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Das Dornenhaus

Das Dornenhaus

Titel: Das Dornenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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versuchte Robert, seine Routine und den Alltag von früher wieder aufzunehmen. Doch es war nur ein oberflächliches Bemühen. Er verbrachte Stunden im Büro, tat aber wenig, schob Papiere hin und her, starrte aus dem Fenster auf die geschäftig wimmelnden Hafenanlagen und war in seinen Aussagen vage und abwesend.
    Zu Hause zeigte er vollkommene Gleichgültigkeit gegenüber den Geschehnissen um ihn herum. Trotzdem begann Mary, ihm wie ein kleiner Geist zu folgen, brachte ihm einen Drink oder stellte leise eine Tasse Tee neben ihn. Meist nahm er keine Notiz von ihr oder blaffte sie nur an: »Nimm das weg.«
    Mary war verwirrt und verängstigt über sein Verhalten ihr gegenüber. Mrs. Butterworth riet ihr, ihm aus dem Weg zu gehen, und sagte, ihr Papa sei immer noch traurig und unglücklich, aber er würde nicht im Ernst daran denken, Mary wegzuschicken.
    Für Mary war Zanana ihr Zuhause. Catherine hatte ihr zum ersten Mal in ihrem kurzen Leben Liebe und Sicherheit gegeben, und für Mary war Robert ihr Vater und Beschützer. Sie wollte nicht von hier weg und konnte es nicht ertragen, dass er ihr seine Zuneigung entzog. Sie lebte in der ständigen Furcht, weggeschickt zu werden, wie sehr Mrs. Butterworth sich auch bemühte, sie zu beruhigen. Instinktiv wusste Mary, dass der Schlüssel zu ihrer Zukunft bei Robert MacIntyre lag, und trotz all seiner Zurückweisung blieb sie standhaft in ihrer Entschlossenheit, von ihm geliebt oder wenigstens wahrgenommen zu werden.
    Hock Lee hatte dafür gesorgt, dass an mehreren Tagen der Woche eine Gouvernante nach Zanana kam und Mary unterrichtete, was vor Robert geheim gehalten wurde, obwohl er Besucher in der Villa kaum bemerkte oder sich nicht um sie kümmerte. Hock Lee versuchte, mit ihm über die Zukunft Zananas zu sprechen und sein Interesse an neuen Geschäftsunternehmen zu wecken. Er gewöhnte sich auch an, jeden Tag in Roberts Büro vorbeizuschauen und für ihren Lunch Delikatessen aus den »Lotus Tea-Rooms« mitzubringen.
    »Robert, ich habe gestern Charles Dashford wegen einer Geschäftsangelegenheit aufgesucht. Dabei kam er auf deinen Besitz zu sprechen, und ich finde, du solltest dich wirklich mit ihm beraten. Du hast einige Entscheidungen zu treffen und Dinge zu regeln, die jetzt lange genug in der Schwebe waren.«
    »Was für Dinge?«
    »Deine Kinder, Robert. Das Baby und Mary.«
    »Mary ist nicht mein Kind.«
    »Catherine hat sie wie ihr eigenes geliebt.«
    »Catherine ist nicht mehr da.« Mit einer bitteren Geste schwang er seinen Drehstuhl herum und wandte Hock Lee den Rücken zu.
    »Das stimmt. Catherine ist von uns gegangen, Robert. Du musst sie loslassen und dein Leben weiterführen. Denk an die Mädchen. Das Baby ist noch nicht mal getauft.«
    Robert zuckte nur die Schultern, drehte sich aber nicht um.
    »Dashford sagt, du musst ein neues Testament machen und festlegen, wer was erben wird. Deine kleine Tochter ist die Erbin von Zanana, aber du warst dabei, die letzten Schritte zu Marys Adoption zu unternehmen, als Catherine starb. Wo steht sie jetzt? Du musst das regeln.«
    »Ich habe kein Interesse an Zanana, und mir ist gleichgültig, was daraus wird. Es wurde für Catherine gebaut.«
    »Dann denk an sie, Himmel noch mal, Mann«, schrie Hock Lee verärgert. »Dreh dich um und sieh mich an, Robert. Catherine wäre entsetzt, dich so zu sehen. Du vernachlässigst deine Pflichten. Diese Mädchen sind alles, was du noch an Familie hast.«
    »Ich habe keine Familie.«
    Hock Lee erschrak vor der Kälte, mit der Robert diese Feststellung traf. »Damit nimmst du dir alles, Robert. Die Mädchen könnten in den kommenden Jahren viel Freude in dein Leben bringen. Wirf das nicht weg. Du musst eine Entscheidung treffen.«
    Robert drehte sich langsam wieder zurück und sah ihn an. Als er die tiefe Trauer im Gesicht seines Freundes sah, verflog Hock Lees Zorn, und er legte ihm die Hand auf die Schulter. »Du bist mein Freund, und wir sind in diesem Leben eine lange Strecke zusammen gegangen. Es schmerzt mich sehr, dich so zu sehen. Ich werde immer da sein, um dir und den Deinen zu helfen, aber zuerst musst du dir selbst helfen. Verstehst du, was ich damit sagen will, Robert?«
    Robert blickte zu Hock Lee auf und legte die Hand über seine. »Ja. Du bist mir ein guter Freund gewesen. Versprich mir, dass du immer gut von mir denken wirst. Aber Catherine war mein Leben, Hock Lee.«
    Tränen liefen über Roberts Gesicht. Schweigend nahm Hock Lee seine Hand weg und nickte. Ohne

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