Das Deutsche als Männersprache
und Benennungsaktionen ihnen gleichermaßen fremder und unerwünschter Herren nicht geäußert. Sie blieben einfach sprachlos.
Als meine Mutter geboren wurde, damals auch noch sprachlos, bekam sie den Nachnamen Gärtner, nach ihrem Vater (mit diesem Namen hatte mein Großvater zuvor schon den Namen meiner Großmutter gelöscht). Später kam mein Vater, und meine Mutter hieß fortan Pusch. Inzwischen heißt sie Wulff, nach ihrem zweiten Ehemann. Daß meine Schwester mit mir verwandt ist, ist auch nicht mehr am Namen zu erkennen. Sie heißt jetzt Seibolt.
Es leuchtet ein, daß sprachlose Wesen, wie Pinguine, Robben oder Säuglinge, nicht gefragt werden können, wie sie denn am liebsten heißen wollen. Weniger einleuchtend, ist, daß Gesetz und/oder Brauchtum mit erwachsenen Frauen so verfahren als wären sie Robben, Pinguine oder Säuglinge. Oder eine Inselgruppe im Südatlantik, die je nach Herrschaftsanspruch verschieden benannt wird.
Wir, die wir in dem Konflikt zwischen England und Argentinien Außenstehende waren, hörten in den Nachrichten mal »Falkland- Inseln«, mal »Malwinen«. Letzteres allerdings viel seltener, denn Argentinien ist weit weg und hat eine Militär-Diktatur, England ist nah, EG- und NATO-Partner und das »Mutterland der Demokratie«.
Bei meiner Mutter und meiner Schwester dagegen kommen keine verwirrenden Doppelbenennungen vor, alles ist »herr«lich geregelt. Auch ich, weit entfernt, irgendwelche Besitzansprüche mittels Benennung anzumelden, schreibe brav an »Frau Wulff« und »Frau Seibolt«. Im Telefonbuch stehen sie beide nicht, nur ihre Ehemänner.
Namen sind Schall und Rauch? Namen sind vor allem: Besitzanspruch oder Besitznachweis. Ob die Herren eine Inselgruppe oder eine Frau als ihren Besitz reklamieren — das damit einhergehende (Um-)Benennungsverfahren ist dasselbe und wird höllisch ernstgenommen. In Großbritannien ist es ein Politikum, wie jene Inselgruppe genannt wird. »Malwinen« — ausgeschlossen, Hochverrat! Aber niemand — außer ein paar wildgewordenen Emanzen — nimmt an der offiziellen Bezeichnung »United Kingdom« Anstoß. Nicht einmal die Queen. (»God save the King« allerdings wagen sie ihr denn doch nicht ins Gesicht zu singen.)
Die Schwestern in den USA sind uns ja in vielem voraus. Als Nachnamen wählen sie sich neuerdings weibliche Vornamen — weil alle Nachnamen, auch die unserer Vorfahrinnen, unbrauchbar sind, denn es sind Namen, die diese Frauen von ihren Männern »übernehmen« mußten.
Julia Stanley, bekannte feministische Linguistin, nennt sich heute Julia Penelope. Noch unbestätigt sind Gerüchte, wonach sie mit dem Faltboot zu den Malwinen oder Falkland-Inseln unterwegs ist, um Port Stanley in Port Penelope umzutaufen.
August 1982
Das liebe Gott
»Vater unser, der du bist im Himmel« — so haben wir alle gelernt, uns Gott vorzustellen: als gütigen, manchmal auch zornig-strafenden Vater, zu Gericht sitzend droben auf dem Himmelsthron, mit Rauschebart womöglich. Weiblich oder mütterlich wirkt er nicht gerade. Er hat ein (uneheliches) Kind, ebenfalls männlich, namens Jesus.
Feministinnen haben auch vor dieser Männerbastion nicht haltgemacht und respektlose Sprüche geprägt wie: »When God created man she was only joking (Als Gott den Mann erschuf, hat sie sich bloß einen Scherz erlaubt) .« Die Kraftmeierin legt los: »Meine Göttin noch mal !« , und die Frau ohne Knete bittet vertrauensvoll: »Liebe Göttin, schenk mir doch ein Emma- Abo!« (Ein Courage- Abo hat sie anscheinend schon bekommen, göttinseidank!) Und die feministische Pastorin verabschiedet die verdutzte Gemeinde mit den Worten: »Gott segne dich und behüte dich, sie lasse ihr Angesicht leuchten über dir und gebe dir Frieden .«
Es reicht, wenn wir die Männerherrschaft auf der Erde haben, denken diese Frauen. Nicht auch noch im Himmel. Dort, ab sofort: Frauenpower.
Andere sind gemäßigter und gesellen Gottvater eine Mutter zu: »Vater und Mutter unser im Himmel .« Ob wir uns Gott als Elternpaar oder als zweigeschlechtig oder als geschlechtslos vorstellen, ist unser Bier.
Die alten Germaninnen (Männer sind selbstverständlich immer mitgemeint), vom Christentum noch ungeschoren, hatten eine sehr sympathische und, von heute aus betrachtet, äußerst fortschrittliche Gottesvorstellung. Das germanische Wort guda, Vorläufer des Wortes Gott, war sächlich. Es bezeichnete ein »göttliches Wesen«, weder weiblich noch männlich. »Liebes Gott«, mögen unsere
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