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Das Dornenhaus

Das Dornenhaus

Titel: Das Dornenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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hatten sich in ihrer Mittagspause auf dem Gras ausgestreckt, schmusten, lasen, aßen Sandwiches aus braunen Papiertüten.
    Sie ging in den gepflegten Rememberance-Garten und trat in den lavendelfarbenen Schatten der Glyzinienlaube. Dort setzte sie sich auf eine Bank und versuchte, ihre verwirrten Gedanken zu ordnen.
    Der Lunch mit Eden Davenport war nicht so verlaufen, wie sie erwartet hatte.
    Zum ersten Mal schien ihre »Einschätzungs-Antenne« nicht zu funktionieren. Sie wusste nicht, was sie von ihm halten sollte. Er war völlig entspannt. Erst dachte sie, er wolle sie reinlegen, dann wieder hatte sie den Eindruck, dass er vollkommen aufrichtig und ehrlich war. Sie fand ihn charmant und anziehend – was ihre Abwehr in Alarmbereitschaft versetzte – und lauschte dann interessiert und beeindruckt seinen Plänen und Beschreibungen. Der Lunch selbst war fast des Guten zu viel.
    Das Lokal war schick und um Klassen besser als Odettes »Schmierlöffel«. Es lag am Wasser und hatte Stil – weiße Leinentischdecken, Silberbesteck und Weingläser aus Kristall. Eden hatte den Wein mit Kennerblick aus der Weinkarte ausgesucht.
    »Ja«, dachte Odette, als sie langsam das Glas mit dem weißen Burgunder drehte, »der Mann hat Stil.« Und es ließ sich nicht leugnen, dass er sehr attraktiv war, obwohl er sich seines Aussehens und seines Charmes nicht bewusst zu sein schien. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder der inzwischen ziemlich einseitigen Unterhaltung zu, die mehr einem Vortrag über seine persönliche Architekturphilosophie glich.
    »… so sehe ich das. Meine Herangehensweise an Entwürfe und Bauplanung ist eher mit der eines Malers zu vergleichen, der ein Gemälde in Angriff nimmt. Aber mir ist es wichtig, dass der Entwurf organisch aus der Umgebung heraus entsteht, sie harmonisch mit einbezieht, aus ihr wächst, ihr nicht aufgezwungen wird …« Er unterbrach sich, sah Odette an und entschuldigte sich dann. »Es tut mir leid, ich muss Sie ja langweilen. Hab mich ein wenig verstiegen. Schieben Sie es auf den Wein.«
    »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen, es ist sehr interessant. Wie lässt sich dies alles auf Zanana übertragen?«
    »Ich nehme an, Sie stellen sich so etwas vor wie Massen von rotem Backstein mit roten Ziegeldächern.«
    Darauf war Odette nicht vorbereitet. »Äh, na ja …«
    »Das wäre sogar logisch. Australier lieben Backsteinhäuser mit roten Ziegeldächern, aber ich hatte gehofft, Sie hätten inzwischen gemerkt, dass ich den Vorortheiden das Heil zu verkünden versuche.«
    Odette hatte das Gefühl, dieser Lunch würde ihr allmählich entgleiten, und sie sollte wohl besser auf den Nachtisch verzichten. Bevor sie etwas sagen konnte, machte Eden einen überraschenden Vorschlag.
    »Würden Sie gerne die Pläne und Modelle für das Zanana-Projekt sehen?«
    »Im Ernst?«, fragte Odette misstrauisch.
    »Ja. Sie sind in meinem Büro, nur ein Stück die Straße hinunter. Aber Sie können nicht darüber berichten, sie sich nur ansehen. Ich habe nur sehr vage Angaben von Hacienda bekommen, was mir allerdings auch am liebsten so ist. Ich habe mich bemüht, innovativ zu sein, typisch australische Bauweisen mit einzubeziehen – umlaufende Veranden, niedrige Häuser im Ranchstil. Die Siedlung wird von Gärten umgeben sein, mit viel Platz zwischen den Häusern, Fahrradwegen, Spielplätzen und so weiter. Falls Sie heute keine Zeit haben, können Sie sich die Entwürfe gerne an einem anderen Tag ansehen.«
    »Danke, lieber an einem anderen Tag. Aber ist Ihnen bewusst, wie viel Widerstand gegen die Bebauung besteht? Jetzt sind auch noch die örtlichen Vogelliebhaber auf die Barrikaden gegangen. Sie haben sogar ein paar sibirische Vögel auf ihrer Seite, seltene Zugvögel.« Odette wollte sich das Gespräch nicht ganz entreißen lassen.
    »Ja, das weiß ich. Ich habe Ihnen schon gesagt, wie sehr ich mich von der Umwelt beeinflussen lasse. Das Flussufer wird unberührt bleiben, die Mangroven gehören sowieso nicht zum Grundstück, und ich versuche, die Gärten mit einzubeziehen, die Grotte, das indische Haus – das alles soll der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.«
    »Wie schön. Und was ist mit der Villa?«
    Eden schwieg und widmete sich den Resten seiner Forelle. »Ich würde sie gerne retten, aber was soll man damit anfangen? Der Bauunternehmer wollte sich da nicht festlegen.«
    »Wie wär’s mit einem Gemeindezentrum?«, schlug Odette vor und fragte sich dann, wie sie auf die Idee

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