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Das Deutsche als Männersprache

Das Deutsche als Männersprache

Titel: Das Deutsche als Männersprache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise F. Pusch
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Vorfahrinnen gebetet haben, »mach daß es ein Mädchen wird !«

    September 1982

Mitgliederinnen

    Vor drei Jahren hörte ich das Wort zum erstenmal — von einem (männlichen) Sprachwissenschaftler. Ich dachte, ich hätte mich verhört. Er aber, aktives Mitglied einer stark profeministischen Berliner Männergruppe, schien nie etwas anderes gehört zu haben als — Mitgliederinnen. Die Berliner Szene! An mein Provinz-Ohr dringen die neusten Creationen eben relativ spät.
    Ich redete auf ihn ein, später auch auf die vielen Frauen, die immer wieder von irgendwelchen »Mitgliederinnen« sprachen. »DAS Mitglied «, dozierte ich, »ist doch eine der wenigen nun wirklich geschlechtsneutralen Personenbezeichnungen, die wir haben! Ihr nennt doch Mädchen auch nicht Kinderinnen und reserviert Kinder für Jungen !«
    Meine Gesprächspartnerinnen waren wenig beeindruckt und sagten weiter Mitgliederinnen. Andere wieder meinten: » Mitgliederinnen ? Auch nicht besser als Mitglieder! Wir können es nicht mehr hören, das Wort Glied! Und wieso überhaupt >mit Gliedohne Glied<, und darauf sind wir stolz !«
    Mitglied also als Bezeichnung für das männliche Geschlecht, Ohneglied für das weibliche? — Diese Idee hat sich, soweit ich informiert bin, nicht durchsetzen können. Zu negativ das ganze Wort. Sollen wir uns etwa auch noch selbst definieren als diejenigen, denen etwas fehlt? Noch dazu sowas? Nein danke!
    Also auf ins Positive! Was hat das weibliche Geschlecht dem »Glied« entgegenzusetzen? — Das Wort war schnell gefunden: Mitklit von Klit wie Klitoris . (Und für den Herrn macht sich dann vielleicht Ohne klit ganz bezaubernd?)
    Na schön. Manche mögen’s eben klar und deutlich.
    Doch die meisten von uns sind ja mit ihrem weiblichen Schamgefühl geschlagen. Im Büro, in der Schule, im Betrieb, in der Uni will das kühne Wort Mitklitoris uns einfach nicht so selbstverständlich von den Lippen. Manche lösen das Problem vielleicht mittels der Kurzform Mitklit, die von »den anderen« garantiert als »Mitglied« gehört wird. Uralte weibliche Taktik: das Kühne so tun, daß es möglichst niemand merkt und wir ungeschoren davonkommen.
    Eine Bekannte schrieb mir neulich, sie sage seit einiger Zeit nur noch Mitfrau: »Der Verein >Frauen und Kultur< hat schon 37 zahlende Mitfrauen .« Auch nicht schlecht!
    Ich finde es eindrucksvoll, wie bunt es zur Zeit in der deutschen Sprache zugeht. Wo es früher nur ein einziges Wort gab — Mitglied/er — , hab’ ich jetzt die Auswahl zwischen

    Mitglied(er)in / Mitgliederinnen
    Mitklit, Mitklitoris
    Ohneglied
    Mitfrau
    Mitglied/er

    Und doch finde ich auch etwas Bedenkliches an dieser munteren Wortschöpferei. Ihr Anlaß scheint mir eine übertriebene Konzentration auf das männliche Glied zu sein. Haben wir das nötig, frage ich mich bestürzt. Harmlose Wörter wie Gliederung, Gliedmaßen, gliedern, eingliedern — fällt uns etwa auch dazu nur der Penis ein, so daß weitere sprachliche Säuberungsaktionen angeraten sind? Wir sagen ja den Männern nach, sie dächten immer nur an »das eine«. Weibliche Wortschöpfungen wie Ohneglied und Mitklitoris legen den Verdacht nahe, daß auch Frauen noch entschieden zu oft daran denken.
    Diese besorgten Zeilen schreibt euch eine, die zur Zeit in der Möse wohnt — so heißt nämlich der Ortsteil des Dorfes Niedermehnen, wohin ich mich zurückgezogen habe. Die männliche Dorfbevölkerung hat bisher keine Umbenennung in Richtung »Glied« oder »Pimmel« oder was weiß ich verlangt. Und die Frauen finden auch nichts dabei, in der Möse zu wohnen. Für sie alle ist das eben seit Jahrhunderten einfach ein Ortsteil und kein Geschlechtsteil.
    Ich gestehe, daß ich diese souveräne Gelassenheit noch nicht erreicht habe. Aber ich finde sie nachahmenswert.

    Oktober 1982

Das vibrierende Weib

    Die deutsche Sprache ist uns manchmal zu eng, manchmal zu weit — richtig passen tut sie selten. Sie ist ja auch nicht von/für uns gemacht.
    Für erwachsene weibliche Personen gibt es gleich drei Bezeichnungen: Frau, Dame und Weib — für erwachsene männliche Personen hingegen nur zwei: Mann und Herr. Die Entsprechung für Weib fehlt bei den Herren. Sollen wir uns nun freuen über diese reichere Auswahl? Kaum — erstens ist Weib veraltet: wenn es benutzt wird, dann höchstens als Schimpfwort (»altes Weib«, »Klatschweib«, »Weibergeschwätz«). Zweitens ist es sächlich, und wir finden nun mal feminine Bezeichnungen netter für

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