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Das Dorf der Mörder

Das Dorf der Mörder

Titel: Das Dorf der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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Groll hegte er gegen Charlies Schwester? Warum verteilte er seine Grobheiten ausgesprochen überlegt?
    Sie hatten die Straße nach Baruth wenige hundert Meter hinter dem Ortsausgang verlassen und einen Feldweg auf einen Hügel eingeschlagen. Von ferne mochten sie vielleicht aussehen wie drei harmlose Spaziergänger. Aus der Nähe hätte man erkennen können, dass den beiden, die vorangingen, die Hände auf dem Rücken gefesselt waren und der dritte einen Stock in der Hand trug. Aber es war niemand in der Nähe. Als sie den Hügel überschritten hatten, breiteten sich nur noch Äcker, Wiesen und Wälder vor ihnen aus. Einige Kilometer weiter glaubte Jeremy im Dunst einen Kirchturm zu erkennen.
    Inzwischen gab es auch keinen Weg mehr. Marten trieb sie über die Furchen, die die Trecker zwischen den Äckern gezogen hatten. Das Reifenprofil hatte sich tief in den trockenen Staub gegraben, es zerbröselte beim Darübergehen. Obwohl es früher Abend war, ließ die drückende Hitze nicht nach. Fast schien es so, als würden die dunklen Wolken am Horizont sie vor sich herschieben. Cara stolperte über eine Wurzel, taumelte, konnte mit den gefesselten Händen das Gleichgewicht nicht mehr halten und fiel auf die Knie.
    »Ich kann nicht mehr«, stammelte sie. Tränen rannen ihr über die Wangen. Marten stieß Jeremy zur Seite und packte sie grob am Arm.
    »Wir sind bald da.«
    »Wohin gehen wir denn? Hier ist doch weit und breit nichts. Lass uns einfach hier liegen, und hau ab. Wenn du wirklich Charlies Freund warst, verpfeif ich dich auch nicht.«
    Er zog sie hoch und gab ihr einen Stoß in den Rücken, der sie beinahe wieder zu Fall gebracht hätte.
    »He!«, rief Jeremy. »Lassen Sie sie!«
    Marten achtete gar nicht auf ihn. Er schien nur auf die Gelegenheit gewartet zu haben, Cara zu drangsalieren.
    »Es interessiert mich nicht, was du vorhast, Cara. Es ist unwichtig, genau wie du. Kapierst du das endlich? Nein?«
    Er gab ihr einen Schlag auf den Hinterkopf. Cara brach zusammen. Jeremy holte mit seinem rechten Bein aus und trat Marten mit voller Wucht in den Rücken, der daraufhin über Caras Beine stolperte. Sie schrie auf vor Schmerz. Jeremy trat wieder zu. Er reagierte instinktiv, ohne darüber nachzudenken, dass sie mit gefesselten Händen in einer aussichtslosen Situation waren. Aber vielleicht verlieh ihm gerade das ungeahnte Kräfte. Marten, vornübergebeugt auf allen vieren, wollte wieder auf die Beine kommen. Jeremy trat ihm in die Seite. Mit einem Stöhnen klappte der Mann zusammen. Cara strampelte wie verrückt, um ihre Beine freizubekommen. Jeremy wollte sich auf ihn stürzen, als ein brennender Schmerz durch seine Knie zuckte. So bestialisch, so weißglühend, wie er es noch nie empfunden hatte. Im Stürzen sah er, wie Marten erneut mit seinem Stock ausholte. Der nächste Schlag traf seinen Rücken.
    »Nein!«, schrie Cara. »Hör auf! Du bringst ihn um! Was hat er dir denn getan?«
    Schwer atmend kam Marten wieder auf die Beine.
    »Steht auf. Alle beide. Versucht das nie wieder.«
    Jeremy hatte das Gefühl, seine Kniescheiben wären zu Brei zerschlagen. Er wälzte sich, von Schmerzen gekrümmt, im Staub.
    »Ich … ich kann nicht«, stöhnte er.
    Marten riss Cara hoch. »Dann gehe ich mit ihr allein weiter, und du wirst nie erfahren, was ich mit ihr und all den anderen gemacht habe.«
    »Welche anderen?« Jeremy fühlte seinen Körper nur noch in einer einzigen Woge aus Schmerz.
    »Ich rede von denen, die ich für Charlie in die Hölle geschickt habe.«
    »Ich … ich verstehe Sie nicht.«
    Jeremy spuckte Blut und kleine Steine. Sie waren weißer als der Staub, in dem er lag, und er ertastete mit der Zunge eine Lücke, wo einmal sein Vorderzahn gewesen war.
    »Das verlange ich auch gar nicht. Vielleicht lasse ich dich einfach hier liegen und verrotten. Aber Cara nehme ich mit. Sie soll endlich aufhören mit diesem Kleinmädchengetue, diesem Cinderellageplappere. Sie soll kapieren, was passiert ist, und endlich verstehen. Genau wie die anderen. Kapieren, verstehen, bereuen.«
    »Marten, Marten!«, schrie Cara. »Ich weiß nicht, was du meinst! Was ist denn los mit dir? Ich hab dir doch nie etwas getan!«
    »Ja, Unschuldsengel. So war das immer. Daumen in den Mund und große Augen machen. Das ist deine Spezialität.«
    Jeremy versuchte mühsam, sich aufzusetzen. Er wusste, dass er keine Chance gegen Marten hatte. Er würde sie nie gehen lassen.
    »Was werfen Sie Cara eigentlich vor?«, fragte er. Seine Zunge

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