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Das Doppelbett

Das Doppelbett

Titel: Das Doppelbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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gern wieder zurück...ich eigne mich nicht sehr für Konversation.«
    Es wurde ganz still. Ganz still in dem grüngemalten Eßzimmer mit den großen, brennenden Kerzen. Weshalb sind alle Menschen zur Zeit auf diese bestimmte grüne Farbe versessen? Und weshalb müssen sie unbedingt Messingknöpfe statt Türklinken haben? Das macht mich wahnsinnig; man weiß nie, nach welcher Seite man sie drehen soll.
    In der Stille preßte Bengt unter dem kleinen runden Tisch sein Bein fest an das meine. Nun konnte es kein Zufall mehr sein. Es fühlte sich warm und wohltuend an, dennoch beschloß ich, mein Bein an mich zu ziehen. Bengt hatte die Jacke ausgezogen, die Weste aber anbehalten. Wirklich rührend, diese Villenmenschen. Können sie nicht hundertprozentig korrekt sein, dann doch wenigstens fünfundneunzigprozentig. Wir drehten uns einander zu und sahen einander vermutlich etwas merkwürdig an.
    »Ein Götterfraß«, sagte ich.
    »Was ißt du denn eigentlich sonst so jeden Tag, mein Liebes?« fragte Ingela.
    »Wenig und schlecht«, sagte ich wütend.
    »Wenn ich zu ihr komme, kann ich nämlich in der Speisekammer nie irgend etwas finden...höchstens ein bißchen Knäckebrot und ein paar Konserven, weißt du«, sagte Ingela zu Bengt, als ob ich nicht dabei wäre.
    »Ingela!« sagte Bengt.
    »Wieso, Liebling...du weißt doch sehr gut, daß ich kein Theater zu spielen brauche, wenn Anna hier ist. Sie hat Untergewicht und ist mager wie eine Vogelscheuche. Es macht Spaß zuzusehen, wie sie ordentlich in sich reinschaufelt. Unbezahlbar. Und wirklich, vor ihr brauche ich kein Theater zu spielen. Wenn ich dagegen an die Menschen denke, die du zum Essen einlädst...«
    Sie drehte sich schnell zu mir und legte ihre Hand auf meinen Arm:
    »Du ahnst nicht, was für eine Show ich für diesen Nationalökonomen und seine Gäste aufführen muß. Ich leide...Abend für Abend, Nacht für Nacht. Und dann ihre geradezu ungeheuerlichen Frauen! Ich möchte dich sehen, wenn du diesen abscheulichen Leuten gegenüber immer eine freundliche Maske auf setzen müßtest!«
    »Ja«, sagte ich, »nur habe nicht ich einen Nationalökonomen geheiratet, sondern du.«
    »Du sagst es«, sagte Ingela und stand auf.
    Wir stellten die Teller zusammen, und Ingela verschwand mit ihnen in der Küche.
    »Prost«, sagte Bengt. Er sah mir gerade in die Augen. Seine waren ganz hübsch, graublau und freundlich.
    »Ich hasse dieses Geproste«, murrte ich. »Kann ich eine Zigarette haben?«
    Als er mir Feuer gab, beugte er sich so weit vor, daß ich seinen Atem spürte. Das wirkte ungeheuer intim; frisch und intensiv drang er durch den Weingeruch. Ich lehnte mich verblüfft in meinem Stuhl zurück und betrachtete die Epinglé-Gardinen. Irgend etwas in meinen unteren Regionen hatte zu zittern begonnen.
    »Weshalb gibt du einem eigentlich nie Feuer, selbst wenn man die Zigarette noch so provozierend in der Hand hält?« fragte Ingela scharf, als sie mit dem Dessert wieder hereingekommen war.
    »Reg dich etwas ab«, sagte Bengt müde. »Ich dachte, du wolltest erst dein Fruchtgelee essen.«
    »Mich abregen?«
    »Ja.«
    »Warum? «
    »Weil ich dich darum ersuche.«
    Wir hatten während des Essens zweieinhalb Flaschen Wein getrunken, was für Ingela vielleicht zuviel gewesen war.
    »Mich ersuchen?« rief sie. »Weshalb in aller Welt sollte ich mich darum kümmern, worum mich so ein komischer Nationalökonom ersucht?«
    Sie warf ein Weinglas auf den Boden, und es zersprang in tausend Scherben.
    »Ach, das war mein russisches Temperament«, rief sie munter. »Schließlich hatte ich eine russische Großmutter!«
    »Ja«, sagte Bengt.
    »Die Mutter meines Vaters«, sagte ich.
    »Furzvornehmer Dreck!« knurrte Ingela. Sie zeigte sogar die Zähne. »Furzvornehmer Dreckskerl in einem furzvornehmen Dreckshaus, das mir keinen Furz wert ist!«
    »Apropos«, sagte ich, »ich glaube, ich muß wieder mal pinkeln«, raste die Treppe hoch, bekam noch einmal die falsche Tür zu fassen, stand wieder da und glotzte auf ihr zerwühltes Bett und meinte plötzlich, so etwas wie Schluchzen im Hals zu verspüren. Unbegreiflich. Das mir, die fast nie weint!
    Ich ging hinunter und aß fast das ganze Fruchtgelee auf. Ingela hatte ein neues Weinglas geholt und schenkte sich ein. Merkwürdigerweise versuchte Bengt nicht, sie daran zu hindern. Vielleicht wußte er aus Erfahrung, daß das nutzlos war. Ich wußte es nicht. Ich kannte sie nicht. Da Ingela recht wackelig auf den Beinen zu stehen schien und es

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