Das Dorf der Katzen
Glücksspiele mit teils immensen Einsätzen stattfanden.
Er setzte sich an einen freien Platz eines Pokertisches, wo außer zwei ihm bekannten Spielern, die er grüßte, noch ein dritter, hochgewachsener Mann saß, den Idn-ed-feni hier noch nie gesehen hatte. Er grüßte auch diesen, erntete aber nur einen kurzen Blick aus dunklen Augen und ein schwaches Kopfnicken.
„Komischer Kauz,“ dachte er sich und wandte sich dann dem Spiel zu.
Erfreut bemerkte er, dass an diesem Abend und an diesem Tisch mit vollem Risiko und um sehr hohe Beträge gespielt wurde. Das versprach, kurzweilig zu werden.
Gut gelaunt bestellte er sich einen Drink und nahm die Karten auf, die ihm zugeteilt wurden.
Vier Stunden später war es sehr still in dem Raum geworden.
Die beiden anderen waren schon vor einiger Zeit ausgestiegen und Idn-ed-feni und der Unbekannte spielten nun direkt gegeneinander. Alle im Raum hatten sich um den Tisch geschart und sahen stumm zu, wie Idn-ed-feni sich um Kopf und Kragen zockte.
Längst ging es für ihn nicht mehr um Unterhaltung und Zerstreuung. Dieses Spiel hatte irgendwann begonnen, existenziell zu werden. Er konnte nicht mehr aufhören, die Einsätze wurden immer höher und erreichte irrwitzige Dimensionen.
Schließlich hatte Idn-ed-feni alles verloren. Der Unbekannte hatte stets das bessere Blatt gehabt. Falschspiel schied aus, sie ließen sich vom Clubbesitzer persönlich die Karten mischen und geben.
Als der Unbekannte den letzten Pot einstrich, in dem alles war, was Idn-ed-feni hatte setzen können und noch sein Erbe oben drauf, wusste dieser, dass er sein Leben ruiniert hatte.
Er sah dem Unbekannten mit irrem Blick ins Gesicht und bat ihn: „Gib mir noch eine Chance!“
„Du hast nichts mehr, was du noch setzen könntest“, hatte der Unbekannte ruhig gesagt. „Es gibt keine Chance mehr.“ Mit diesen Worten wollte er aufstehen.
Der verzweifelte Schrei Idn-ed-fenis hielt ihn zurück. „Ich setze mich! Verliere ich, gehöre ich dir. Gewinne ich, bekomme ich alles zurück, was bisher im Pot war.“
Der Mann wandte sich an die Umstehenden. „Ihr habt es gehört“, sagte er.
Dann nickte er dem Clubbesitzer zu, noch einmal zu mischen und zu geben.
Idn-ed-feni triumphierte innerlich, er hatte ein Full House. Drei Könige, zwei Damen!
Der Mann sah ihn über den Rand seines Kartenfächers an. „Du kannst es dir noch einmal überlegen“, sagte er.
Idn-ed-fenis Augen hatten einen fiebrigen Glanz. „Nein!“, stieß er hervor. „Ich will sehen!“
Mit zitternder Hand breitete er sein mächtiges Blatt auf dem Tisch aus.
Wortlos legte daraufhin der Mann seine Karten hin. Ein Aufstöhnen ging durch den Raum: ein Assen-Vierling! Idn-ed-feni hatte wieder verloren.
Der Mann erhob sich. „Komm!“, befahl er.
Idn-ed-feni stand wortlos auf und taumelte hinter dem Mann her in Richtung Türe. Die Umstehenden machten Platz. Idn-ed-feni drehte sich unter der Tür noch einmal um und blickte verzweifelt in die Runde. „Sagt meinem Vater, dass ich für alles büßen werde“, murmelte er tonlos.
„Komm“, war noch einmal der Befehl von draußen zu hören. Er musste ihm folgen.
Draußen blieb der Mann plötzlich stehen und drehte sich zu Idn-ed-feni um.
„Wenn du Macht über andere Menschen haben willst und wenn du dir vorstellen kannst, einer Göttin zu dienen bis an dein Lebensende, dann komm mit mir, ohne zu fragen und ohne dich umzudrehen!“
Was blieb Idn-ed-feni übrig? Kurz danach war er an der Seite des Unbekannten aus Alexandria verschwunden, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Das war vor sechs Jahren gewesen. Er hatte es nicht bereut. Er hatte Macht erhalten. Nur einer hatte noch mehr Macht. Es war der Unbekannte, der sich N’gahar nannte. Der Meister.
ΦΦ ΦΦ
Im Versammlungssaal von Choriogatos, tief unter der Erde, holte Ioannis weit aus und begann mit einem kleinen Abriss der altägyptischen Mythologie. Er sprach von der Göttin Bastet, welche anfangs als Göttin des Lebens, der Fruchtbarkeit, des Tanzes, der Freude und der Sanftmut, aber auch als Göttin des Zorns, des Streits und des Kampfes, gepaart wiederum mit Heilkunst, verehrt wurde.
Bastet trug somit zwei Wesen in sich, wäre also nach heutigen Maßstäben so etwas wie eine schizophrene Göttin gewesen. Ihre Anhänger erkannten das irgendwann, und es spaltete sich im Laufe der Zeit der eher aggressive Teil Bastets in einer eigenen Personifizierung ab, und zwar in Form der Göttin Sachmet.
Bastet war
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