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Das Deutsche als Männersprache

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Titel: Das Deutsche als Männersprache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise F. Pusch
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    2. Wenn ja, wo genau ist Empathie lokalisierbar, diagnostizierbar? In der Wortwahl (Lexik)? In der Syntax, sei es die Mikrosyntax oder Syntax innerhalb von Sätzen oder die Makrosyntax, die Textstruktur?

    Es läßt sich nachweisen, daß alle drei angesprochenen Gegenstände der Linguistik — Lexik, Mikrosyntax und Textstruktur — Träger von Empathie sein können. Ich möchte mich hier auf die Syntax konzentrieren, aus folgenden Gründen:
    Für mich gehört die Syntax als Kernstück der Grammatik zu den Gebieten, für die ich mich, als Linguistin, »echt« zuständig fühle. Als Linguistinnen und Linguisten wissen wir, daß Disziplinen wie Literaturwissenschaft, Philosophie, Psychologie, Pädagogik, Soziologie, Geschichte, Medizin alle möglichen Gebiete beackern, die wir auch für uns reklamieren. Aber mit Syntax oder Grammatik haben diese Disziplinen meist nicht viel im Sinn. Grammatik ist sozusagen ein Reizwort — alle haben den Stoff in der Schule angeödet durchgestanden und sind eigentlich froh, wenn sie nichts mehr damit zu tun haben.
    Entsprechend rudimentär ist meist das Allgemeinwissen über Grammatik und speziell Syntax. Besser gesagt: diese Gegenstände gehören nicht zu denen, über die man als gebildeter Mensch wenigstens in Ansätzen Bescheid wissen muß. Hochintellektuelle Leute, die mehrere Sprachen sprechen und Vorträge über Atomphysik, die Gesangstechnik des Belcanto und den französischen Poststrukturalismus halten können, wissen z.B. in der Regel nicht anzugeben, was der syntaktische Unterschied zwischen deutschen Haupt- und Nebensätzen ist und wie sich die Syntax des Deutschen in dieser Hinsicht von der Syntax des Englischen oder Französischen unterscheidet.
    Daher meine ich, daß es für die Linguistik nicht nur eine lohnende und interessante Aufgabe ist, Empathiephänomene gerade in der Syntax zu untersuchen. Es ist auch eine Aufgabe, für die sie zuständig und kompetent ist, weit mehr als irgendeine der genannten benachbarten Disziplinen. Es bietet sich mit diesem Thema die Gelegenheit, einmal nicht Anregungen von anderen Disziplinen zu übernehmen und uns sozusagen anzuverwandeln, wie wir das in der linguistischen Pragmatik, der logisch-mathematischen Semantik, der Konversationsanalyse, der Psycho-, Sozio- und Textlinguistik getan haben und tun. Vielmehr können wir unser spezifisch linguistisches Training und Analyse-Instrumentarium für sowohl eigene Fragestellungen als auch für die anderer Disziplinen, vor allem der Literaturwissenschaft und Psychologie, fruchtbar machen.

2 Zur Illustration des Begriffs >Empathiephänomene in Texten<:
Weibliches Schicksal aus männlicher Sicht

    Bevor ich mich der >technischen<, im engeren Sinne linguistischen Seite meines Themas zuwende, möchte ich anhand von fünf Textbeispielen veranschaulichen, worauf die Kritik und die Frage jener Literaturwissenschaftlerin sich bezogen. Es geht in diesen Texten, wenn auch (vielleicht) nicht direkt um Vergewaltigung, so doch um einen ähnlich tragischen und typischen Aspekt des »weiblichen Lebenszusammenhangs«:

    1. Louisens Pflegeeifer ging sehr weit. Sie sorgte so eifrig für das Wohlbefinden ihres langsam genesenden Patienten, daß die Folgen eines Tages nicht zu übersehen waren — bei ihr. (Über Louise Gleich und Ferdinand Raimund, in: Fischer-Fabian, S. 71)

    2. Hegel drücken in dieser Zeit aber auch noch andere Sorgen. Sein Vermögen ist aufgezehrt und sein Professoren-Gehalt lächerlich niedrig. [...] Zudem hat er der Frau seines Hauswirts ein Kind gemacht. (Über N.N. und G.W.F. Hegel, in: Koesters, S. 129)

    3. Fest davon überzeugt, das Geheimnis der Welt ergründet zu haben, verläßt er Dresden. Zurück bleibt eine Kammerzofe, der er ein Kind gemacht hat. (Über N.N. und Arthur Schopenhauer, in: Koesters, S. 189)

    4. Sie hoffte auf Heirat, doch ihr Freund steuerte einen anderen Kurs, er hieß Freundschaft. Für ihn gab es keine andere Möglichkeit. […] Zunächst jedoch geriet das Verhältnis in eine Krise. Im Sommer 1840 verließ Elise die Hansestadt, sie war schwanger. (Über Elise Lensing und Friedrich Fiebbel, in: Matthiesen, S. 43)

    5. Und als ob dieses bürgerliche Elend nicht genug sei, wurde auch das eheliche Verhältnis, vermutlich Anfang der sechziger Jahre, durch einen menschlichen Konflikt gestört. Allen sozialistischen Führern um 1900 war bekannt, daß Marx der Vater Frederick Demuths, Helene Demuths Sohn, war. (Über Helene Demuth, Haushälterin der

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