Das Dorn-Projekt: Der frühe Homanx-Zyklus, Bd. 3
ob diese mit dem Rest der Sonde verschmolzen wäre.
Da war es wieder. Eine zweite spürbare Erschütterung, heftiger als die erste. Brockton hatte genug geologische Kenntnisse aufgeschnappt, während er mit den Forschern der Station herumgehangen hatte, um zu wissen, dass man dort, wo es Geysire und heiße Quellen gab, mit erhöhter seismischer Aktivität rechnen musste. Aber das fühlte sich nicht wie eines der zahlreichen kleineren Beben an, die er in den vergangenen Monaten schon häufig miterlebt hatte. Es war anders - eher wie ein Stoß oder Schlag, nicht wie ein Grollen oder Rumpeln.
Die Station war auf einem Flexor-Fundament errichtet, das darauf ausgelegt war, jede Erschütterung gleichmäßig über den ganzen Unterbau abzufedern. Solange es sich nicht gerade um eine Art tektonischen Krampfanfall handelte, fingen die Flexoren sämtliche Erschütterungen ab, noch ehe Schäden am Gebäude auftreten konnten. Die Baufirmen hatten ganze Arbeit geleistet. Auch wenn Brockton noch nie auf dem Bau gearbeitet hatte, konnte er doch auch in dieser Hinsicht gute von schlechter Arbeit unterscheiden. Kaum angekommen, hatte er einen freien Tag dazu genutzt, höchstselbst die Station und ihre äußere Struktur unter die Lupe zu nehmen. Alles hatte beruhigend solide gewirkt und …
In diesem Moment brach unter ihm der Boden weg, und das Dach stürzte ein.
Das Dröhnen und Donnern, das den Einsturz begleitete, war entsetzlich, und der ohrenbetäubende Lärm übertönte die Schreie derer, die sich dicht gedrängt im zentralen Kantinenbereich zum Lunch aufhielten. Brockton umklammerte verzweifelt die Sonde, als der Boden unter ihm wegbrach. Auch die Sonde fiel, stürzte ins Bodenlose, da gelang es Brockton, auf die offene Schalttafel zu schlagen. Bläuliches Licht schoss aus der flachen Unterseite der Sonde, sie stieg auf und stabilisierte sich auf ihrem winzigen Repulsionsfeld. Brocktons beängstigend rascher Sturz in die Tiefe verlor an Geschwindigkeit. Noch während der Techniker das Repulsionsfeld voll aufdrehte, erkannte er dankbar, dass die Sonde gerade genug Schubkraft besaß, um sie beide oben zu halten. Für wie lange wusste er allerdings nicht.
Dann stürzte das restliche Dach ein.
Brockton steuerte die Sonde in einem irrwitzigen Versuch auf das nächste, bereits in sich zusammengebrochene Rolltor zu. Es gelang ihm, durch einen Riss in der zerfetzten, verbogenen Konstruktion zu schlüpfen. Draußen, im Nebeldampf des grellen Tageslichts, warf er einen Blick über die Schulter auf die Station, und während er sich mit Armen und Beinen an dem Laborgerät festklammerte, versuchte er sich einen Reim auf das zu machen, was er sah.
Die gesamte Station, der zentrale Kern, der Mast mit den Kommunikationsanlagen, die Wohnquartiere, die Laborkomponenten, die Wartungsabteilung, die Wasseraufbereitungsanlage - alles war in sich zusammengefallen. Nein, nicht einfach in sich zusammengefallen, wie er durch den sich lichtenden Rauch und Dunst sah: in einen gähnenden Schlund gestürzt. Ein tosender, reißender Fluss kochenden Wassers befand sich plötzlich direkt unter der Station. Ohne Stütze waren die hochmodernen Fundamentpuffer so nutzlos wie in den Boden gerammte Holzpfeiler.
Trotz der feuchten Hitze überkam Brockton Schüttelfrost. Über dem Ächzen und Knirschen zerberstender Gebäudeteile hörte man die Schreie derer, die in den Trümmern gefangen waren. Ein paar, die sich in der Nähe des Vorderausgangs aufgehalten hatten, hatten versucht, auf diesem Weg aus dem Gebäude herauszukommen, nur um festzustellen, dass ein Entkommen dort unmöglich war. Wie die, die sie im Inneren der Station zurückgelassen hatten, starben sie, ehe sie festen Boden erreichten, wurden zerquetscht unter einstürzenden Bauträgern oder bei lebendigem Leib gekocht in der reißenden Flut, die sich plötzlich unter ihren Füßen aufgetan hatte.
In weniger als einer Stunde war alles verschwunden, nichts war von der Versorgungsstation übrig geblieben. Sie war weggerissen worden, den brodelnden Katarakt hinunter, der jetzt in den heißen See schoss, der ihm am nächsten lag. Ein Zweierteam, das den ganzen Morgen unterwegs gewesen war, um Cyanobakterien zu untersuchen, kehrte in seinem Gleiter zurück und löste Brocktons Arme und Beine, mit denen er sich immer noch um die Sonde klammerte. Ein anderer Forscher kam später am Abend zurück. Er war in Begleitung des örtlichen AAnn-Beraters. Während sie ihr Lager auf einer Anhöhe aus festem, gut
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