Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Dorf der Mörder

Das Dorf der Mörder

Titel: Das Dorf der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
Vom Netzwerk:
holte ein Brecheisen aus dem Kofferraum.
    Gehring schluckte jeden weiteren Kommentar hinunter.
    »Nehmen Sie eine Taschenlampe mit.«
    Er ging voraus, die beiden Beamten folgten ihm bereitwillig. Als sie den hinteren Teil des Stalles erreichten, deutete Gehring auf die Holzbretter.
    »Ein alter Schweinestall«, sagte Prahm und sah sich neugierig um, bevor er mit seiner Taschenlampe Gehrings ausgestreckter Hand folgte. »Und was soll da drin sein?«
    »Hier ist ein Hohlraum«, erklärte Gehring mit einer für seine Begriffe unendlichen Geduld. Er trat auf die Holzbohlen. »Vielleicht ist sie da drin.«
    »Da muss ich Sie enttäuschen, Meister. Ich kenne diese Ställe. Ich bin auf dem Land groß geworden. Das ist eine alte Abferkelbucht. Sehen Sie die Löcher? Da steckten die Pfosten drin.«
    »Was ist unter den Bohlen?«
    »Das Sammelbecken für die Gülle. Eigentlich ist die Abdeckung des Spaltbodens aus perforiertem Metall, damit alles gut ablaufen kann. Es wundert mich, dass man Holz genommen hat. Ich sehe auch keine Kotklappen. Muss ein armer Schlucker gewesen sein. Von moderner Tierhaltung keine Ahnung.«
    »Wir müssen die Bretter entfernen.«
    »Aber … Ja, klar.«
    Sein Kollege setzte das Brecheisen an. Gehring und Prahm kamen zu Hilfe, als das erste Brett sich anhob. Das morsche Holz brach. Unter Flüchen und gewaltigen Anstrengungen gelang es ihnen, ein Stück von der Länge eines halben Meters aufzuhebeln. Hastig nahm Gehring die Taschenlampe und leuchtete in das dunkle Loch.
    Es war keine halbe Armlänge tief. Der Geruch, der ihm entgegenschlug, raubte ihm fast den Atem. Wütend richtete er die Lampe auf die gesamte Holzkonstruktion und erkannte, dass sie seit ihrem Einbau nicht verändert worden war. Trotzdem gab er den beiden ein Zeichen weiterzuarbeiten.
    Nach einer Viertelstunde hatten sie ein Loch von einem Meter Durchmesser freigelegt. Gehring stocherte mit dem Brecheisen in den getrockneten Exkrementen herum, wissend, dass er in den Augen der beiden Beamten, die, wie sie betonten, nur wegen der »netten Frau Schwab« ihre ruhige Wochenendschicht geopfert hatten, gerade sämtliche Autorität verspielte.
    »Sie muss hier sein!«
    »Herr Kriminalhauptkommissar, hier ist nichts.« Prahm wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Es ist viel zu flach. Man kann keinen Menschen in so einem schmalen Abflussbett verschwinden lassen.«
    »Wo läuft die ganze Scheiße denn hin?«
    Prahm nestelte umständlich ein zerdrücktes Zigarettenpäckchen aus seiner Hemdtasche und zündete sich hinter vorgehaltener Hand eine an.
    »Hier ist das Wasserloch fürs Spülen«, sagte er und klopfte dann mit dem Feuerzeug auf eine längliche Rinne, die in den Betonboden eingelassen war und auf das Güllebecken zulief. »Also nehme ich mal an, dass der Ablauf dahinten in der Ecke ist.«
    »Und wohin läuft es ab?«
    »Wahrscheinlich in eine Sickergrube hinterm Stall.«
    Gehring stand auf und klopfte sich den Dreck von den Händen. »Kommen Sie mit, und zeigen Sie sie mir.«
    Die beiden Beamten folgten ihm schweigend. Ihm entging nicht der vielsagende Blick, den sie wechselten. Sie verließen den Stall, Prahm übernahm die Führung, wandte sich nach links und ging um das Gebäude herum. Zwischen der hinteren Stallwand und der Mauer, die das ganze Grundstück umgab, lag ein zwei Meter breiter Streifen Brachland.
    »Da ist keine Grube«, sagte Gehring enttäuscht. Sein Blick wanderte über wucherndes Unkraut, über Reste von halb verrotteten Plastiktüten und das verdreckte Gespinst von Pappelwolle, das in den dürren Ästen hing.
    »Da muss aber eine gewesen sein.« Prahm kratzte sich am Hinterkopf. Die Mütze hatte er noch im Stall abgesetzt. »Wahrscheinlich ist sie als Müllkippe benutzt und zugeschüttet worden.«
    Gehring balancierte über Geröll und heruntergefallene Putzbrocken zu der Stelle, die Prahm ihm beschrieben hatte. Er ging in die Hocke und ließ eine Handvoll staubtrockene Erde durch die Finger rieseln. Er grub tiefer, aber das einzige Resultat waren Scherben von zerbrochenen Bierflaschen und Steine.
    »Was suchen Sie denn genau?«
    Gehring stand auf. Er merkte erst jetzt, wie müde er war. Er hatte das Gefühl, dass all seine Bemühungen im märkischen Sand stecken blieben.
    »Meine Kollegin. Das hatte ich bereits erwähnt.« Er ging an den beiden vorbei, zurück zu dem Streifenwagen, bemüht, ihnen nicht in die Gesichter zu sehen, damit sie seine Enttäuschung nicht bemerkten. Er stellte sich vor, wie wenig

Weitere Kostenlose Bücher