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Das Diamantenmädchen (German Edition)

Das Diamantenmädchen (German Edition)

Titel: Das Diamantenmädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ewald Arenz
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einen Schuster in Kreuzberg gegeben, so ein richtiges Aas. Der hatte seine Frau geschlagen und seine beiden Töchter und den Lehrbuben auch. Das Mädchen schlug er nicht oder jedenfalls nicht oft, denn mit der teilte er ab und zu das Bett. Na, und eines Tages hatte die Frau tot in der Stube gelegen und der Hausarzt, obwohl misstrauisch, nichts anderes als einen Herzanfall feststellen können. Es gab keine blauen Flecken und auch keine Abschürfungen, gar nichts. Nur hatte Lobsam das einfach nicht glauben können. Er war von Gennat geholt worden, weil der so »een Jefiehl« hatte, wie er sagte. Und ganz früh am nächsten Morgen, nachdem Lobsam bis nach Mitternacht in der Charité gewesen war, hatte er Gennat antelephoniert, er möge doch mal kommen. »Und?«, hatte Gennat gefragt, als sie beide im Morgenlicht vor der Leiche standen und Gennat immer noch nichts sehen konnte.
    »Hier!«, hatte Lobsam vergnügt gesagt, und das Haar der Toten mit zwei Händen gescheitelt. »Hier!«
    Da erhob sich auf der Kopfhaut, fast nicht zu erkennen, unscheinbar wie ein Leberfleck, der Kopf eines Schusternagels. Der Mann hatte seiner Frau im Schlaf einen Nagel in den Kopf getrieben. Und weil er ihn klugerweise nicht herausgezogen hatte, war auch kein Blut geflossen.
    »Man muss nur lange genug suchen«, hatte Lobsam damals gesagt, »irgendwann findet man alles.« Der Schuster hätte dann in Plötzensee gehenkt werden sollen, aber es war wie eine Ironie des Schicksals – der angebliche Herzanfall seiner Frau holte ihn dann selbst ein paar Wochen vor dem Hinrichtungstag.
    »Vor dem Krieg«, sagte Lobsam jetzt, während er mit ganz leichten Bewegungen eine Kugel herauspräparierte, »da fanden Ihre Kollegen es unmännlich, sich die Hände zu waschen, wenn sie eine Leiche angefasst hatten. Und die Asservaten, was weiß ich nicht alles, blutige Äxte und Messer und Feilen und so weiter, die haben sie einfach in die Schubladen geschmissen. Meistens haben sie sich vorher noch geschnitten. Fanden sie dann auch besonders männlich.«
    »Und?«, fragte Schambacher, der an Gennats Büro dachte, in dem auch die Axt eines Frauenmörders an der Wand lehnte. »Was dann?«
    Lobsam richtete sich auf und ließ ein kleines Metallstückchen in die Nierenschale fallen. Es klirrte. Lobsam lächelte ironisch.
    »Von Bakterien werden Sie ja wohl schon mal gehört haben, oder? Robert Koch und so?«
    Togotzes und Schambacher nickten beide.
    »Na sehen Sie. Fast ein Zehntel Ihrer Kollegen vor dem Krieg ist an Blutvergiftung gestorben, an Tuberkulose, an all den netten Ansteckungskrankheiten, die der liebe Gott so für uns bereithält. So sah die Abhärtung aus, meine Herren. Männlich sind sie übrigens nicht alle gestorben …«
    Lobsam wandte sich wieder der Leiche zu. Der Gehilfe stand schweigend daneben. Die Sonne schien auf die dunklen Hände des Schwarzen, die völlig ruhig neben ihm lagen. Schambacher hatte plötzlich das Bild vor sich, wie er in das blutige Wasser gegriffen hatte, um den Diamanten zu retten. Er schauderte kurz, aber dann zuckte er trotzig mit den Schultern. Man konnte nicht immer vorsichtig sein.
    »Ich kannte einen«, erzählte Lobsam fröhlich weiter, während er einen langen Schnitt über Brust und Bauchdecke machte, »den hat drüben in seinem Büro eine Frau gekratzt. War auch Kommissar, so wie Sie. Hatte ihren Mann verhaftet. Die Frau konnte das wohl nicht so vertragen. Schrie und biss und kratzte. Na, Ihr Kollege hatte einen winzigen Kratzer an der Stirn. Hat gelacht und sich nicht mal Jod auf die Wunde geben lassen.«
    »Na und?« Togotzes war es jetzt auch unbehaglich zumute. Alle waren sie schon mal in Handgreiflichkeiten geraten. Das ließ sich gar nicht vermeiden.
    »War nach vier Tagen tot«, sagte Lobsam, »Blutvergiftung. Säge bitte!« Das war an den Gehilfen gerichtet. Der reichte ihm eine kleine Handsäge. Lobsam nahm sie und hielt dann die Hände in den schmalen Sonnenbalken, der sehr schräg durch das Oberlicht quer über den Seziertisch fiel.
    »Sehen Sie!«, rief Lobsam zufrieden. »Gummihandschuhe. Keine einzige Infektion in dreißig Jahren!«
    Dann setzte er die Säge sorgsam am Rippenbogen an und begann zu sägen.
    Schambacher, der im Krieg so viele zerrissene Körper gesehen hatte, wurde es auf einmal flau. Es lag nicht an der Säge und nicht am Anblick. Es lag daran, dass er für einen Augenblick sich selbst da liegen sah, gestorben an irgendeinem dieser idiotischen Zufälle des Lebens. An einem Schnitt an

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