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Das Deutsche als Männersprache

Das Deutsche als Männersprache

Titel: Das Deutsche als Männersprache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise F. Pusch
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wissenschaftliche Diskussion um diese Begriffe hat eine lange Tradition und füllt ganze Bibliotheken.
    Verglichen mit diesem Forschungseifer kann der bisher seitens der Linguistik geleistete Beitrag noch nicht einmal als »Scherflein der armen Witwe« eingestuft werden, denn diese Witwe, die Linguistik, ist ja eigentlich nicht arm und hat trotzdem kaum mehr als ein Scherflein beigesteuert. Aus dem Jahre 1974 gibt es ein wichtiges Buch von Cantrall mit dem Titel Viewpoint, Reflexives and the Nature of Noun Phrases; ein Jahr später erschien die Arbeit von Kuno und Kaburaki über Empathy and Syntax. Viel mehr Ein- 1 schlägiges gibt es m. W. nicht.
    1976 hat Kuno die Hauptergebnisse aus Empathy and Syntax in dem Aufsatz »Subject, Theme and the Speaker’s Empathy — A * Reaxamination of Relativization Phenomena« zusammengefaßt.
    Er schreibt dort (S. 431):

    I use the term »empathy« to characterize the speaker’s identification, in varying degrees, with a participant in an event. For example, observe the following sentences:
    3-1a. John hit Mary.
    3-1b. John hit his wife.
    3-1c. Mary’s husband hit her.
    Assume that John’s wife’s name is Mary. In describing the event in which John hit Mary, the speaker can use any of the above three sentences (and the passive versions of 3-1a and 3-1c). 3-1b is a statement in which the speaker describes the event from John’s side, and 3-1c from Mary’s side. This can be seen from the fact that in 3-1b the speaker refers to Mary as John’s wife (an expression which is John-centered), while in 3-1c he refers to John as Mary’s husband (an expression which is Mary-centered). I say that in 3-1b the speaker is expressing his »empathy« with John, while in 3-1c, he is expressing his empathy with Mary. On the other hand, in 3-1a, the speaker is taking a more neutral position, and is describing the event rather objectively.

    (Wenn wir Kunos Theorie auf seine eigene Syntax anwenden, stellen wir übrigens fest, daß sie »John-centered« ist, denn statt mit Assume that John’s wife’s name is Mary hätte er seine Explikation natürlich auch mit Assume that Mary’s husband’s name is John beginnen können. Daß in dem Beispielsatz wieder eine Frau von ihrem Mann geschlagen wird, entspricht beliebter linguistischer Tradition, wie Ruth Römer schon 1973 nachgewiesen hat.)
    Kuno nennt also den Ausdruck John’s wife »John-centered«. Er erläutert diesen Begriff nicht, weshalb ich das, im Hinblick auf die angekündigte Textanalyse, hier nachhole:
    Relationale Nomina wie Schwester, Bruder, Mutter, Vater, Tochter, Sohn, Frau (im Sinne von >wife<), Mann (im Sinne von >husband<) fungieren als >heads< in Nominalphrasen, deren >center< ein Lexem bildet, das zu dem >head< in der haben -Relation steht:

    meine Schwester — Zentrum: ich
    Ottos Tante — Zentrum: Otto
    Frau seines Hauswirts — Zentrum: sein Hauswirt
    sein Hauswirt — Zentrum: er

    Kunos Beobachtungen und Setzungen stimmen übrigens genau mit der feministischen Sprachkritik überein. Diese weist bekanntlich darauf hin, daß Frauen in der Regel als »Anhängsel« von Männern beschrieben werden. In John’s wife ist, wie Kuno sagt, John das Zentrum. Demnach ist wife die Peripherie, um im Bild zu bleiben — oder, anders ausgedrückt: das Anhängsel.
    Die Interaktion zwischen Empathie und Syntax regelt sich laut Kuno 1976 nach folgenden vier Prinzipien:

    1. The Ban of Conflicting Empathy Foci
    2. The Surface Structure Empathy Hierarchy
    3. The Speech-Act-Participant Hierarchy
    4. The Topic Empathy Hierarchy

    Prinzip 1, »The Ban of Conflicting Empathy Foci«, besagt folgendes:

    A single sentence cannot contain two or more conflicting foci of the speaker’s empathy:
    *Then, MaryTs husband 2 hit his 2 wifej.
    In the subject position the speaker has shown his empathy with Mary by referring to her husband as Mary’s husband (and not as, say, John). On the other hand, in the object position, the speaker has expressed his empathy with John by referring to Mary as his wife (and not as Mary). Thus, the sentence contains two conflicting foci of the speaker’s empathy, and hence, the low acceptability of the sentence.

    Dieses »Verbot konfligierender Empathiezentren«, wie man Kunos Prinzip übersetzen könnte, ist für Analysen gegebener Texte nur insofern relevant, als man in aller Regel feststellen kann, daß es strikt geachtet wird.
    Das zweite Prinzip, »The Surface Structure Empathy Hierarchy«, lautet wie

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