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Das Dorf der Mörder

Das Dorf der Mörder

Titel: Das Dorf der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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stieß an die Zahnlücke. Er versuchte, so deutlich wie möglich zu sprechen. »Sie hat als Kind ihre Mutter verloren und als Teenager ihren Vater. Und jetzt auch noch Charlie. Ich ahne, was sich auf dem Hof abgespielt hat. Aber Cara war zu klein, um das zu verstehen.«
    »Cara«, stieß Marten hervor und zeigte mit ausgestrecktem Finger auf seine Angeklagte, »Cara war immer zu klein. Charlie hätte sich vielleicht noch retten können, aber sie ist geblieben. So lange, bis ihre kleine Schwester alt genug war, um nicht mehr ins Heim zu kommen. Charlie hat das alles nur ausgehalten, um Cara zu schützen. Selbst als sie nicht mehr konnte und sie sich jedes Mal, wenn sie zum Stall gegangen ist, hinterher aufhängen wollte. Und unsere süße kleine Cara macht was?«
    Er trat auf sie zu und holte aus. Sie zuckte zusammen, aber er stoppte seine Bewegung und ließ die Hand sinken.
    »Sie hasst ihre Schwester.«
    »Das ist nicht wahr!«
    »Doch. Du hast sie kein einziges Mal besucht. Noch nicht mal im Knast. Du hast jeden Kontakt mit ihr abgebrochen. Du wolltest sie nicht mehr sehen.«
    »Ich habe ihr das Leben gerettet! Immer wieder!«
    »Und sie anschließend dafür verachtet.«
    »Aber das …« Cara schüttelte den Kopf. Tränen rannen über ihre schmutzigen Wangen und hinterließen dunkle Spuren auf ihrer staubverkrusteten Haut. »… das war kein Hass. Das war ein Schutz. Sie war doch die Einzige, die ich hatte. Es hat mich so wütend gemacht, so unfassbar wütend, wenn sie es wieder versucht hat. Und wieder und wieder. Es war kaum noch zum Aushalten. Sie hat nicht mit mir geredet, kein einziges Mal.«
    Jeremy gelang es, auf die Beine zu kommen. Er versuchte, den stechenden Schmerz in seinen Knien und Rippen wegzuatmen, merkte aber nur, dass ihm noch schwindliger wurde.
    »Ich glaube, Sie haben sich da in etwas verrannt«, sagte er.
    »Halt dich raus!«, brüllte Marten.
    »Das kann ich nicht. Verstehen Sie doch, dass Sie Charlie nie so gut gekannt haben, wie Sie glaubten. Die beiden Schwestern hat mehr miteinander verbunden. Viel mehr. Cara hat die Vergangenheit verdrängt. Charlie nicht. Und wenn Charlie ihre kleine Schwester schützen wollte, wer sind Sie, dass Sie diesen Wunsch nicht akzeptieren?«
    »Ich bin vielleicht der Einzige, der wirklich alles weiß. Mehr als das. Der Einzige der etwas getan hat!«
    »Wusste Charlie das?«
    Marten, noch immer in der achtsamen Haltung eines Menschen, der sich gegen Angriffe von allen Seiten absichern muss, hob den Stock.
    »Ja.«
    »Was?«, entfuhr es Cara. »Was wusste Sie?«
    »Es begann kurz vor deinem fünfzehnten Geburtstag. Weißt du noch? Charlie hat mir das Zeug besorgt und die Dosis aufgeschrieben. Sie wusste nicht, wofür ich es brauche. Aber sie konnte eins und eins zusammenzählen. Sie hatte nämlich Augen im Kopf. Sie hat mitbekommen, wie einer nach dem anderen von der Bildfläche verschwunden ist. Wir haben nie darüber geredet. Aber sie wusste es.«
    »Was wusste sie? Welche anderen?«
    »All die Männer, die nachts auf euren Hof gekommen sind. Erst war deine Mutter dran, und dann, als sie sie fast totgefickt hatten, sollte Charlie an die Reihe kommen.«
    Caras Unterlippe begann zu zittern. Ihr ganzer Körper bebte.
    »Und das hast du gewusst?«, fragte sie mit tränenerstickter Stimme.
    »Alle wussten es.« Marten stieß wütend die Spitze des Stocks in die Erde. Wieder und wieder. »Alle haben mitgemacht. Auch mein Vater. Als meine Mutter es nicht mehr ausgehalten hat, hat er sie krankenhausreif geprügelt. So ist das in Wendisch Bruch. Und so wäre es weitergegangen, wenn wir die Sache nicht auf unsere Weise gestoppt hätten.«
    Jeremy stellte sich neben Cara. »Und was war Ihre Weise? Einen nach dem anderen zu töten?«
    »Ja«, sagte Marten. Einfach nur schlicht und ergreifend: Ja.
    »Sie hätten zur Polizei gehen müssen. Die Sache anzeigen.«
    »Das habe ich getan. Mehrmals, anonym. Sie kündigten sich vorher an, kamen, sahen sich den Hof an, die beiden sauber geschrubbten Mädchen, die stumme Mutter, den wütenden, zu Unrecht verdächtigten Vater und zogen wieder ab.«
    »Aber«, setzte Jeremy an, der alles vermeiden wollte, was sich nach einem Vorwurf anhören konnte, »warum haben Sie dann zum Äußersten gegriffen? Ich verstehe, dass Sie Charlie vor den Männern schützen wollten. Hätten Sie nicht einfach auf und davon gehen können? Wäre das nicht besser gewesen, als so viel Schuld auf sich zu laden?«
    »Das wollte ich ja!«, schrie Marten. Er

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