Das Dorn-Projekt: Der frühe Homanx-Zyklus, Bd. 3
alle sichtbar darlegt.« Der ungemein von sich überzeugte Männliche vollführte eine Handbewegung, die Fanielle nicht kannte, aber sie genügte, um Haflunormet ein Stück zurückweichen zu lassen.
»Wenn Sie sich weigern, wird man Ihnen nachweisen, dass Sie die Wahrheit durch Unterlassung zu unterdrücken versucht haben. Ihre Karriere wäre ruiniert, und man wird sie nur noch für das Sammeln und Auswerten einfacher Informationen einsetzen. Ihre Familie und Ihr Clan werden an Ansehen verlieren, und Ihre Schande wird beträchtlich sein! Wir bieten Ihnen die Gelegenheit, all das zu vermeiden. Indem wir Ihnen gestatten, Ihre Entdeckung selbst bekannt zu machen, geben wir Ihnen sogar die Möglichkeit, Ihren Ruf zu verbessern!«
»Um den Preis von für lange Zeit zunichte gemachten Beziehungen zwischen Thranx und Menschen!«, erwiderte Haflunormet.
Mit einer Geste, die Gleichgültigkeit ausdrückte, ergriff jetzt der junge Männliche das Wort. »Wir verschwenden hier Wabenzeit! Bringen Sie den Abtrünnigen dazu, sich uns entweder anzuschließen oder unser Angebot abzulehnen! Ich möchte endlich erfahren, wie erfolgreich Beskodnebwyls Einsatz war.«
»Es geht uns allen so«, pflichtete der Ältere ihm bei, doch seine Gesten mahnten Geduld an. »Beskodnebwyl tut, was er tun muss, und wir tun, was wir tun müssen. Keine bestiftete Zelle erreicht ihre Vollendung vor Abschluss eines Geburtszyklus.« Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder Haflunormet zu. »Wir stellen Sie vor die Wahl. Wie auch immer Sie sich entscheiden, die Wahrheit wird sich entpuppen!«
Fanielle, die sich völlig ausgeschlossen fühlte, saß starr auf der Mauer, während sie sich bemühte, dem Gespräch der vier Thranx zu folgen. Der sauber bearbeitete Schiefer fühlte sich warm an ihren Beinen und unter ihrem Gesäß an. Natürlich konnte Haflunormet dem gemachten Vorschlag nicht zustimmen. Doch auf der anderen Seite: Wie sollte er ablehnen? Ihr ganzes Berufsleben hindurch hatte sich Fanielle noch nie so hilflos gefühlt, hatte noch nie so sehr das Gefühl gehabt; diesmal aber sah sie keinen Ausweg mehr. Sie zermarterte sich immer noch das Hirn, um irgendeine Lösung zu finden, als Haflunormet vortrat und beide Fußhände ausstreckte.
»Also gut, sriippk!lch bin ganz und gar anderer Ansicht als Sie, aber es ist besser, sich in der falschen Richtung durch weichen Boden zu graben, als sich die Gliedmaßen an massivem Fels zu brechen.« Er streckte die Hand aus und ergriff die Fußhand des ältesten Bwyl mit der seinen. »Lasst dieses Ergreifen unserer Arbeitsglieder ein Zeichen sein für das neue Band zwischen uns!«
Der Ältere gestikulierte Genugtuung. »Ihre Entscheidung überrascht mich nicht. Die meisten Diplomaten handeln vernünftig, wenn man ihnen klar definierte Parameter vorgibt.« Er umklammerte Haflunormets acht Gliedmaßen mit den seinen.
Genau in diesem Augenblick warf sich der Diplomat plötzlich und unerwartet nach vorn und drehte sich dabei um die eigene Achse. Was er anwandte, war das Thranx-Gegenstück zum menschlichen Jiu-Jitsu, für das acht Gliedmaßen benötigt wurden. Der überraschte Bwyl wurde nach oben gerissen, über Haflunormets Unterleib hinweg und an einer entsetzten Fanielle vorbei - und über die Mauer geschleudert.
Der dumpfe Laut, mit dem Menschen auf den Boden schlagen, ist etwas völlig anderes als das laute Knacken des Exoskeletts eines Thranx, wenn dieser, wie soeben der ältere Bwyl, auf Felsgestein prallt.
Bevor die Gefährten des Älteren reagieren konnten, kauerte Haflunormet bereits auf dem jüngeren Männlichen, und ihre Gliedmaßen waren scheinbar unentwirrbar miteinander im Kampf verstrickt. Größere Raffinesse und größere Erfahrung trafen hier auf größere Körperkraft. Ersteres war jedoch ohne jeden Nutzen gegen eine wenn auch nur kleine Handfeuerwaffe.
Abgefeuert von der Weiblichen, verwandelte sie das linke Auge des kämpfenden Diplomaten in ein klaffendes Loch. Haflunormets Gliedmaßen erschlafften, seine Fühler klappten über seinem Kopf zusammen, und der hellgoldene Glanz des noch verbliebenen Auges schwand sofort. Während der überlebende Männliche den jetzt schlaffen Leichnam von seinem Körper schob, schwenkte die Weibliche die tödliche kleine Waffe in Fanielles Richtung.
Es gibt eine Zeit für Diplomatie, und es gibt Zeiten, in denen man besser zu jenen Mitteln greift, die schon immer im Falle scheinbar hoffnungsloser Konfrontationen Wirkung zeigten: Fanielle zog die Knie an die
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