie sich mit dem, was er zu tun gedachte, zufrieden erklärten, ließ er einen Jüngling herbeirufen, der von edler Geburt, aber arm war und Perdicon hieß. Nachdem er ihm zwei Ringe in die Hand gegeben, gebot er ihm, sich mit Lisa zu verloben, was dieser keineswegs verweigerte. Dann gab ihnen der König auf der Stelle außer vielen kostbaren Edelsteinen, welche er und die Königin der Jungfrau schenkten, Ceffalu und Calatabellotta, zwei gar schöne und ertragreiche Güter, indem er sagte: »Diese schenken wir als Mitgift der Braut. Was wir aber weiter für euch tun wollen, das werdet ihr in der Zukunft erfahren.« Nach diesen Worten wandte er sich zu der Jungfrau und sprach: »Nun wollen wir die Frucht pflücken, welche wir von Eurer Liebe ernten müssen.« Und damit faßte er mit beiden Händen ihr Haupt und küßte sie auf die Stirn. Perdicon, Lisas Vater und Mutter, die, wie sie selbst, sehr zufrieden waren, veranstalteten große Festlichkeiten und hielten eine frohe Hochzeit. Wie viele versichern, hielt der König der Jungfrau treulich seine Zusage; denn solange er lebte, nannte er sich immer ihren Ritter
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