Das Doppelspiel
erteilte, im Cockpit mitzufliegen, auf einem Klappsitz hinter dem Bordingenieur. Man kann ein Papier mit so vielen Stempeln und Unterschriften einfach nicht übersehen. Weiß man, was einem später aus Moskau ins Haus flattert? Es gibt so viele wichtige Leute in Rußland, da muß man als kleiner Angestellter vorsichtig sein. Ehe man's sich versieht, ist man degradiert und wird zum Kofferschleppen abkommandiert.
Der Dienststellenleiter der Aeroflot war froh, als der Genosse Shukow endlich das Büro verließ. »Ein unangenehmer Mensch«, sagte er zu dem hübschen Mädchen, das noch immer an dem Karteikasten lehnte und mit dem Schicksal haderte. »Natürlich, die Augen verdrehst du und reibst die Beine aneinander … aber so einer muß schnell weg von uns! Wer mit soviel Stempeln reist, hat mehr Macht im Rücken, als uns gut tut. Merke dir das, glotzäugige Kuh!«
Das schöne Vögelchen tat beleidigt, wandte sich zwei neuen Kunden zu und bellte sie an: »Wir sind hier nicht in Moskau! Oder haben Sie auch ein Schreiben mit zwanzig Stempeln?«
Am nächsten Morgen stand Shukow hinter der ziemlich lärmenden kubanischen Delegation am Flugsteig und wartete auf den Zubringerbus zum Flugzeug. Die Kubaner, durchwegs Männer mit Fidel-Castro-Bart und auch in die gleiche grünbraune Einheitsuniform gekleidet, entwickelten eine laute Fröhlichkeit und erzählten sich in ihrer Muttersprache Spanisch, was sie alles in Jakutsk mit den Mädchen erlebt hatten. Shukow, der leidlich Spanisch verstand, tat unbeteiligt und wunderte sich, was ein jakutisches Weibchen alles leistete, wenn man den Kubanern glauben konnte. Nach ihrem Reden waren die sibirischen Mädchen die heißesten der Welt. Wenn so etwas ein Mann aus Kuba sagt, muß ein Quentchen Wahrheit dran sein.
Später, im Flugzeug, als Shukow nach der Begrüßung der Crew im Cockpit hinter dem Bordingenieur auf dem Klappsitz saß, begannen die Kubaner sogar zu singen. Sie hatten Wodkaflaschen mitgebracht, hingen in den Sitzen und soffen, als hätten sie Wasser in den Plastikbechern, die von zwei Stewardessen verteilt wurden.
Wie erwartet, beschwerten sich die beiden Mädchen sehr schnell bei dem Flugkapitän. Es war für sie unmöglich, einmal durch das Flugzeug zu gehen, ohne daß nicht mindestens sechs Kubaner versuchten, ihnen unter die Röcke zu fassen. Der Weg durch den Mittelgang war praktisch ein Hüpfen von Hand zu Hand, die alle nur in eine Richtung zielten. Was sich da noch entwickeln würde, war eine heikle Frage, denn immerhin dauerte der Flug bis Irkutsk fast drei Stunden.
»Immer diese ausländischen Gäste!« klagte der Flugkapitän. Er hatte sich zu Shukow umgedreht und den Kopfhörer abgenommen. Der Co-Pilot übernahm den Kontakt mit dem Tower. »Man soll sie als Freunde der Sowjetunion behandeln, aber sie benehmen sich wie die gestochenen Säue. Soll ich hinausgehen und jeden ohrfeigen? Hören Sie sich das an, Genosse! Sie schütten den Wodka in sich hinein, und wenn dann die Stewardessen kommen, packen sie sie und wollen sie auf den Sitzen durchziehen. Das habe ich schon einmal erlebt. Bei einer südamerikanischen Delegation. Die hatten Galia Jakowlewna schon die Hose ausgezogen, da griffen wir ein. Siebentausend Meter hoch waren wir und haben mit sechs Mann eine Schlacht geschlagen gegen die besoffene Bande. Als wir dann in Irkutsk landeten, holten drei Krankenwagen die Verletzten ab. Ich hätte sie alle erschlagen können!« Der Flugkapitän, ein noch junger, sportlicher Mann, zeigte mit dem Daumen zu dem Fahrgastraum. Die Kubaner sangen Revolutionslieder. »Auf die werden wir mit Schraubenschlüsseln einschlagen müssen!«
Er seufzte, schob sich den Kopfhörer wieder über und meldete dem Tower, daß die Freunde der Sowjetunion aus Kuba in Irkutsk wahrscheinlich liegend ausgeladen werden müßten. Die beiden Stewardessen kamen ins Cockpit und lehnten sich, vor Erregung bebend, an die Wand.
»Wir gehen nicht wieder raus!« sagte eine von ihnen. »Die reißen uns die Kleider vom Leib! Fjodor Anatolowitsch, fliegen Sie nicht ab! Verlangen Sie, daß man die Kerle aus der Maschine holt.«
»Es sind Staatsgäste!« brüllte der Kapitän.
»Aber mein Unterleib ist kein Staatseigentum!« schrie die Stewardeß zurück. »Wir gehen nicht mehr hinaus!«
»Überlassen Sie das mir«, sagte Shukow ruhig. »Genosse Ingenieur, machen Sie mit?«
»Mit Vergnügen.« Der Bordingenieur, ein Mann in den mittleren Jahren, grinste breit. »Wie denken Sie sich
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