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Das Dorf der Mörder

Das Dorf der Mörder

Titel: Das Dorf der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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Priester hat sie ihr gebracht. Die lassen ja nichts unversucht.«
    »Das kann kein Zufall sein. Woher wusste er, dass es ihre Schutzheilige war?«
    »Bei einem Verhältnis von eins zu vierzehn hat er vielleicht einfach nur gut geraten.«
    Jeremy zuckte mit den Schultern. Die Antwort stellte ihn nicht zufrieden, aber er hatte selbst auch keine bessere.
    »Betest du manchmal?«, fragte er.
    »Ja.« Die nächste Ampel tauchte in weiter Ferne auf. Cara schaltete einen Gang herunter. »Ich glaube, das tun wir alle. Wenn es eng wird und keiner da ist, dann brauchen wir etwas, dem wir unsere Verzweiflung an den Kopf werfen können. Aber ich mache keine Exerzitien mit Rosenkränzen, wenn du das meinst. Ich bin da flexibel. Ich fluche, ich bete, ich schreie herum – mein Gott hat es nicht leicht mit mir.«
    Sie bremste und hielt an. Dann schenkte sie ihm ein zärtliches Lächeln.
    »Du auch nicht.«
    Sie küssten sich, bis es grün wurde.
    Es war ein wamer Vormittag im Sommer, und alles fühlte sich richtig an.
    Sie fuhren durch den Fläming, eine weite, flache, von Misch- und Kiefernwäldern durchzogene Landschaft. Die Kirch türme der Dörfer waren weithin zu sehen. Ziegelsteinbauten und Fachwerkhäuser standen am Rand der Hauptstraßen. An Jüterbog faszinierte ihn die Klosterarchitektur und der mittelalterliche, tausendjährige Stadtkern. Dennoch waren deutlich die Spuren von Vernachlässigung und Landflucht zu bemerken. Die Dörfer und Weiler, durch die sie jetzt fuhren, lagen wie ausgestorben in der Mittagssonne. Cara verlangsamte das Tempo. Sie musste die eine oder andere Stelle wiedererkennen. Mitten auf einer Kreuzung in Richtung Baruth, auf dem Weg zum Urstromtal und der Luckenwalder Heide, hielt sie den Wagen an. Das war nicht gefährlich, weil weit und breit kein anderes Fahrzeug die Straßen befuhr.
    »Meine Schule«, sagte sie und deutete auf ein zerfallenes Gebäude, das einmal ein typisch märkisches Verwaltungsgebäude aus wilhelminischer Zeit gewesen sein musste. Die Fensterhöhlen gähnten leer, an manchen Stellen waren noch Reste der eingeschlagenen Scheiben zu sehen. Der Putz blätterte vom spitzen Giebel des Eingangs, den jemand vor langer Zeit ausgerechnet mit grellgelber Farbe verunziert hatte.
    »Hübsch«, sagte Jeremy.
    »Na ja.«
    Sie gab Gas und fuhr weiter. Mehrere Kilometer lang ereignete sich gar nichts. Die Äcker lagen wie riesige Handtücher ausgebreitet auf sanften Hügeln. Hier und da weideten Kühe. Weit oben am Himmel traf sich ein Schwarm Schwalben. Am Horizont drehten sich Windräder. Sie überquerten ein ausgetrocknetes Flussbett.
    »Die Wende«, sagte sie. »Willkommen in der Steinzeit.«
    Sie lachte. Es klang nervös. Ein bisschen so, als würde sie sich sogar für den versiegten Fluss genieren.
    »Die Wende?«, fragte er.
    »Ja. Sie ist ein Zufluss der Nuthe. Zumindest solange sie Wasser trägt. Daher der Name Wendisch Bruch. Wendisch hat also nichts mit den Elbslawen zu tun. Bruch kommt aus dem Mittelhochdeutschen von Bruoch, das heißt Sumpf, Morast, Moor. Nach der Wende … also nach neunundachtzig hieß es, alles, was auf unserer Seite ist, ist vor der Wende, alles, was auf der anderen, Richtung Jüterbog liegt, ist nach der Wende. Vor der Steinzeit, nach der Steinzeit. Kapiert?«
    »Ja«, antwortete er. Brandenburg. Merkwürdiger Humor.
    »Schöne Gegend«, setzte er hinzu, um überhaupt etwas zu sagen und weil man bei so viel Grün und Einsamkeit mit diesen Worten nicht viel verkehrt machen konnte.
    »Na ja.«
    Endlich tauchte ein Ortsschild auf. Jemand musste vor langer Zeit einmal dagegengefahren sein, es war immer noch schief nach hinten gedrückt. An den Knicken rostete es. Bevor sie es erreichten, ließ Cara den Wagen am Straßenrand ausrollen und stieg aus. Sie ging zur Fahrbahnmitte, blieb stehen und stemmte beide Hände in die Hüften, als wolle sie eine Baustelle besichtigen und die Arbeit abschätzen, die auf sie zukam. Jeremy folgte ihr.
    Zur Linken lagen, hinter löchrigen, baufälligen Mauern, die grauen Baracken eines ehemaligen Bauernhofs. Die Straße führte weiter in den Ort. Buckliges Kopfsteinpflaster, gesäumt von einer Allee alter, knorriger Bäume. Er konnte einige Häuser erkennen, die in keinem guten Zustand waren. Das war er also, der Morast der Wende. Der Ort von Caras Kindheit.
    »Wie geht es dir?«, fragte er. »Und sag jetzt bitte nicht na ja.«
    »Na ja.«
    Sie nahm die Sonnenbrille ab und schob sie sich ins Haar. Sie erinnerte ihn in Haltung

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