Das Dornenhaus
und die rechtmäßige Herrin von Zanana. Doch die Bedeutung dieser Worte war ihr an diesem Tag voller Spaß, Feuerwerk, Musik und Tanz völlig entgangen.
Aber jetzt war sie sich ihrer ganzen Tragweite bewusst. Sie schloss die Tür des indischen Hauses und ging langsam zur Grotte. Sie folgte dem gewundenen, von Farnen gesäumten Pfad, schaute in die zauberhaften kleinen Höhlen, aus denen ihr Bens schrullige Wesen entgegengrinsten, und bewunderte die winzigen Orchideen, die in den moosigen Spalten blühten.
Die Grotte … er hatte sie als Geschenk für Kate gebaut. Nie würde sie die glücklichen Momente vergessen, die sie hier verbracht hatten, aber wie kostbar sie ihr auch war, die Grotte war nur ein kleiner Teil von Zanana. Jetzt ging es um die Zukunft des gesamten Besitzes. Es war Zeit zu handeln, und sie wusste genau, was sie zu tun hatte, um ihrem Leben Sinn und Richtung zu geben.
Als ersten Schritt rief sie am nächsten Morgen Hock Lee an und war nur vorübergehend enttäuscht, als sie erfuhr, dass er sich auf Geschäftsreise befand. Rasch beschloss sie, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, und machte einen weiteren Telefonanruf, diesmal bei ihrem Anwalt.
Zanana besaß nun ein eigenes Auto, einen Ford Modell T, den Wally Simpson fuhr, hauptsächlich, um Besorgungen für das Gut zu machen, bei Bedarf die Veteranen zu transportieren und gelegentlich Kate in die Stadt zu bringen.
»Ich glaube, es wird Zeit, dass ich Auto fahren lerne, Wally«, bemerkte Kate, als sie für die Fahrt zum Anwalt einstieg. »Kannst du es mir beibringen?«
Wally schüttelte den Kopf. »Ich denk nicht dran. Was nicht heißt, dass ich es dir nicht zutraue. Junge Frauen bringen heutzutage alles Mögliche fertig. Aber ich will die Verantwortung nicht übernehmen. Weder für dich noch für das Auto.«
»Na gut. Dann bitte ich Hock Lee. Aber ich werde dir genau zuschauen auf dem Weg in die Stadt«, erwiderte sie mit Nachdruck.
»Denk bloß nicht, du könntest dich einfach reinsetzen und losfahren«, meinte Wally mit einem besorgten Stirnrunzeln. »Du würdest es gar nicht erst schaffen, den Motor anzukurbeln.« Aber er wusste, dass das nicht stimmte – Kate würde alles schaffen, was sie wollte, besonders jetzt, wo sie sich in einem neuen Stadium der Unabhängigkeit befand und voller Tatendrang war.
Im ziemlich trübseligen Vorzimmer der Kanzlei Dashford und Sohn begann Kates Selbstvertrauen erneut zu wanken. Sie zupfte nervös an der Schärpe ihres Seidenkleides, bis sie in Charles Dashfords Privatbüro geführt wurde.
Es war jedoch Hector, der sich zu ihrer Begrüßung hinter dem ausladenden Schreibtisch seines Vaters erhob. »Guten Morgen, Kate. Wie schön, dich zu sehen. Wie geht es dir?« Sie schüttelten sich über die Breite des Schreibtisches hinweg die Hand.
»Mir geht es gut, vielen Dank, Hector. Und wie geht es deinem Vater? Ist er nicht da?«
»Mein Vater hat vor kurzem beschlossen, sich zurückzuziehen. Allerdings behält er das meiste hier im Auge und kommt einmal in der Woche vorbei.«
»Ah so.« Kate war beunruhigt über diese Neuigkeit. »Das muss eine Menge Arbeit für dich bedeuten.«
Die Tür öffnete sich, und Charles Dashfords Privatsekretärin trat ein. Hector erhob sich und lächelte. »Ich habe eine sehr tüchtige Hilfe. Kate, ich glaube, du hast noch nichts davon gehört. Das ist meine persönliche Assistentin …«
»Ja, ich habe Miss O’Hara bereits kennen gelernt.«
»Sie ist jetzt meine Frau.«
Kate war verblüfft. Hector schien es zu freuen, sie mit dieser Eröffnung überrascht zu haben. Kate erholte sich rasch und war ehrlich erfreut. »Na, so was! Meinen Glückwunsch! Wann hat denn die Hochzeit stattgefunden?«
»Vor zwei Monaten. Wir sind in aller Stille in London getraut worden.« Die neue Mrs. Dashford sprach ruhig und setzte sich auf den freien Stuhl hinter dem Schreibtisch, so dass sie nun beide Kate gegenübersaßen. Hectors Frau hatte eine Dokumentenmappe mitgebracht, die sie auf den Schreibtisch legte. »Also, Kate. Zum Geschäftlichen. Wie können wir dir helfen? Bist du wegen Zanana hier oder geht es um etwas Persönliches?«, fragte Hector.
»Ein wenig von beidem, würde ich sagen.« Kate warf einen Blick auf Mrs. Dashford und spürte ein leises Unbehagen.
Hector hatte ihren raschen Blick gesehen. »Kate, meine Frau arbeitet schon länger in der Kanzlei als ich und ist mit allen Angelegenheiten unserer Klienten vertraut. Bitte hab keine Bedenken, offen vor ihr zu
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