Das Dorf in der Marsch
Grundstück. Er hatte den dunkelblauen Mercedes Kombi entdeckt und hielt neben dem Fahrzeug.
»Moin«, grüÃte er den Mann in der Edeljeans, dem Sporthemd, dem gelbem Pullover und dem leichten Blouson.
Dr. Hinrichsen sah kurz auf und erwiderte den GruÃ.
»Ah, der Doc «, sagte GroÃe Jäger.
Dr. Hinrichsen praktizierte in Husums Schlossgang. Der Allgemeinmediziner half der Polizei als Rechtsmediziner vor Ort, damit man nicht bei jedem Todesfall die Kieler anfordern musste. In der Praxis des Arztes hatte Christoph seine Frau kennengelernt, die dort als Arzthelferin tätig war.
Dr. Hinrichsen beugte sich wieder über das Opfer, besah sich die Hände und das zertrümmerte Gesicht.
»Da hat jemand kräftig zugeschlagen«, sagte er kopfschüttelnd.
»Wann ist der Tod eingetreten?«, wollte GroÃe Jäger wissen.
»Am Dienstag um elf Uhr vierunddreiÃig. Vielleicht auch eine halbe Minute später.«
»Uns würde es reichen, wenn Sie eine ungefähre Zeitangabe machen könnten. So genau muss es nicht sein.«
Dr. Hinrichsen sah den Oberkommissar an.
»Mein Butler schleppt noch die komplette Laborausstattung nach Everschopkoog. Ich kann nur exakt feststellen, dass der Mann tot ist.«
»Das hätte ich auch mit ein paar Semestern Medizin weniger feststellen können«, knurrte GroÃe Jäger.
»Dann sehen Sie es ja selbst.«
»Multiple Traumata«, stellte GroÃe Jäger fest.
»Oh«, stöhnte Dr. Hinrichsen auf. »Das ist mehr als doppelt gemoppelt. Der Begriff âºTraumaâ¹ umfasst das gesamte Verletzungsgeschehen. Wenn Sie sich in den Finger schneiden, ist das allerdings kein Trauma, sondern eine Läsion.«
»Ich habe nicht so viele Jahre Latein gehabt wie Sie«, erklärte der Oberkommissar.
»Trauma ist nicht lateinisch, sondern altgriechisch«, belehrte ihn Dr. Hinrichsen.
»Die Griechen liegen mir noch weniger.«
Der Arzt zeigte auf das Gesicht des Opfers. »Da hat jemand mit einem stabilen Gegenstand auf ihn eingeschlagen. Der Täter muss ein wenig gröÃer gewesen sein, da die Schläge oberhalb der Stirn trafen. Die Sutura frontalis , das ist der vordere obere Teil des Neurocraniums , also des Hirnschädels, ist regelrecht zertrümmert worden. Wie viele Schläge es waren, kann ich nicht sagen. Der Lobus frontalis ist dabei â¦Â«
»Danke, das reicht«, unterbrach GroÃe Jäger. »Es soll keine medizinische Vorlesung werden.«
»Könnte man, nur als Vermutung, annehmen, dass der Täter wie wild auf das Opfer eingeschlagen hat?«, fragte Christoph. »Ihre Bestätigung â MutmaÃung «, korrigierte er sofort, »wäre hilfreich. Wir könnten dann davon ausgehen, dass der Täter im Zustand hochgradiger Erregung getötet hat. Das war nicht geplant und vorbereitet.«
»Nach kaltblütiger Planung sieht es nicht aus«, bestätigte Dr. Hinrichsen. »Die genaue Todesursache kann ich Ihnen aber nicht nennen. Dazu muss sich die Rechtsmedizin äuÃern, wenn sie ihn hier seziert haben.«
Das verstand Christoph. Er zeigte dem Arzt das Bild Böhners auf dem Smartphone.
»Mit ein wenig Phantasie und unverbindlich ⦠Könnte das unser Opfer sein?«
Dr. Hinrichsen betrachtete abwechselnd das Bild und den Toten.
»Mit groÃer Wahrscheinlichkeit würde ich das bejahen. Charakteristisch ist die an der Spitze leicht nach oben gebogene Nase. Auch die Nasenflügel weisen Ãhnlichkeiten auf. Sie sind breit.«
»Wie Nüstern«, warf GroÃe Jäger ein.
»Würde das Schönheitsideal der Westküste erklären«, gab Dr. Hinrichsen mit Blick auf GroÃe Jägers Nase zur Antwort.
Es war eine weitere Bestätigung der Vermutung, dass Ludwig Böhner vor ihnen lag. Endgültige Gewissheit würde erst die DNA ergeben.
»Wir haben noch eine weitere ungewöhnliche Bitte«, sagte Christoph. »Können wir prüfen, ob das Opfer im Bereich des GesäÃes früher einmal mit Schrot beschossen wurde?«
Dr. Hinrichsen sah Christoph erstaunt an. Erst als ihm erklärt wurde, dass der Bauer Biesterfeldt sich rühmte, auf Böhner geschossen zu haben, verstand er die Bitte.
»Ich möchte wenig verändern, sonst wirkt sich das negativ auf die Spurenlage aus.« Mit spitzen Fingern versuchte der Arzt, dem bäuchlings
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