Das Dornenhaus
einfuhren, wo Gladys und Wally zu ihrem Empfang bereitstanden. Wally neckte Kate wegen ihres dicken Bauches, musste aber Gladys zustimmen, dass die junge Frau blühend aussah.
Die Trauung war kurz und schlicht, aber die anschließende Feier im örtlichen Gemeindehaus war ausgelassen und fröhlich. Kate freute sich zu sehen, was für einen großen Freundeskreis Gladys, Wally, Sid und Nettie hier hatten. Manche Freundschaften gingen bis auf die Schulzeit zurück oder bis zu den Tagen, in denen Harold um Gladys und Wally um seine verstorbene Frau Enid geworben hatten. Andere waren neuere Freunde, viele davon Kriegsheimkehrer, die sich mit ihren Frauen hier angesiedelt hatten. Die gemeinsame Kriegszeit hatte ein Band der Kameradschaft geschaffen und war ein Anknüpfungspunkt für neue Freundschaften.
Gladys, gekleidet in ein Satinkostüm mit einem Ansteckbukett aus Rosen an der Schulter und umgeben vom Hauch eines Schleiers, der auf dem frisch ondulierten Haar von einer Rheinkieselspange gehalten wurde, lächelte und errötete an Wallys Arm. Wally, prächtig anzusehen in seinem blauen Anzug mit einer von Frauenhaarfarn umgebenen Nelke im Knopfloch, strahlte ununterbrochen. Als die Paare durch den geschmückten Saal tanzten, setzte sich Wally neben Kate, die die schnelleren Tänze ausließ.
»Na, Kate, bist du mir böse, dass ich dir Gladys sozusagen gestohlen habe?«
»Selbstverständlich nicht, Wally. Ich bin wirklich froh für euch beide. Natürlich vermisse ich es, Mum täglich um mich zu haben, aber wir müssen wohl beide unser eigenes Leben führen.«
»Das muss nicht so sein. Ben fühlt sich hier oben sehr wohl – schließlich wurde er hier geboren. Sid und Nettie haben sich wieder ganz eingewöhnt. Ben könnte hier Arbeit finden. Meinst du nicht, es wäre vernünftig, wenn ihr beide hier bleiben würdet? Nur für eine Weile, bis Zananas Zukunft geklärt ist.«
»Ich weiß, dass das vernünftig klingt. Aber ich kann Zanana einfach nicht aufgeben. Es ist das Erbe unseres Kindes.«
»Doch was wird das Kind da erben, Kate? Einen riesigen weißen Elefanten, einen Besitz, der tief in Schulden steckt und sich heutzutage kaum mehr unterhalten lässt. Ich weiß, es bedeutet dir viel – gefühlsmäßig –, aber dein Kind weiß nichts davon, ihm wird es nicht so viel bedeuten. Zwing deinem Kind nicht deine Gefühle auf, Kate!«
»Aber ich werde dafür sorgen, dass mein Kind Zanana genauso liebt wie ich! Wie kann man einen Ort, der so schön und so außergewöhnlich ist, nicht lieben? Und ich spüre einfach, dass sich letztlich alles regeln wird. Ich weiß, dass die finanzielle Situation im Moment schwierig ist, doch irgendwie werden wir eine Möglichkeit finden weiterzumachen. Es mag eine Weile dauern, aber ich werde nicht aufgeben, Wally.«
Wally schüttelte den Kopf. »Dickköpfig wie immer. Ich muss dich bewundern, Kate, du hast dich auch früher nicht kleinkriegen lassen, wenn die Hürden unüberwindlich schienen, also, wer weiß.«
Er tätschelte ihre Hand, denn er wollte sie nicht beunruhigen. Aber innerlich wünschte er sich, sie könnte sich vom Geist der Liebe ihrer Eltern und all dem, was mit Zanana verbunden war, befreien. Möglicherweise war eine Kleinstadt auf dem Land ein gewisser Abstieg, wenn man in Zanana aufgewachsen war, aber sie hatte einen liebevollen Mann mit guten Berufsaussichten, und sie könnten ein bequemes und glückliches Leben hier oben haben. Vielleicht konnte Ben sie dazu überreden, sonst würde sie bald genug entdecken, dass ein einsames Leben auf einem einstmals prächtigen Besitz es nicht mit den eng geknüpften Freundschaften in einer sehr kleinen Gemeinde aufnehmen konnte.
Kate machte einen Spaziergang durch die Gärten von Zanana, als sie spürte, dass die ersten Wehen einsetzten. Ruhig ging sie zurück zum Torhaus und rief Ben an, Doktor Hampsons Praxis und die Hebamme.
Es war früher Nachmittag, sonnig und still. Kate suchte frische Bettwäsche, ein Nachthemd und ein paar persönliche Toilettensachen zusammen und nahm den Schlüssel für die Hintertür der Villa vom Haken. Sie atmete tief und ruhig durch, als die Wehen sich stärker bemerkbar machten, und ging hinüber zum Haus.
Beim Gang durch die Küche bemerkte sie die Staubschicht, die über allem lag. Die Möbel im Wohnzimmer waren mit Staubdecken verhüllt. Im ganzen Haus waren die Vorhänge zugezogen, und es war dämmrig und melancholisch. Mit einer Hand am Geländer, mit der anderen ihre Habe
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