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Das Dornenhaus

Das Dornenhaus

Titel: Das Dornenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Gladys … du weißt, dass du die Kleine den Kindermädchen und Gouvernanten übergeben musst, sobald der Herr wieder zu sich gefunden hat.«
    »Ich weiß«, seufzte Mrs. Butterworth und hob den kleinen Ben hoch, bevor er sich auf das dicke Bäuchlein des Babys setzen konnte. »Na gut, wir sollten besser zum Haus zurückgehen. Auf geht’s, Kate.«
    »Kate? Hat sie jetzt einen Namen?«
    »Ich nenne sie nur so. Nach ihre lieben Mutter. Schrecklich, dass sie noch nicht mal getauft wurde. Er will nichts davon hören. Sagt, das Kind solle ihm niemals unter die Augen kommen oder in seiner Anwesenheit erwähnt werden. Er jagt einem Angst ein mit seiner Kälte. Er hat sie nicht einmal angesehen. Ich wette, ihm schmölze das Herz, wenn er sie sehen und in den Armen halten würde. Wie dem auch sei, ich danke dir für die Limonade, Nettie.«
    Gladys nahm das Baby auf den Arm und wickelte es in ein Baumwolltuch. Kates blaue Augen wurden von der frischen Luft und dem Gestrampel allmählich schwer. Gladys ging durch den Garten zurück und schlug aus einem Impuls heraus den längeren Weg ein, der am versunkenen Garten vorbei zu der dunklen Baumgruppe führte, in der das indische Haus versteckt lag.
    Seit Catherines Tod war sie nicht mehr hier gewesen. Und auch vorher war sie nur selten hierher gekommen. Das Haus war Catherines privater Rückzugsort, und sie wurde nie gestört, wenn sie sich dort aufhielt, friedlich meditierte oder auf ihrem »magischen Bett«, wie sie es nannte, in Schlaf versank. Es war stets kühl im indischen Haus, und in den heißen Sommermonaten hatte Catherine hier oft ihren Mittagsschlaf gehalten. Umgeben von süß duftenden Ölen, die über einer kleinen Kerze verdampften, hatte sie ihren Geist schweifen lassen, während sie hinauf zum edelsteinbesetzten Baldachin schaute, bevor sich ihre Augen schlossen und sie friedlich einschlief.
    Überrascht sah Mrs. Butterworth, dass die Tür des indischen Hauses einen Spalt offen stand. Vorsichtig drückte sie die Tür auf und trat hinein. Eine plötzliche Bewegung ließ sie nach Luft schnappen und das Baby an ihre Brust drücken. »Ooh, Mrs. B. … Sie haben mich aber erschreckt!« Die kleine Mary sprang vom Bett und stand verlegen vor der Haushälterin.
    »Mary! Was machst du hier?«
    »Ich komm oft hierher, seit unsere Mum … fortgegangen ist.«
    »Ich glaube nicht, dass du hier sein darfst. Ich dachte, das Haus sei abgeschlossen. Hast du dir den Schlüssel genommen?«
    Mary ließ den Kopf hängen und zog einen großen Messingschlüssel aus ihrer Kleidertasche. »Ich komm her, um alles sauber zu halten. Schauen Sie … Ich wische Staub und kehre den Boden und putze all die hübschen Fenster.« Eifrig lief sie in dem kleinen Palast herum und zeigte, was sie gemacht hatte.
    »Das hast du fein gemacht, Liebes. Es ist wirklich alles blitzblank.« Gladys legte das schlafende Baby auf das breite Bett und folgte Mary. »Es ist hübsch hier. Riecht immer noch nach den Ölen und dem Parfüm, das sie so mochte.« Gladys Butterworth spürte, wie ihr Tränen in die Augen traten, als sie aus den bunten Zierfenstern sah. Sie vermisste Catherine mehr, als sie jemandem sagen konnte, am wenigsten Harold.
    Während Gladys sich einem für sie seltenen Augenblick der Melancholie hingab, merkte sie nicht, dass sich Mary zum Bett schlich und mit stumpfem Blick auf das schlafende Baby starrte. Langsam streckte Mary die Hand aus und legte sie auf das Baby, dann beugte sie sich unbeholfen vor, um es in die Arme zu nehmen.
    Mrs. Butterworth drehte sich bei dem leisen Geräusch um. »Meine Güte, was machst du da, Mary? Du wirst sie fallen lassen, wenn du sie so hochnimmst. Fass sie nicht an … oje, jetzt hast du sie aufgeweckt.« Mrs. Butterworth nahm das nun schreiende Baby auf den Arm. Sie gab beruhigende Geräusche von sich, drehte sich zur Tür um und sah nicht, dass Marys Arme herabsanken, während sie mit gesenktem Kopf auf ihre Füße blickte, um das Glitzern in ihren Augen zu verbergen. »Komm jetzt, schließ hier ab. Und bevor du noch mal hierher kommst, bittest du um Erlaubnis. Verstanden?«
    »Ja, Mrs. Butterworth.«
     
    Hock Lee hatte Robert während dessen Trauerzeit in all ihren geschäftlichen Angelegenheiten nach besten Kräften vertreten, fand aber, es sei nun an der Zeit, Robert aus seiner kummervollen Lethargie herauszuholen.
    Der Generalgouverneur war zu Besuch in Sydney, und Hock Lee bestand darauf, dass Robert sich aufraffte und den Generalgouverneur

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