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Das Dorf in der Marsch

Das Dorf in der Marsch

Titel: Das Dorf in der Marsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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rundherum das Land auf. Man könnte meinen, dem gehört mittlerweile halb Eiderstedt. Und was er nicht gekauft bekommt, das pachtet er. Dabei sticht er uns aus.«
    Â»Auch Biesterfeldt?« Christoph erinnerte sich, dass Reimers’ Berufskollege Ähnliches berichtet hatte.
    Â»Der ist zwar stets griesgrämig, aber mit Leib und Seele Bauer. Biesterfeldt hat noch weniger Land als wir. Deshalb war er auf Wittes Flächen angewiesen. Die sind nun weg. Der kommt kaum noch über die Runden.«
    Â»Sie wollten noch erzählen, weshalb von Dirschau das Land pachtet«, erinnerte ihn Christoph.
    Â»Da baut er Mais an. Das ist ertragreicher als Ackerbau oder Weideland. Die werden alle noch sehen, wohin das führt, wenn wir mit grünem Benzin Auto fahren und in der warmen Stube sitzen, aber nichts mehr zum Beißen haben«, schimpfte er aufgebracht.
    Â»Sie erzeugen doch auch Energie, haben eine Biogasanlage und Solarzellen auf dem Dach«, sagte Christoph und fragte nach, wer »die« seien.
    Â»Das ist doch etwas ganz anderes«, erklärte Reimers. »Und ›die‹ … Das sind die Politiker aus Berlin oder Kiel, aber auch die Spekulanten. Weiche oder wachse, lautet die Devise.«
    Â»Nichts anderes macht von Dirschau«, wandte Große Jäger ein.
    Â»Der handelt aber nicht mit Augenmaß. Das ist nackter Kapitalismus ohne jede Verantwortung. Die für Eiderstedt typische Milchviehhaltung kommt dabei unter die Räder. Die Spekulanten versauen alles. Die Preise, die Zukunft der Landwirtschaft und damit auch der Markt für Lebensmittel gehen vor die Hunde. Was wird noch alles von den Bauern erwartet? Ökologischer Landbau, Natur- und Tierschutz, geringe Preise und das alles bei ständig steigenden Kosten für Land, Energie und Ähnliches. Die Quadratur des Kreises. Wie soll das gehen?«
    Â»Das hast du schon erzählt«, mischte sich Karen Brunke ein, der die Erregung ihres Partners auch nicht verborgen geblieben war.
    Â»Das kann man gar nicht oft genug wiederholen.« Reimers war laut geworden.
    Â»Ich entnehme Ihren Worten, dass Sie nicht gut auf Witte zu sprechen waren«, sagte Christoph.
    Â»Der würde mir liebend gern etwas ans Zeug flicken, weil ich vehement die Interessen der Landwirtschaft vertrete. Ohne uns würden alle verhungern. Und die Energiewende käme auch nur stockend voran. Die Leute wollen preisgünstige Lebensmittel, billige Energie und eine ökologisch saubere Landschaft. Idealerweise alles bio. Wie soll das gehen? Mir hat das noch niemand erklären können.«
    Karen Brunke hakte sich bei Reimers unter.
    Â»Merkst du nicht, dass du ständig dasselbe sagst? Das haben die Herren jetzt begriffen.«
    Â»Immerhin habe ich herausgehört, dass Sie Witte dafür verantwortlich machen, dass es bei Ihnen einen Einbruch in der Entwicklung Ihres Betriebes gegeben hat«, sagte Christoph.
    Rechtsanwalt Sobbe-Lenkering zog eine Augenbraue in die Höhe und machte einen halben Schritt vorwärts.
    Â»Bevor Sie jetzt falsche Schlussfolgerungen ziehen, sollten wir das Gespräch an dieser Stelle beenden. Mein Mandant hat lediglich ganz allgemein etwas zur Situation der Landwirtschaft gesagt, ohne dabei auf Herrn Witte Bezug zu nehmen, schon gar nicht, Herrn Witte die Schuld dafür zuzuweisen, dass Herr Reimers derzeit weniger Fläche zu bewirtschaften hat. Was Sie gehört haben, betraf nur die generelle Lage der Bauern auf Eiderstedt. Wir möchten noch einmal ausdrücklich unterstreichen, dass es keine Ressentiments gegen Herrn Witte gibt oder gab, geschweige denn Auseinandersetzungen. Meine Herren.« Er nickte zuerst Christoph, dann Große Jäger zu. »Das Gespräch ist beendet.« Dann packte er Reimers am Ärmel und zog ihn fort.
    Â»Warum hatte der Anwalt es plötzlich so eilig, sich einzumischen«, überlegte Große Jäger laut, als sie zum Fahrzeug zurückkehrten. »Reimers war gerade dabei, in Rage zu geraten. Er schien keine hohe Meinung von Witte gehabt zu haben. Der Bürgermeister hatte ihm kräftig in die Suppe gespuckt. Wir wissen immer noch nicht, ob Witte wirklich im Fermenter gelandet ist. Wenn der Elektriker nicht wie ein kleines Kind den Finger, den wir gefunden haben, in die Steckdose gesteckt hat, dürfte es schwierig werden, hier einen Nachweis zu führen. Nur der Finger …? Da fehlen noch ein paar Teile.«
    Christoph warf Große

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