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Das Dornenhaus

Das Dornenhaus

Titel: Das Dornenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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verließ er, ohne sich umzuschauen und ohne sein Jackett vom Garderobenständer zu nehmen, das Büro.
     
    Mrs. Butterworth saß auf einem alten Korbstuhl im Küchengarten und fütterte Kate in der Sonne. Harold kam dazu, hockte sich neben sie und betrachtete das Baby auf Mrs. Butterworths Schoß. »Wie geht’s ihr?«
    »Gut. Doktor Hampson war da, und wir haben sie auf der Küchenwaage gewogen. Sie entwickelt sich prächtig. Auf jeden Fall ist sie gesund.«
    »Hat er sie sich angesehen?«
    »Nein«, seufzte Mrs. Butterworth. »Er will nichts von ihr wissen. Es ist so traurig. Ich mache mir Sorgen, Harold. Mary ist davon überzeugt, dass er sie zurück ins Waisenhaus schicken will. Sie hat mir gesagt, er hätte vor, auch das Baby wegzugeben.«
    »Aber das ist doch verrückt, sie ist sein Kind.«
    »Vielleicht hat Mary übertrieben, aber er hat tatsächlich gedroht, Mary zurückzuschicken. Ich habe es selbst gehört.«
    Einen Moment lang schwiegen sie beide.
    »Es gehört sich nicht, dass sie nicht getauft ist und noch nicht mal einen richtigen Namen hat«, murmelte Harold Butterworth und legte seinen rauen Finger an die samtweiche Wange des Babys.
    »Weißt du, Harold, vielleicht, vielleicht …« Mrs. Butterworth verstummte.
    »An was denkst du, Gladys?«
    »Dass wir sie vielleicht aufziehen sollten.«
    »Das tun wir doch schon.«
    »Nein. Ich meine richtig. Sie adoptieren oder so.«
    Harold war vollkommen verblüfft und starrte seine Frau ungläubig an. Mrs. Butterworth zog ruhig den Sauger der fast leeren Milchflasche aus dem Mund des Babys. Kate lächelte und gluckste zufrieden, ein kleines Rinnsal schaumiger Milch rann ihr aus dem Mundwinkel.
    Schließlich brachte Harold heraus: »Du bist wohl nicht ganz bei Trost, Gladys. Nicht nur, dass das Baby nicht unseres ist, es hat auch noch einen Vater. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass sie eine Erbin ist.«
    »Sie hat keine Mutter und einen Vater, der nichts von ihr wissen will«, wandte Gladys dickköpfig ein.
    Harold erhob sich und werkelte in dem kleinen Küchengarten herum, zog hier ein Unkraut aus, zwickte da ein paar verblühte Gänseblümchen ab.
    Gladys schwieg, sie wusste, dass er überlegte.
    »Nun ja, es ist eine vernünftige Idee«, gab Harold schließlich zu. »Aber es könnte nur was Vorübergehendes sein … bis Mr. Mac sich wieder erholt. Das arme kleine Ding braucht Sicherheit und Liebe, so viel ist klar. Ist ein gewaltiger Schritt. Besser, wir lassen’s erst mal, wie es ist.«
    Das war eine große Rede für Harold, und Gladys erkannte bewegt die Tiefe des Gefühls, das ihn dazu veranlasst hatte.
    »Hier, leg sie über die Schulter und lass sie aufstoßen. Klopf ihr auf den Rücken. Ganz sanft, Harold.« Mrs. Butterworth legte ihm das Baby in die Arme und ging zur Küche zurück. »Ich mach uns eine Kanne Tee.«
    Aus dem Küchenfenster sah Gladys Butterworth, wie sich Harolds Lippen bewegten und ein leises Lächeln um seinen Mund spielte. Also summte er dem Baby etwas vor. Er würde schon zustimmen.
     
    Mit vom Schlaf verquollenen Augen bereitete Gladys die Milch für das Baby zu, sterilisierte Flaschen und brühte eine Kanne Tee für sich und Harold auf, bevor sie Roberts Frühstück fertig machte. Er hatte zwar in den letzten Monaten den morgendlichen Marmeladentoast kaum je angerührt, aber Gladys hoffte, dass eines Morgens das Tablett leer gegessen herunterkommen und Robert wieder wie früher sein würde.
    Sie wurde aus ihrer Träumerei gerissen, als Sid Johnson in die Küche stürmte, die Stiefel voller Schlamm, das Gesicht bleich, die Augen vor Entsetzen weit aufgerissen. »Gladys … schnell, wo ist Harold? O mein Gott …«
    »Sid, was ist los … HAROLD  …«, brüllte sie, ohne sich darum zu kümmern, dass sie das Haus aufweckte, denn irgendwas Schreckliches musste passiert sein. »Sid … was ist denn los?«
    Sid sank auf einen Stuhl, verbarg das Gesicht in den Händen und brachte mit erstickter Stimme hervor: »Mr. MacIntyre … ich … er ist … tot.«
    Gladys merkte, wie die Knie unter ihr nachgaben und ein scharfer Schmerz ihren Leib durchfuhr. Sie klammerte sich am Tischrand fest. »Was soll das heißen, Sid? Was ist passiert? O nein, das kann nicht sein.«
    Harold schlurfte in die Küche, hielt seine Hose mit der einen Hand fest, während er mit der anderen das Hemd anzog. »Sid, was ist los?«
    »Der Herr … er ist tot. Ich hab ihn gerade im Stechkahn gefunden. Ich wollte angeln gehen.«
    »Großer

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