Das Dekameron
beiden Jungfrauen wie seine eigenen Töchter zu vermählen, um sich so selbst die Möglichkeit zu nehmen, übel zu tun, und auch Ritter Neri die Bewirtung zu lohnen, die er bei ihm empfangen hatte. Und er tat es, so schwer es ihm auch wurde, einen ändern zum Besitzer dessen zu machen, was er für sich selber glühend begehrte.
Mit Bewilligung des Herrn Neri stattete er sie glänzend aus und gab dann Ginevra die Schöne dem Herrn Maffeo da Pallizzi und Isotta die Blonde dem Herrn Guiglielmo della Magna, die beide edle Ritter und große Herren waren, zu Gattinnen. Nachdem er sie diesen übergeben hatte, ging er mit unbeschreiblichem Schmerz nach Apulien. Dort bewältigte er durch unaufhörliche Anstrengungen seine wilde Glut dergestalt, daß er, nachdem er diese Liebeskette gesprengt und zerbrochen hatte, von solcher Leidenschaft frei blieb, solange er noch lebte.
Vielleicht wird es nicht an solchen fehlen, die behaupten, es sei für einen König ein kleines, zwei Jungfrauen verheiratet zu haben. Ich werde das zugeben; allein für groß, ja für sehr groß werde ich es immerdar halten, daß ein liebender König dies tat, daß er die verheiratete, die er liebte, ohne von seiner Liebe Blatt, Blume oder Frucht geerntet zu haben oder sich zu nehmen. So aber handelte dieser großmütige König, indem er den edlen Ritter hoch belohnte, die geliebten Jungfrauen auf lobenswerte Weise ehrte und sich selbst tapfer überwand.
Siebente Geschichte
König Peter von Aragonien hört von der glühenden Liebe, welche die kranke Lisa für ihn hegt.
Er spricht ihr freundlich zu, vermählt sie dann mit einem edlen Jüngling, küßt sie auf die Stirn und nennt sich fortan ihren Ritter.
Fiammetta hatte das Ende ihrer Erzählung erreicht, und die männliche Großmut König Karls wurde vielfach gelobt, obschon eines der Mädchen, das eine Gibellinin war, sie nicht preisen wollte. Dann begann Pampinea, vom König aufgefordert, also:
Kein Verständiger, ihr ehrenwerten Mädchen, wird von dem guten König Karl nicht dasselbe sagen, was ihr sagt, wenn er ihm nicht aus ändern Gründen übel will. Weil mir aber eben einfällt, wie einer seiner Gegner etwas vielleicht nicht minder Lobenswertes für eine junge Florentinerin tat, so will ich euch dies erzählen.
Zu der Zeit, als die Franzosen aus Sizilien vertrieben wurden, lebte in Palermo ein Florentiner namens Bernardo Puccini als Gewürzhändler und reicher Mann, der von seiner Frau keine ändern Kinder hatte als eine einzige sehr schöne und schon mannbare Tochter. Als nun König Peter von Aragonien Herr der Insel geworden war, gab er in Palermo mit seinen Baronen ein wunderschönes Fest, wo er auf katalanische Art turnierte. Dabei geschah es, daß Bernardos Tochter, die Lisa hieß, von einem Fenster aus, wo sie mit anderen Frauen stand, den König eine Lanze rennen sah, und sie fand ein so wundersames Gefallen an ihm, daß sie wieder und wieder auf ihn hinblickte und sich in glühender Liebe für ihn entzündete.
Als das Fest vorüber war und sie im Hause des Vaters weilte, vermochte sie bald an nichts anderes mehr zu denken als an ihre hochgesinnte und kühne Liebe. Was sie hierbei am meisten schmerzte, war die Erkenntnis ihres niederen Standes, die ihr fast keine Hoffnung übrigließ, zu einem frohen Ziele zu gelangen. Doch konnte sie darum sich dennoch nicht zurückhalten, den König zu lieben. Ebensowenig aber wagte sie, aus Furcht vor größerem Leide, ihre Liebe zu offenbaren. All dies hatte der König weder bemerkt, noch kümmerte er sich darum, und so hatte sie denn unerträglicheren Schmerz zu tragen, als man sich irgend denken kann. Weil nun ihre Liebe noch fortwährend wuchs und immer trübere Gedanken in ihr hervorrief, geschah es, daß die schöne Jungfrau, die dies nicht mehr tragen konnte, krank ward und sich sichtbar von Tag zu Tag wie der Schnee an der Sonne verzehrte. Ihr Vater und ihre Mutter, bekümmert über diese Krankheit, standen ihr, soviel sie konnten, in allem bei mit fortwährenden Tröstungen, mit Ärzten und Arzneien; aber alles half nichts, da sie selbst in der Hoffnungslosigkeit ihrer Liebe bei sich beschlossen hatte, nicht länger leben zu wollen.
Einst jedoch, als ihr der Vater wieder anbot, was ihr nur irgend Freude zu gewähren vermöchte, kam ihr der Gedanke, wenn es auf angemessene Weise geschehen könnte, zu bewirken, daß der König, ehe sie stürbe, ihre Liebe und ihren Vorsatz erführe. Deshalb bat sie denn eines Tages ihren
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